APA - Austria Presse Agentur

EU-Gipfel bringt umstrittenes Eurozonen-Budget auf den Weg

Trotz Bedenken einiger Mitgliedstaaten haben Europas Staats- und Regierungschefs Pläne für einen Haushalt der Eurozone auf den Weg gebracht. Sie erteilten bei ihrem Gipfel am Freitag den Finanzministern ein Mandat, weiter an dem ursprünglich von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geforderten Vorhaben zu arbeiten.

Grünes Licht gaben die Staats- und Regierungschefs auch für eine Stärkung des Euro-Rettungsfonds ESM und ein milliardenschweres Sicherungsnetz zur Abwicklung von Pleitebanken.

Macron drängt als Teil seiner europäischen Reformagenda seit 2017 auf ein eigenes Eurozonen-Budget. Nach langem Ringen einigten sich Deutschland und Frankreich jüngst in einem gemeinsamen Vorschlag auf eine deutlich abgespeckte Variante. Sie soll nun innerhalb des EU-Haushaltes angesiedelt werden. Dies war Basis des Gipfelbeschlusses.

"Viele haben das vor einem Jahr für unmöglich gehalten", sagte Macron. Nun sei das Vorhaben erstmals auf EU-Ebene gebilligt worden. Er räumte ein, dass er sich nicht mit dem Vorhaben durchsetzen konnte, dem Budget auch die Möglichkeit zur Stabilisierung von wirtschaftlich schwächelnden Staaten zu geben.

Zweck des Eurozonen-Haushaltes sei es, die wirtschaftliche Annäherung zwischen den Mitgliedstaaten und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Sie verwies darauf, dass es bei der Vorbereitung des Beschlusses durch die Finanzminister "lange und durchaus kontroverse Diskussionen gegeben" habe. Die Minister sollen laut Gipfelbeschluss nun "Design, Modalitäten der Einführung und Zeitplan" auszuarbeiten. Ziel ist eine Einigung bis Juni 2019.

Hier dürfte es noch weitere Diskussionen geben. Bundeskanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) machte bei dem Gipfel klar, dass er "kein Freund des Eurozonen-Budgets" sei. "Das würde die Steuerzahler nur sehr viel Geld kosten", sagte Kurz. Auch die Niederlande und das Nicht-Euro-Land Polen gelten als Kritiker.

Wie groß das Budget wird, soll erst bei den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen für 2021 bis 2027 entschieden werden. Hier ist eine Einigung im Herbst 2019 angestrebt. Das Volumen dürfte aber deutlich geringer ausfallen als die von Macron ursprünglich geforderten mehreren hundert Milliarden Euro. Merkel hatte im Juni gesagt, sie könne sich eine Summe "im unteren zweistelligen Milliardenbereich" vorstellen.

Als Reaktion auf die Finanz- und Schuldenkrise soll der Euro-Rettungsfonds ESM nach den Gipfelbeschlüssen ausgebaut werden. Er arbeitet künftig enger mit der EU-Kommission bei der Bewertung der Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten zusammen und soll eine größere Rolle bei der Überwachung von Krisenprogrammen spielen. Entsprechende Zusätze zum ESM-Vertrag sollen bis Juni 2019 vorbereitet sein.

Zur Abwicklung von Pleitebanken wollen die Staats- und Regierungschefs einen milliardenschweren Fonds mit Geldern der Mitgliedstaaten beim ESM einrichten. Dieser soll als "Letztsicherung" dienen, wenn ein von den Banken selbst gespeister Topf mit einem Volumen von 55 Milliarden Euro nicht mehr ausreicht. Im Gespräch sind weitere 60 Milliarden Euro.

Dieser so genannte backstop soll das Vertrauen in den Bankensektor stärken und Kettenreaktionen in der Finanzbranche verhindern. Er ist bisher ab 2024 geplant. Er könnte nach den Gipfelbeschlüssen auch früher kommen, wenn es im Jahr 2020 genügend Fortschritte bei der Reduzierung von Risiken bei den Banken gibt.