APA - Austria Presse Agentur

OeNB-Nowotny: Euro kein Teuro - Für EU-Finanzminister

OeNB-Chef und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny sieht 20 Jahre nach Einführung des Euro diesen nicht als Preistreiber. "Die durchschnittliche Inflationsrate im Euroraum in den letzten 20 Jahren lag bei 1,8 Prozent. In den zehn Jahren davor lag sie bei 2,2 Prozent. Und noch mal zehn Jahre davor noch höher im Durchschnitt", sagte er im Interview mit der "Presse" (Samstag-Ausgabe).

Nowotny sieht den Euro auf dem richtigen Weg. Er werde weiter wachsen - auch gegen die Widerstände aus den USA, die die Vormachtstellung des Dollar als Waffe einsetzten. Die Regierung Trump betreibe eine sehr viel aggressivere Außenwirtschaftspolitik, gibt Nowotny zu bedenken. In manchen Bereichen, etwa beim Ölhandel in eigener Währung, wäre China Europa bereits voraus. Es brauche jetzt eine Kapitalmarktunion und ein Instrument wie Eurobonds, so Nowotny.

Zu Angst vor dem Reich der Mitte gebe es aber keinen Grund: "China und andere asiatische Staaten haben immer noch ein Pro-Kopf-Einkommen das viel kleiner ist als in den USA, aber das Wachstum ist in Asien viel höher. Auch die Bevölkerungsentwicklung ist dynamischer. China wird also in absehbarer Zeit zur größten Volkswirtschaft der Welt werden. Aber Handel ist kein Nullsummenspiel. Wenn China reicher wird, wird der Westen nicht ärmer", so das österreichische EZB-Ratsmitglied.

Die Eurozone bauche "einen wirklich funktionsfähigen europäischen Kapitalmarkt". Die Bankenunion funktioniere in wesentlichen Bereichen. Für eine Kapitalmarktunion brauche es auf den Finanzmärkten aber ein einheitliches europäisches Produkt, das den amerikanischen Staatsanleihen entspreche. "Etwas, das von der Funktion einem Eurobond entspricht, ja. Da gibt es ein paar ganz interessante Ansätze", so Nowotny, der sich auch für einen "EU-Finanzminister" ausspricht. "Das heißt natürlich nicht, dass es keine nationalen Finanzminister mehr gibt. Aber das Segment eines gemeinsamen europäischen Anleihenmarktes muss entwickelt werden."

An der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) wünscht sich der österreichische Nationalbank-Gouverneur nach dem Italiener Mario Draghi einen Deutschen: "Ich würde es für positiv halten, wenn jemand aus Deutschland an die Spitze der EZB kommen könnte", so Nowotny.

Am Brexit lässt der OeNB-Chef kein gutes Haar. "Alles was die Einheit Europas schwächt, ist problematisch. Für mich gehört Großbritannien zu Europa und der Brexit ist deshalb negativ. Technisch ist es so, dass London nach wie vor der größte Finanzplatz in Europa ist. Jetzt wird es zweifellos geschwächt, aber das bedeutet zuerst mal eine Phase der Unsicherheit. Nicht, dass Europa insgesamt davon profitieren kann", so Nowotny.

Ob er in Österreich eine Gefahr für ein Einmischen der Bundesregierung in die Geldpolitik sieht, kommentierte Nowotny so: "In der Regierungsvorlage zur Übertragung der Bankenaufsicht gab es Formulierungen, die eine gewisse Missachtung der Unabhängigkeit ausgedrückt haben. Da hieß es 'Die Notenbank wird beauftragt' - so etwas widerspricht dem Konzept der Unabhängigkeit. Inzwischen gab es gute und konstruktive Gespräche mit dem Finanzminister."

Nach dem Ende der Anleihenkäufe durch die EZB erwartet Nowotny als zweiten Schritt eine vorsichtige Zinserhöhung. Dies würden die Märkte in der zweiten Jahreshälfte 2019 erwarten. "Ich bin der Meinung, dass wir energischer und rascher mit der Normalisierung voranschreiten sollten, als es an den Märkten erwartet wird. Nach den ersten Zinsschritten können wir Anleihen auslaufen lassen und die Bilanzsumme senken, was auch die langfristigen Zinsen anheben würde", meinte Nowotny im "Presse-Interview".