APA - Austria Presse Agentur

ÖHB-Männer hoffen bei WM auf Reifeprozess und Aufstieg

Mit der WM in Dänemark und Deutschland nehmen Österreichs Handball-Männer ab Freitag ihre sechste WM- oder EM-Endrunde in der jüngsten Dekade in Angriff. Das klare Ziel sind die Top-12, der Weg dorthin führt über einen schmalen Grat. Coach Patrekur Johannesson glaubt fest an die Chance - so denn der Reifeprozess seit der EM 2018 geglückt ist. Der Isländer zweifelt daran nicht: "Wir sind weiter."

Kurz und schmerzlos endete die Sache im vergangenen Jänner. Die Auftaktniederlage gegen Weißrussland bedeutete schon das Aus, gegen Norwegen und Frankreich war wie erwartet kein Kraut gewachsen. Die Enttäuschung hielt sich freilich in Grenzen - angesichts einer stark verjüngten Truppe, die mit wenig internationaler Erfahrung nach Kroatien aufgebrochen war. "Wir sind derzeit noch nicht gut genug für diese Mannschaften", resümierte danach Aushängeschild und Kiel-Legionär Nikola Bilyk.

Ein Jahr später ist der Kern der Mannschaft der gleiche, die Stimmungslage aber eine andere. Bei der gelungenen Revanche gegen die Weißrussen im WM-Quali-Play-off stellte Rot-Weiß-Rot im Juni den Fortschritt unter Beweis und wendete im Heim-Rückspiel nach desaströsem Start noch das Blatt. Oder in den Worten von Goalie Thomas Bauer: "Wir sind wie Buben in die Kabine rein und wie Männer raus."

Nun wollen diese "Männer" den nächsten Schritt auf großer Bühne folgen lassen, sprich den Aufstieg in die Hauptrunde schaffen. Dazu ist in Gruppe C in Herning mit den klaren Favoriten Dänemark (15.1.) und Norwegen (14.1.) sowie den beiden Außenseitern Saudi-Arabien (11.1.) und Chile (12.1.) zumindest Platz drei notwendig. Die finale Partie gegen Afrikameister Tunesien (17.1.) könnte also zur "Schnittpartie" werden - ähnlich wie das Weißrussland-Match bei der EM 2018.

"Ich hoffe, dass wir ruhiger sind, in Kroatien war zu viel Hektik. Der Fokus lag zu stark auf Weißrussland", meinte Johannesson. Nun sei die Zeit gekommen, die neu gewonnene Abgeklärtheit unter Beweis zu stellen. "Ich denke, dass wir jetzt ein bisschen ruhiger sind, mehr Selbstvertrauen haben", erklärte der Isländer, der nach den EMs 2014 und 2018 sowie der WM 2015 mit Österreich bereits in seine vierte Endrunde geht. "Unser Konzept ist immer besser, wir haben viele gute taktische Dinge. Aber wir müssen das unter Stress spielen können. Du brauchst diese Einheit, diese Verrücktheit." Ähnlich formulierte es Gerald Zeiner. "Den Spirit, den wir im Juni gehabt haben, den müssen wir jetzt in den Jänner mitnehmen", erklärte der Rückraummann.

Zeiner ist mit 30 Jahren einer der "Oldies" im Team. Er steht auch für den Altersmix des 16-Mann-Kaders. Denn beileibe nicht alle sind Jungspunde wie der 22-jährige Bilyk, Flügel Sebastian Frimmel oder Kreis Tobias Wagner (beide 23). Nur fünf Spieler sind jünger als 25, sieben waren bereits bei zwei Endrunden im Einsatz. Allerdings haben gleich zehn weniger als 50 Länderspiele am Konto - darunter auch Zeiner. Mit Flügel Robert Weber (162 Länderspiele) und Goalie Thomas Bauer (142), Letzterer könnte aufgrund der anstehenden Geburt seines Kindes zumindest einen Teil der WM verpassen, verfügt die Truppe über zwei echte Veteranen. Der 42-jährige Bauer-Ersatz Nikola Marinovic (165 Spiele) kam noch in letzter Sekunde dazu.

Klar ist, dass auf die Österreicher ein Marathon zukommt, sollte man den Aufstieg schaffen. Acht Spiele wären dann in 13 Tagen zu absolvieren - geschuldet ist das dem neuen Modus, bei dem nach der Vorrunde nicht die K.o-Phase, sondern eine Hauptrunde mit weiteren drei Partien folgt. "Da wird viel Augenmerk auf der Regeneration liegen", meinte Weber.

Schafft man das angepeilte Ziel, steht man unter den Top-12-Teams und ist der besten Platzierung der Handball-Neuzeit schon sehr nahe. Abgesehen von Silber bei der ersten Hallen-WM 1938, schaffte Rot-Weiß-Rot 2015 in Katar mit Rang elf das bisherige Maximum. Damals unterlag man im Sechzehntelfinale hauchdünn dem Gastgeber, der schließlich bis ins Finale kam.