APA - Austria Presse Agentur

Kanada legalisiert Cannabis

Ab Mittwoch legalisiert Kanada den Verkauf von Cannabis - als zweites Land weltweit nach Uruguay. Die Legalisierung soll vor allem den illegalen Markt austrocknen. Gegner befürchten einen Anstieg des Konsums und Gefahren für Jugendliche.

Im Juni wurde das Gesetz gebilligt, das den Konsum und die Herstellung der Droge freistellt. Kanadischen Staatsbürgern über 18 Jahren ist es künftig erlaubt - in manchen Bundesstaaten ist die Altersgrenze 19 Jahre - per Bestellung oder in autorisierten Geschäften ein Gramm Haschisch um etwa zehn kanadische Dollar (4,30 Euro) zu kaufen. Der persönliche Besitz ist auf 30 Gramm beschränkt.

Kanada wird damit das erste Land der G7-Gruppe, das Cannabis vollständig legalisiert. Doch Unsicherheit herrscht: Bei der kanadischen Polizei wird über adäquate Bluttests diskutiert. Neue Tests zum Nachweis des psychoaktiven Wirkstoffes THC sollen innerhalb von zwei Stunden Ergebnisse liefern. Die von Provinz zu Provinz unterschiedlichen Vorschriften bereiten den Gesetzeshütern ebenfalls Probleme. Auch werden mehr Unfälle unter Cannabiseinfluss befürchtet.

Gesundheitsbehörden warnen vor den Gefahren des Rauchens allgemein - Apartmenthäuser oder Schulen in Kanada wollen das Cannabis-Rauchen auf ihrem Gelände verbieten. Schon jetzt ist in Kanada das Tabakrauchen an vielen Orten verboten.

"Als Arzt und Vater bin ich mit der Legalisierung von Freizeit-Cannabis nicht einverstanden", sagte Antonio Vigano, Experte für medizinisches Marihuana an der Sante Cannabis-Klinik in Montreal. Er warnt vor einem erhöhten Konsum unter jungen Menschen. "Diese Regierung ist absolut nicht bereit für die Legalisierung von Marihuana. Das Land ist nicht bereit", meinte auch der konservative Abgeordnete John Brassard, dessen Partei die bahnbrechende Reform von Premier Justin Trudeau konsequent verurteilt hat. Gleichzeitig begrüßen viele die Möglichkeit zum offenen Dialog: "Es gibt gesundheitliche Bedenken", sagte Gillian Connelly von der Ottawa Public Health Agency. "Aber die Legalisierung schafft die Möglichkeit, über den Cannabiskonsum zu diskutieren."

An der Börse löste die Legalisierung Euphorie aus: Bereits vor einem Jahr verzeichneten die Aktien der größten kanadischen Cannabis-Produzenten wie Canopy Growth oder Tilray eine Verfünffachung ihrer Werte und Kapitalzufuhr von mehr als zehn Milliarden US-Dollar.

Tatsächlich gehört Kanada zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch von Marihuana weltweit: Etwa 4,6 Millionen Menschen oder 16 Prozent der Bevölkerung gaben 2018 an, es zu rauchen. Nach Angaben Connellys wurden nun Hunderte Millionen Dollar für Aufklärung bereitgestellt - "eine konzertierte Aktion, um die Menschen über die Gefahren von Cannabis zu informieren".

Die Behörden verschickten Postsendungen an 14 Millionen Haushalte mit Warnungen, Cannabis von Kindern und Haustieren fernzuhalten. Für eine Kampagne gegen Fahren unter Cannabis-Einfluss kooperierte die Organisation "Mothers Against Drunk Driving" mit dem Fahrdienst Uber und dem Cannabis-Produzenten Tweed.

Connelly zufolge gab es im US-Staat Colorado einen kurzfristigen Anstieg von Krankenhausaufenthalten nach der Legalisierung von Cannabis im Jahr 2014, da die Menschen seine Wirkung unterschätzt hatten: Der THC-Gehalt stieg von durchschnittlich drei Prozent in den 80er-Jahren auf heute 15 Prozent. Kanadas Arbeitgeber erließen denn auch zahlreiche Einschränkungen: Das Militär untersagte den Soldaten den Konsum von Cannabis innerhalb von acht Stunden vor einer Schicht, einige Polizeibehörden und Fluggesellschaften verboten ihn gleich ganz.

Eine Debatte gab es auch um das Mindestalter: Entgegen der Warnungen von Medizinern, Cannabis störe bis zum Alter von 25 Jahren die Reifung des Gehirns, setzten die Behörden das Mindestalter je nach Provinz auf 18 oder 19 Jahre fest.

Für Jean-Sebastien Fallu, Suchtexperte an der Universität von Montreal, überwiegen trotz allem die Vorteile: "Cannabis ist nicht gut für die Gesundheit, doch ein Verbot ist extrem gefährlich und schlimmer als Cannabis", betonte er und verwies auf die "katastrophalen Konsequenzen wie Stigmatisierung, Gewalt, Kriminalität und Schwarzmarkt".