APA - Austria Presse Agentur

Kurz zu Brexit-Gesprächen bei May

In einer entscheidenden Phase in den Brexit-Verhandlungen ist Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag als Vertreter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in London von der britischen Premierministerin Theresa May empfangen worden. Kurz zeigte sich im Anschluss gegenüber Journalisten "sehr optimistisch", auch hinsichtlich einer Lösung in der Gibraltar-Frage.

Es gebe "gute Gesprächskanäle in dieser Frage, und insofern hoffe ich sehr, dass es gelingt, bis Sonntag auch diese Frage noch auszuräumen", sagte der Bundeskanzler unter Verweis auf den EU-Sondergipfel. Bei allem Verständnis, auch für die Interessen einzelner EU-Mitgliedstaaten, sei es "schon wichtig, festzuhalten, dass wir am Ende des Tages als Europäische Union geschlossen agieren müssen und ich hoffe sehr, dass das auch gelingt, bin da aber sehr optimistisch", fügte Kurz hinzu.

Der Bundeskanzler war zuvor zu einem Arbeitsmittagessen in der Downing Street mit May zusammengekommen. Die Premierministerin bezeichnete die bilateralen Beziehungen zu Beginn des Gesprächs als "hervorragend" und gratulierte Kurz zur österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, die einen klaren Fokus auf zentrale Fragen gebracht habe.

Unmittelbar vor dem Treffen mit dem Bundeskanzler gab May vor ihrem Amtssitz eine kurze Erklärung ab, in der sie sich ebenfalls zuversichtlich zeigte, die Differenzen mit Spanien in der Gibraltar-Frage klären zu können. "Gestern Abend habe ich mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez gesprochen und bin zuversichtlich, dass wir uns am Sonntag auf eine Vereinbarung einigen können, die die gesamte britische Familie einschließlich Gibraltars betrifft", erklärte die konservative Regierungschefin laut Agenturberichten.

Kurz sagte nach dem Gespräch, ein Abkommen sei immer ein Kompromiss "und es können nie alle zu 100 Prozent zufrieden sein". Aber er sei "sehr optimistisch, dass wir am Sonntag hier als EU-27 klar dieses Abkommen unterstützen können und somit auch mit Theresa May und Großbritannien fixieren können". Er zeigte sich erfreut, dass es gelungen sei, ein Austrittsabkommen und "eine erste politische Erklärung für die mögliche zukünftige Beziehung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union" zustande zu bringen. "Das ist ein wichtiger Fortschritt, und es ist allen voran (EU-Chefverhandler) Michel Barnier und Theresa May dazu zu gratulieren."

Entscheidend werde dann die Abstimmung im britischen Parlament Anfang Dezember sein, deren Ausgang derzeit "noch vollkommen offen" sei. "Wir hoffen natürlich darauf, dass es eine Mehrheit gibt, die sich hinter dieses Abkommen stellt, denn aus unserer Sicht ist es entscheidend, einen 'Hard Brexit' zu vermeiden", betonte Kurz.

Der Bundeskanzler, der am Donnerstag in London unter anderem auch mit Schatzkanzler Philip Hammond zusammentraf, hatte bereits im Vorfeld seiner Begegnung mit May betont, dass er ihr mit seinem Besuch auch "den Rücken stärken" wolle "bei ihrem Kampf, eine Mehrheit für diesen Deal zu organisieren".

May sieht sich politisch auf vielen Fronten mit Widerstand gegen ihren EU-Austrittskurs konfrontiert - nicht nur vonseiten der Opposition. Zuletzt wurde immer wieder über einen möglichen Misstrauensantrag gegen die Premierministerin aus ihrer eigenen Konservativen Partei spekuliert. Mays Tories verfügen seit vorgezogenen Neuwahlen im Vorjahr zudem im Unterhaus über keine eigene absolute Mehrheit mehr und stützen sich bei wichtigen Abstimmungen auf die nordirische Unionistenpartei DUP (Democratic Unionist Party).