APA - Austria Presse Agentur

May: Ablehnung des Brexit-Deals könnte Austritt stoppen

Die britische Premierministerin Theresa May hat vor einem Aus für den Brexit gewarnt. Sollte das Parlament in London das Brexit-Abkommen ablehnen, könne der EU-Austritt komplett ausfallen, sagte May bei einer Fragestunde am Mittwoch im Parlament in London. Arbeitsministerin Amber Rudd hatte zuvor in einem BBC-Radiointerview ausgeschlossen, dass das Unterhaus einen Brexit ohne Deal zulasse.

Es gebe keine Mehrheit für einen ungeordneten Brexit, sagte die erst am Freitag ins Kabinett berufene Ex-Innenministerin. Doch bisher ist unklar, wie Premierministerin May für einen Deal die Zustimmung des Parlaments bekommen will. Sowohl Abgeordnete aus ihrer eigenen Konservativen Partei als auch die nordirische DUP, von der Mays Minderheitsregierung abhängt, lehnen das Abkommen ab.

"Wenn Sie die Alternative zu dem Abkommen mit der EU anschauen, wird es entweder mehr Unsicherheit sein, mehr Spaltung oder das Risiko, dass gar kein Brexit stattfindet", sagte May am Mittwoch vor den Abgeordneten. Bisher drohte May meist mit einem chaotischen Brexit, sollte das Parlament dem Deal nicht zustimmen. Davon scheint sie nun abgerückt zu sein.

Zwar wollte May nicht ausschließen, dass es zu einem sogenannten No-Deal-Brexit mit unabsehbaren Folgen für die Wirtschaft kommen könnte, sie vermied es aber, das Szenario beim Namen zu nennen. Was May mit dem Strategiewechsel bezweckt, ist unklar. Möglicherweise will sie die Brexit-Hardliner damit überzeugen, für ihren Deal zu stimmen.

In der Fragestunde ging sie auch auf die Frage zur Zukunft des britischen Überseegebiets Gibraltar bei einem Austritt Großbritanniens aus der EU ein. "Wir sind absolut standhaft in unserer Unterstützung Gibraltars, seiner Menschen und seiner Wirtschaft", sagte May. London habe schon immer klar gestellt, dass Gibraltar in die Austrittsverhandlungen eingeschlossen und beim EU-Austritt "voll involviert" sei. Der Austrittsdeal müsse auch für Gibraltar gelten.

Die Halbinsel Gibraltar im Süden Spaniens gehört seit 1713 zu Großbritannien, wird aber von Spanien regelmäßig zurückgefordert. Madrid pocht auf sein Recht, die Zukunft Gibraltars in bilateralen Gesprächen mit London zu verhandeln und drohte bereits mit einem "Nein" zum Brexit-Abkommen. Obwohl der juristische Dienst des Europäischen Rates Spanien versicherte, dass der Entwurf bilaterale Verhandlungen nicht ausschließt, fordert Madrid weitere Klarstellungen.

May verwies am Mittwoch auf "ein Protokoll, das Teil eines breiteren Pakets von Vereinbarungen zwischen dem Vereinigten Königreich, Spanien und der Regierung von Gibraltar" sein werde. Sie stellte aber nochmals klar, dass Gibraltar "von unseren Verhandlungen zur künftigen Beziehung nicht ausgeschlossen" werde.

Am späten Mittwochnachmittag wird May mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zusammenkommen, um den EU-Sondergipfel zum Brexit am kommenden Sonntag vorzubereiten. Juncker sagte wegen des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschef seine für Donnerstag und Freitag angesetzte Spanien-Reise ab, hieß es am Mittwoch.

Eine politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen soll dabei zusammen mit dem Austrittsvertrag bei dem Gipfel verabschiedet werden. Ein Diplomat sagte, die politische Erklärung könne Donnerstagfrüh - nach dem Treffen von May und Juncker - präsentiert werden. Der Text der Erklärung zu den künftigen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen bezieht sich auf die Zeit nach einer Übergangsphase bis Ende 2020, in der Großbritannien noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion bleibt.

Großbritannien tritt Ende März aus der EU aus. Die Unterhändler beider Seiten hatten sich vergangene Woche auf einen Vertragsentwurf verständigt, der einen geordneten Brexit ermöglichen soll. Er muss aber noch zahlreiche Hürden nehmen, unter anderem im Parlament in London. In Mays konservativer Partei regt sich heftiger Widerstand gegen den Entwurf. Aus Protest gegen den Vertragsentwurf waren vergangene Woche vier britische Kabinettsmitglieder zurückgetreten.