Pädagogik-Paket passierte trotz erneuter Kritik Ausschuss

In der Volksschule kommen wieder verpflichtend Ziffernnoten
Das von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) initiierte Pädagogik-Paket hat am Mittwoch trotz Kritik von Opposition und Experten mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ den Unterrichtsausschuss des Nationalrats passiert. Die Maßnahmen sollen in der kommenden Woche im Plenum beschlossen werden und im nächsten Schuljahr in Kraft treten.

Eckpunkte des Gesetzesvorhabens: An den Volksschulen werden ab dem zweiten Semester der 2. Klasse wieder verpflichtend Ziffernnoten eingeführt - gleichzeitig wird aber in allen Klassen zumindest zusätzlich alternativ mit Kompetenzrastern beurteilt. Außerdem können Schüler grundsätzlich ab der zweiten Klasse wieder sitzenbleiben. Alle Eltern werden zu Bewertungsgesprächen über Leistungsstärken und Leistungsstand eingeladen (bisher nur bei alternativer Beurteilung), bei Bedarf können Schüler auch zu Förderunterricht verpflichtet werden.

An den NMS soll es ab der sechsten Schulstufe (2. Klasse) zwei unterschiedliche Leistungsniveaus ("Standard" und "Standard-AHS") geben. Diese lösen die bisher ab der siebenten Schulstufe bestehende Differenzierung in "grundlegende Allgemeinbildung" und "vertiefende Allgemeinbildung" ab. Die siebenteilige NMS-Notenskala wird zwar abgeschafft, an ihre Stelle treten zwei vom System her ähnliche, einander überlappende je fünfteilige Skalen. Schulautonom erhalten die NMS auch die Möglichkeit, zur Leistungsdifferenzierung ab der sechsten Schulstufe in Deutsch, Mathe und Englisch dauerhafte Gruppen einzurichten.

Vor der Abstimmung wurde noch ein Expertenhearing abgehalten - allerdings mit wenig Auswirkungen, monierte SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid bei einer Pressekonferenz nach dem Ausschuss. Das von ÖVP und FPÖ vorgebrachte Ziel der Schaffung einer leistungsorientierten und anspruchsvollen Schule teile man zwar. Allerdings müsse man dafür Schulkulturen etablieren, die das Lernen zum Erlebnisraum machen und Kreativität und Neugier zum Prinzip erheben. "Das heißt aber nicht Notendruck, das ist auch nicht Sitzenbleiben schon in der zweiten Schulstufe und auch nicht A- und B-Zug in der Neuen Mittelschule."

NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos kritisierte, dass "die Evidenz in der Schulpolitik für die Regierung keine Rolle spielt": Es gehe vielmehr darum, wie das "parteipolitisch gefärbte Regierungsprogramm durchgepeitscht werden kann". Die Bildungssprecherin von Jetzt (vormals Liste Pilz), Stephanie Cox, wiederum vermutete, dass für die Regierungsparteien "der Rückschritt der neue Fortschritt ist".

Der Direktor der Integrativen Lernwerkstatt Brigittenau (ILB), Josef Reichmayr, versteht nach wie vor nicht, warum man den Volksschulen ihre Autonomie in der Wahl der Beurteilung wegnimmt. "Da werden tausende Modelle, die Lehrer entwickelt haben, einfach wegradiert. Das ist eigentlich auch eine Entmündigung." Begrüßt wurde von ihm zwar, dass die siebenteilige Notenskala in der NMS abgeschafft wird - nicht nachvollziehbar sei aber, warum man sie durch eine quasi neunstufige ersetze.

Der Sprecher der Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen (ÖFEB), Ferdinand Eder, kam zu einer "sehr skeptischen Einschätzung, was Wissenschaftsnähe und Evidenzbasierung betrifft". So sei etwa der im Zuge der Diskussion um das Paket oft verwendete Begriff der Notenwahrheit eine "Illusion": "Es gibt keinen Sachverhalt, der so gut untersucht ist wie die notorische Unzuverlässigkeit der Note abseits des Bezugsraums einer bestimmten Schulklasse". Auch beim Sitzenbleiben gebe es in der Forschung "überhaupt keine Hinweise, dass Klassenwiederholungen eine förderliche Wirkung haben". Im Gegenteil: Oft führten sie zu einem niedrigeren Selbstkonzept der Schüler und seien ein "Einstieg in eine sogenannte Dropoutkarriere". Sinnvoll seien sie nur dann, wenn die Entscheidung zur Wiederholung im Einvernehmen mit den Eltern getroffen wird.

Der von Jetzt als Experte in den Ausschuss entsendete Schüler Gabriel Bremer wiederum vermisste im Paket Präventivmaßnahmen für die psychische Gesundheit. Viele Schüler würden unter Leistungsdruck und Mobbing leiden. Vor Beginn des Ausschusses hatten rund 20 Personen der Elterninitiative "Kinderköpfe" vor dem Parlament gegen das Paket protestiert.

Erwartungsgemäß zufrieden mit dem Pädagogik-Pakte zeigte sich in einer Aussendung unterdessen ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner. "Ziel ist eine anspruchsvolle Schule - und das Pädagogik-Paket ist ein wichtiger Schritt dazu."

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