APA - Austria Presse Agentur

Fünffach-Champion Hamilton hat nur noch Schumacher vor sich

Lewis Hamilton ist am Vorgipfel seiner Formel-1-Karriere angekommen. Als nun fünffacher Weltmeister liegt der 33-jährige Engländer gleichauf mit Juan Manuel Fangio und hat nur noch den siebenfachen Rekord-Champion Michael Schumacher vor sich. Hamilton spricht es selbst noch nicht aus, es liegt aber auf der Hand: Ab 2019 peilt der Brite das Ziel an, ebenso viele Titel zu holen wie Schumacher.

Oder, den Deutschen sogar zu übertreffen. Denn unvorstellbar ist mittlerweile nichts mehr in der Motorsport-Karriere des Lewis Carl Davidson Hamilton, der wie die meisten seiner Generation im Kart groß geworden ist. Zehn Jahre nach seinem ersten WM-Titel in der Motorsport-Königsklasse hält Hamilton bei 71 Rennsiegen, 81 Poles, fünf WM-Titeln und zahlreichen Formel-1-Rekorden. Er gilt als bester Fahrer seiner Generation und mittlerweile auch als reichster Sportler Großbritanniens.

Hamilton ist längst der Blue Chip der Motorsport-Königsklasse, die über immer weniger Fahrer-Persönlichkeiten verfügt. Der einstige Chef-Vermarkter Bernie Ecclestone hatte einmal gemeint, eine Frau und ein "Schwarzer" wären das fehlende Salz in der Formel-1-Suppe. Zumindest hinsichtlich Zweiterem ging der Plan mit Hamilton, dem Nachfahren einer aus der Karibik eingewanderten Familie, auf.

2015 schwärmte Ecclestone bereits ungeniert, Hamilton sei besser für das Formel-1-Geschäft als etwa Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel oder auch Nico Rosberg. Der schottische Ex-Pilot David Coulthard nannte Hamilton mittlerweile schon einmal den "Ayrton Senna seiner Epoche".

Der Weg dorthin war freilich nicht immer einfach gewesen. Der am 7. Jänner 1985 in Stevenage nördlich von London geborene, in einfachen Verhältnissen aufgewachsene und nach Leichtathletik-Star Carl Lewis benannte Hamilton musste sich als Jugendlicher durchaus nach der Decke strecken. Die Eltern ließen sich scheiden, als Hamilton zwei Jahre alt war. Vater Anthony musste mehrere Jobs annehmen, um die Rennambitionen seines talentierten Sohnes bezahlen zu können.

Doch es ging stets bergauf. 2003 gewann Hamilton die Formel Renault, 2005 die Formel 3, 2006 die GP2. 2007 wäre es ihm beim Debüt in der Königsklasse trotz zermürbendem Kleinkrieg mit seinem McLaren-Teamkollegen Fernando Alonso beinahe gelungen, gleich als Rookie Weltmeister zu werden. Das holte er ein Jahr später nach. 2008 sicherte er sich im denkwürdigen Brasilien-Finale mit 23 Jahren, 9 Monaten und 26 Tagen in Sao Paulo als damals jüngster Pilot aller Zeiten erstmals auch die Formel-1-WM. Queen Elizabeth verlieh Hamilton daraufhin den Verdienstorden "Member of the Order of the British Empire".

Doch nach dem ersten Titel musste Hamilton in eine fünfjährige Warteschleife, mehr als Platz vier in der WM war danach zunächst nicht mehr drin. Erst der Wechsel 2013 zu Mercedes als Schumacher-Nachfolger brachte die Wende für den Engländer, der bis dahin vielfach schon als dauerlamentierender Verlierer abgetan worden war. Es war die Phase (2010 bis 2013), in der Sebastian Vettel vier Mal in Folge Weltmeister wurde und der frustrierte Hamilton dessen Red Bull-Team als "nur eine Getränkefirma" disste. In dieser Phase musste sich der Brite auch rassistische Pöbeleien gefallen lassen.

Mit Mercedes und spätestens dem zweiten Titelgewinn 2014 kam aber auch die Lockerheit zurück. Hamilton entfaltete sein wahres Ich, auch abseits der Rennpiste. Seitdem sorgt er mit seinem Jetset-Leben im Musik- , Kunst - und Glamour-Bereich für Aufmerksamkeit, die auch auf die Formel 1 zurückfällt. Das vom Österreicher Toto Wolff geführte Mercedes-Team lässt ihm im Gegensatz zu McLaren aber viele Freiheiten, das brachte Hamilton förmlich zum Blühen.

Und der nützt das weidlich. Mehrere Jahre steckte der längst in Monaco residierende Brite in einer On-Off-Beziehung mit Sängerin Nicole Scherzinger von den Pussy Cat Dolls. Er umgibt sich gerne mit Hollywood-Stars, Supermodels und Celebrities aus der Sport- oder Musikszene. Hamilton ist nebenher Mode-Designer, trägt Brillant-Ohrringe, Goldketten und großflächige Tattoos. Er musiziert, kennt viele erfolgreiche Musiker, legt als DJ auf und als Globetrotter zwischen Rennen öfters exotische Zwischenstopps ein. Längst ist er eine weit über die Formel 1 hinaus schimmernde Figur. Hamilton ist Veganer, gleichzeitig besitzt er einen Privatjet. Er ist als Kunstliebhaber Fan von Andy Warhol und sammelt Luxus-Autos.

Seit fünf Jahren hat Hamilton in der Formel 1 nur einer geschlagen. 2016 schnappte ihm nach einem zähen und mit teaminternen Querelen vollgepackten WM-Jahr Teamkollege Nico Rosberg den Titel weg. Der Deutsche hatte danach keine Energie mehr zum Weitermachen, Hamilton hingegen ging gestärkt aus dem aufreibenden Duell hervor. 2017 holte er seinen vierten Titel, heute ist er besser denn je.

Vermutlich wird es am ehesten eine radikale Technik-Änderung wie zuletzt jene von 2014 sein müssen, die weitere Titel für Hamilton verhindert. Er selbst ist als Fahrer mittlerweile Weltklasse, sein Vertrag bei Mercedes läuft weitere zwei Jahre. Dort pflegt man eine kluge Teampolitik, die den Titel über alles stellt. Im Gegensatz zu Rosberg füllt Hamiltons neuer Sternen-Teamkollege Valtteri Bottas die unbeliebte Rolle des "Wingman" perfekt aus.

2019 wird Hamilton der zweitälteste Fahrer in der Formel 1 sein. Ein baldiges Ende seines Erfolgslaufs zeichnet sich deshalb aber nicht ab. Er glaube fest daran, dass er das Beste noch vor sich habe, sagte Hamilton kürzlich, ohne sich dabei zwingend auf die Formel 1 zu reduzieren. Mehr Rennsiege und Titel sind aber auf jeden Fall sein Ziel. Weder die 91 Grand-Prix-Erfolge noch die sieben WM-Triumphe von Schumacher scheinen mittlerweile unerreichbar.