Kurz besucht kommende Woche Trump

Kurz reiht Staatsbesuch an Staatsbesuch
Österreich und die USA heben ihre bilateralen Beziehungen kommende Woche auf eine neue Ebene.

Bundeskanzler Sebastian Kurz reist am Dienstag in die USA, um dort Präsident Donald Trump zu treffen. Es handelt sich um den ersten Empfang für einen österreichischen Regierungschef im Weißen Haus seit 13 Jahren.

Der Besuch sei "überfällig", räumte US-Botschafter Trevor Traina im Vorfeld der Visite ein. Auch Kurz monierte in der "Presse am Sonntag", die USA hätten Österreich "in der Vergangenheit eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt". Unter Trumps Vorgänger Barack Obama gab es keine Kontakte auf höchster Ebene, für Irritationen sorgten immer wieder Enthüllungen über US-Spionageaktivitäten in Österreich. Trotz Kritik an Trumps Außenpolitik kam es unter der türkis-blauen Regierung zu einer Intensivierung der Kontakte mit mehreren Ministerbesuchen in den USA.

Österreich und die USA seien "in vielen Bereichen auf einer Wellenlänge", betonte Außenministerin Karin Kneissl am Donnerstag nach einem Treffen mit US-Außenminister Mike Pompeo in Warschau zur Vorbereitung der Kanzlervisite. Pompeo wird am Dienstagabend (18.00 Uhr Ortszeit, 0.00 Uhr MEZ) der erste Gesprächspartner des Kanzlers in Washington sein. Er wird im State Department ein Abendessen für Kurz veranstalten.

"Wir haben (einen Besuch) organisiert, der in Zeiten wie diesen so nahe es geht an einen Staatsbesuch in den USA heranreicht", sagte Botschafter Traina mit Blick auf das Abendessen mit Pompeo. Höhepunkt der Visite ist das Treffen mit US-Präsident Trump, das am Mittwoch um 13.50 Uhr Ortszeit (19.50 Uhr MEZ) im Oval Office stattfinden soll. Nach dem für 20 Minuten angesetzten Vieraugengespräch soll der Kanzler in größerer Runde auch das "Kernteam" Trumps treffen, darunter den Nationalen Sicherheitsberater John Bolton.

Kurz hatte bereits im Herbst mit Bolton telefoniert, um den Besuch vorzubereiten. "Ich glaube, dass es eine gute Chemie zwischen dem Präsidenten und dem Kanzler geben wird", sagte Traina. Kurz repräsentiere "die Zukunft Europas als ein junger, verantwortungsvoller, nüchterner politischer Führer auf dem Kontinent, der wahrscheinlich eine lange Zukunft haben wird". Zudem sei Österreich ein stabiles Land in Mitteleuropa, einer Region, der die USA in der jüngsten Vergangenheit nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hätten.

Am Mittwochabend will Traina den Kanzler auch zu einem privaten Abendessen mit der einflussreichen Präsidententochter Ivanka Trump und ihrem Ehemann Jared Kushner in deren Haus begleiten. Dabei solle detailliert über die österreichisch-amerikanischen Beziehungen gesprochen werden. Der US-Botschafter hat gute Kontakte zu dem Paar und dürfte diese genutzt haben, um das Treffen mit Trump zustandezubringen.

Der Besuch wurde über mehrere Monate vorbereitet. Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, fiel ein erster Termin dem Regierungsstillstand in den USA ("Shutdown") zum Opfer. Nachdem Trump am Freitag im Streit um den Mauerbau den nationalen Notstand ausgerufen hat, ist die innenpolitische Lage weiterhin äußerst gespannt. "Wir hoffen auf einen langweiligen Tag", sagte Traina mit Blick auf die politischen Verpflichtungen Trumps am Tag des Kanzlerbesuchs.

