Laut AK OÖ mehr Beschwerden über sexuelle Belästigung im Job

Etwa jede dritte Befragte hat Erfahrungen mit "Anstarren"
Mehr als jede zweite Frau berichtet über Erfahrungen von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Das hat eine Spezialauswertung des Arbeitsklima Index 2018 durch die Arbeiterkammer Oberösterreich ergeben. AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer forderte bei einem Pressegespräch in Wien höhere Strafen und eine Beweislastumkehr, verstärkten Kündigungsschutz für betroffene Frauen und mehr Einsatz der Chefs.

Dass das Problem verbreitet sei, zeige schon die Anzahl von 800 bis 1.000 einschlägigen Beratungsgesprächen pro Jahr allein durch die Arbeiterkammer in Oberösterreich, sagte Kalliauer. Der beste Schutz wäre: "Führungskräfte dürfen nicht wegschauen, sondern müssen klarmachen, dass das im Unternehmen nicht geduldet wird." Die Arbeitgeber sollten ihre Fürsorgepflicht stärker als bisher wahrnehmen.

Darum geht es konkret: Knapp vier von zehn Frauen berichteten von abfälligen Äußerungen wie sexistischen Witzen in ihrem Arbeitsumfeld, erläuterte Eva Zeglovits vom IFES Institut für empirische Sozialforschung, ein leichter Anstieg gegenüber dem Wert von 2016. In etwa jede dritte Befragte hat Erfahrungen mit "Anstarren", "Mustern" und Ähnlichem gemacht, sechs Prozentpunkte mehr als zuvor. Zwölf Prozent berichteten von körperlichen Übergriffen und sexueller Belästigung - um ein Drittel mehr gegenüber den neun Prozent von 2016. Fünf Prozent waren mit sexistischen Nachrichten etwa in Mails oder SMS konfrontiert, vier Prozent mit Nacktbildern beispielsweise durch einschlägige Kalender im Betrieb.

Die Berichte über solche Erfahrungen steigen, konstatierte die Sozialforscherin. "Das kann auch heißen, dass Frauen Dinge heute eher als Belästigung erkennen können und einordnen", sagte sie mit Verweis auf die #MeToo-Debatte. Dass sich offenbar mehr Frauen trauen, etwas zu sagen, sei eine positive Entwicklung, so Kalliauer.

Alles in allem fühlen sich laut der Erhebung 28 Prozent der Frauen im Berufsleben benachteiligt. Vier von zehn sehen sich bei Lohn oder Gehalt schlechter gestellt als männliche Kollegen. Knapp 30 Prozent fühlen sich bei Beförderungen und Karrieresprüngen sowie bei Bewerbungen und Stellenvergaben diskriminiert, 20 Prozent bei der Zuteilung verantwortungsvoller Aufgaben.

Dafür schultert ein Großteil der Frauen Hausarbeit und Kinder weitgehend allein: "Halbe-halbe" werde nur in rund einem Fünftel der Haushalte - sagen die berufstätigen Frauen - oder rund einem Viertel - sagen die Männer - gelebt, berichtete Christoph Hofinger vom SORA-Institut (Institute for Social Research and Analysis). 47 bzw. 46 Prozent gaben an, dass jeweils die Frau "großteils" den Haushalt schupft.

Genauer betrachtet wurde zudem die Situation der rund 140.000 Pflegekräfte in Österreich, zu 83 Prozent weiblich. Fast drei Viertel müssen Mehrarbeit oder Überstunden leisten. Mehr als die Hälfte arbeitet im Schicht- oder Turnusdienst. Trotzdem sei die Motivation der Beschäftigten überdurchschnittlich hoch, sagte Kalliauer. Dass die Pflege bei der Berufswahl zunehmend unattraktiv zu werden drohe, sei nicht zuletzt auf die Personalknappheit im stationären Bereich ebenso wie in der mobilen Pflege zurückzuführen, sowie auf die niedrigen Einkommen.

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