APA - Austria Presse Agentur

May will Brexit-Deal über Nordirland-Friedensabkommen retten

Die britische Premierministerin Theresa May will einem Zeitungsbericht zufolge das Nordirland-Friedensabkommen ändern, um eine Verhandlungslösung im Tauziehen um den Brexit zu erreichen. Das Karfreitagsabkommen soll um Garantien bezüglich des Weiterbestands einer offenen Grenze zwischen der britischen Provinz und Irland erweitert werden, berichtet die Zeitung "Daily Telegraph" am Sonntagabend.

Mit dem Karfreitagsabkommen wurde im Jahr 1998 der jahrzehntelange blutige Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland beendet. Nach dem Plan Mays sollen sich Irland und Großbritannien nun auf eine Reihe von Grundsätzen verständigen, die aufzeigen, wie die beiden Staaten eine offene Grenze nach dem Brexit sicherstellen wollen. Ein entsprechender Text soll dem bestehenden Abkommen beigefügt werden, berichtete die Zeitung.

Die Änderungen sollen offenbar die umstrittene Auffanglösung ("Backstop") für Nordirland obsolet machen, die maßgeblich zum Scheitern des Brexit-Deals zwischen London und der EU im Londoner Unterhaus am vergangenen Dienstag beigetragen hatte. Der Backstop sieht vor, dass Nordirland notfalls unbegrenzt wirtschaftlich an die EU angebunden bleiben soll, damit weiterhin keine Grenzkontrollen zum EU-Mitglied Irland erforderlich sind. Erforderlich ist die Auffanglösung, weil Großbritannien nach dem Brexit eine eigene Handels- und Wirtschaftspolitik betreiben will.

Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat unterdessen seine Gesprächsbereitschaft mit May über deren Alternativplan für den Brexit betont, den sie am Montagnachmittag dem Unterhaus vorstellen wollte. Voraussetzung sei allerdings, dass die Regierungschefin einen ungeordneten Austritt aus der EU (No-Deal-Brexit) ausschließe, bekräftigte Corbyn in der Nacht auf Montag in einer Erklärung. "Wenn es die Premierministerin ernst damit meint, eine Lösung zu finden, die vom Parlament unterstützt wird und unser Land zusammenführen kann, muss sie der Mehrheit der Abgeordneten zuhören, aber auch Mitgliedern ihres eigenen Kabinetts, und einen "No Deal" vom Tisch nehmen", betonte der Labour-Chef.

May könnte es vor diesem Hintergrund auch mit einer neuerlichen Rebellion aus den eigenen Reihen zu tun bekommen. Zwei Gruppen von Parlamentariern wollen in den kommenden Tagen Änderungsanträge einbringen, um die Brexit-Pläne der Regierungschefin zu stoppen, wie britische Medien am Sonntag berichteten. Eine Regierungssprecherin nannte die Initiativen "extrem beunruhigend".

Die britische Presse sprach von "Verschwörungen" im Unterhaus gegen May. Laut "Sunday Times" will eine Gruppe von mehr als 20 Parlamentariern um den konservativen Abgeordneten Dominic Grieve erreichen, dass der Austrittsprozess nach Artikel 50 des EU-Vertrags vorübergehend gestoppt wird. Eine andere parteiübergreifende Initiative will May dazu bringen, den auf Ende März festgelegten Brexit-Termin zu verschieben, falls bis Ende Februar keine Einigung im britischen Parlament erzielt wird. Dadurch solle Zeit für weitere Verhandlungen und die Vorbereitungen auf den EU-Austritt gewonnen werden, sagte die Tory-Abgeordnete Nicky Morgan dem Sender Sky News.

Der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn riet Großbritannien indes dazu, sich nun vor allem auf einen Verbleib des Königreichs in der Zollunion zu konzentrieren. Wenn dies nicht gelinge und der Brexit am 29. März chaotisch und ohne jedes Abkommen vonstattengehe, werde dies in einer "Katastrophe" münden, sagte er am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Asselborns deutscher Kollege Heiko Maas forderte London auf, endlich Farbe zu bekennen. "Letztlich reicht es nicht, wenn man in London entscheidet, was man nicht will. Sondern die müssen jetzt entscheiden, was sie wollen", sagte der SPD-Politiker am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die EU-Außenminister wollten am Montag in Brüssel bei ihrer regulären Sitzung ebenfalls über den Brexit beraten.