Im Vorfeld der Visite waren beide Seiten bemüht, ihre politischen Differenzen in den Hintergrund zu spielen. Es gebe zwar Differenzen, etwa beim Multilateralismus und der Klimapolitik, doch diene der Besuch dazu, "die guten bilateralen Beziehungen zu stärken", hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Beide Seiten hoben im Vorfeld die ökonomischen Aspekte des Treffens hervor.

"Hauptmission" der Reise sei es, einen Handelskrieg abzuwenden, sagte Kurz der "Presse am Sonntag". Für Österreich sei nämlich Trumps Handelspolitik "der problematischste Punkt", bezeichnete der Kanzler Protektionismus als "brandgefährlich". Ansonsten hielt er sich mit Kritik an Trump zurück und attestierte ihm "zum Teil eine sehr erfolgreiche und sehr aktive Außenpolitik". Beim Iran-Atomdeal seien Wien und Washington unterschiedlicher Meinung. "Doch Trumps Engagement für eine friedliche Lösung auf der koreanischen Halbinsel oder auch seine klare Unterstützung für Israel sehe ich sehr positiv."

Traina wiederum ließ durchblicken, dass die USA die Frage der umstrittenen deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2, an deren Finanzierung Österreich beteiligt ist, nicht offensiv ansprechen werden.

Kurz, der für seine israelfreundliche Haltung auch in den USA viel Anerkennung bekommen hat, wird am Mittwoch auch den Präsidenten des American Jewish Committee, David Harris treffen. Für Donnerstag sind Gespräche mit der Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und Weltbank-Präsidentin Kristalina Georgiewa geplant.

Nach Trumps Amtsantritt hatte sich Kurz wie zahlreiche europäische Politiker besorgt über die Politik Trumps geäußert. Die ersten Wochen gäben "definitiv Anlass zur Sorge", sagte der damalige Außenminister im Februar 2017. So meinte er, dass er ein Aufkündigen des Iran-Atomabkommens "für extrem negativ erachten" würde. Auch die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens durch Trump im Juni 2017 hatte Kurz als "unverantwortlich" kritisiert.

Von der Opposition gab es schon im Vorfeld der Visite Kritik an Kurz. SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder äußerte am Samstagabend "absolutes Unverständnis" für das "Lob" des Kanzlers für Trumps Außenpolitik. "Trump ist mit Sicherheit der schlechteste und für die Welt gefährlichste US-Präsident der jüngeren Geschichte", betonte Schieder. "Kurz hat offensichtlich ausschließlich Interesse daran seinen PR- und Selfie-Termin bei Trump reibungsfrei zu gestalten."

Die frühere österreichische Botschafterin in Washington, Eva Nowotny, forderte den Kanzler auf, im Gespräch mit Trump "klar und dezidiert" zu sagen, "wo wir stehen". Im APA-Gespräch verwies sie auf den letzten österreichischen Regierungschef im Weißen Haus, Wolfgang Schüssel (ÖVP). Dieser hatte gegenüber US-Präsident George W. Bush im Dezember 2005 die US-Menschenrechtsverletzungen im Kampf gegen den Terrorismus thematisiert.

Spekulationen, wonach der Empfang im Weißen Haus ultrarechten Beratern Trumps zu verdanken sei, trat Botschafter Traina vehement entgegen. Der Trump-Kenner David Cay Johnston hatte zuvor im APA-Gespräch gesagt, Trump habe "keine Ahnung". "Trump trifft Kurz, weil Leute in seinem Stab Trump gesagt haben, dass er ihn treffen muss", nannte Johnston etwa Trumps ultrarechten Berater Stephen Miller. Diese Leute hätten eine "klare Agenda" und würden gemeinsame Sache mit europäischen Rechtspopulisten machen, erläuterte Johnston. Nowotny riet dem Kanzler, einer möglichen Instrumentalisierung entgegenzutreten. Der "Kronen Zeitung" sagte Kurz, er habe "keine Befürchtung, wegen der Schließung der Balkanroute als Vorbild für eine Mauer an der Grenze zu Mexiko vereinnahmt zu werden".

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