APA - Austria Presse Agentur

Antisemitismus laut Sobotka immer noch ein Problem

Die "tot geglaubte Geißel" des Antisemitismus ist in Österreich immer noch ein Problem. Dies stellte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Freitag bei der offiziellen Vorstellung der vom Parlament in Auftrag gegebenen Antisemitismusstudie fest. Die Studie weist für Österreich zehn Prozent manifeste und 30 Prozent latente antisemitische Einstellungen aus.

Die Studie brachte aber auch Positives zutage: So gab es die insgesamt stärkste Zustimmung nicht zu antisemitisch gefärbten, sondern zu den Aussagen, dass Österreich wegen der Verfolgung im Zweiten Weltkrieg die moralische Pflicht hat, Juden beizustehen - und dazu, dass Juden viel zur österreichischen Kultur beigetragen haben, berichtete Thomas Stern von Braintrust. Und: Im historischen Vergleich zeige sich ein deutlicher Rückgang bei einzelnen Haltungen (z.B. dass Juden selbst an der Verfolgung schuld sind). Es gebe also Erfolge in der Bekämpfung des Antisemitismus. Die verstärkte Auseinandersetzung damit und "Bildung wirkt".

Teils erhebliche Abweichungen zeigten sich in - neben den 2.700 für die repräsentative Studie Befragten - getrennt untersuchten "Aufstockungsgruppen" türkisch bzw. arabisch sprechender Menschen, die schon länger in Österreich leben. Sie stimmten z.B. viermal so stark der Aussage zu, dass sie schon nach wenigen Minuten erkennen könnten, ob ein Mensch Jude ist oder dass vieles über die Judenverfolgung der Nazis übertrieben dargestellt werde. Das zeige, so Sterin, ein "massives und besorgniserregendes antisemitisches Potenzial", das man näher untersuchen sollte. Zum Teil bestätigt hat die Studie "je jünger, desto weniger antisemitisch", ebenso den Zusammenhang mit der Bildung (je gebildeter umso weniger) - und einer generellen rechtsautoritären Tendenz der Befragten, berichtete Eva Zeglovits (IFES).

Als Nachbarn würden Juden drei Prozent der Befragten "sehr" und sieben Prozent "eher schon" stören - in Summe ebenso viel wie Homosexuelle (fünf Prozent "sehr" und fünf "eher schon"). Die störendsten Nachbarn wären allerdings Russen (insgesamt 22 Prozent). In einer zweiten abgefragten Nachbarschaftsgruppe wurden Afghanen von 52 Prozent als störend empfunden, danach kamen Roma und Sinti (48 Prozent), Araber (35), Schwarzafrikaner (33), Muslime (32), Syrer (33) und Türken (33).

Befragt, ob das Parlament auch Studien zu anderen Religionen - also z.B. Antiislamismus - beauftragen wird, verwies Sobotka auf die besondere Verantwortung Österreichs gegenüber den Juden. Zudem betreffe Antisemitismus auch andere, sei er doch mit Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und antidemokratischen Haltungen verbunden, die zum Ruf nach dem starken Mann oder "Lösungen außerhalb des Verfassungsbogens" führen.

Bei der Studie sei es auch nicht darum gegangen, "Schuldige zu suchen und Ängste zu befleißigen", sondern die Ursachen wissenschaftlich zu analysieren, um geeignete Gegenstrategien setzen zu können. Erste Schritte kündigte Sobotka an: Das Parlament werde einen Simon Wiesenthal-Preis für zivilgesellschaftliche Initiativen gegen Antisemitismus ausloben. Er werde Gespräche mit den Religionsgemeinschaften und der Bundesländer über geeignete Strategien führen, neue Veranstaltungsformate werden überlegt, in der Demokratiewerkstatt des Parlaments wird es ein eigenes Modul geben.