APA - Austria Presse Agentur

Pakistanische Christin Bibi will nach Deutschland ausreisen

Nach ihrer Entlassung aus der Haft in Pakistan will die Christin Asia Bibi mit ihrer Familie nach Deutschland kommen, sagte ihr Anwalt der "Bild am Sonntag". Bibi wurde vor acht Jahren wegen "Gotteslästerung" zum Tode verurteilt und saß seitdem in Haft. Zwar hob das Oberste Gericht Ende Oktober das Todesurteil auf, doch wegen Proteste von Islamisten konnte sie ihre Heimat bisher nicht verlassen.

Seine Mandantin "wäre glücklich, wenn sie mit ihrer Familie nach Deutschland ausreisen könnte", sagte Bibis Anwalt Saif-ul-Malook. Malook, der selbst bedroht wird und in die Niederlande geflüchtet ist, mahnte zur Eile. "Es gibt für meine Mandantin keine gerichtlichen Auflagen. Sie kann gehen, wohin sie will. Aber die Zeit wird knapp," sagte er der "Bild am Sonntag".

Der Oberste Gerichtshof Pakistans hatte am 31. Oktober das Todesurteil gegen Bibi wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed aufgehoben und sie von allen Vorwürfen freigesprochen. Militante Muslime zogen daraufhin tagelang durch die Straßen, forderten die Hinrichtung der fünffachen Mutter und bedrohten auch die Obersten Richter.

Die Islamistenpartei Tehreek-e-Labaik erreichte bei der Regierung, in Berufung gegen das Urteil gehen zu dürfen. Bibi wurde zunächst die Ausreise untersagt. Am vergangenen Mittwoch kam sie jedoch aus der Haft frei und wurde an einen geheimen Ort in Pakistan gebracht.

Deutschland ist laut der " Bild am Sonntag" bereit, Bibi und ihre Familie unter bestimmten Bedingungen aufzunehmen. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es demnach: "Wir sind mit der pakistanischen Regierung und unseren Partnern im Gespräch. Für uns steht der Schutz von Asia Bibi und ihrer Familie im Vordergrund." Eine Reihe von europäischen Ländern sei zu einer Aufnahme der Familie bereit, sollte diese Pakistan verlassen können und wollen. "Dazu gehört selbstverständlich auch Deutschland", erklärte das Ministerium.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) lud Bibi zu einer Veranstaltung über die Themen Religionsfreiheit und Menschenrechte nach Deutschland ein. Der ZMD habe am Sonntag ein Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet, in dem er diese bittet, Bibi "sehr zeitnah ein Einreisevisum für die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken". Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek habe den pakistanischen Botschafter in Deutschland über das Anliegen des Zentralrates informiert. Mazyek erklärte, der Zentralrat würde es begrüßen, wenn die katholische Kirche das "Vorhaben einer interreligiösen Begegnung" mit Bibi unterstütze.

Ein Dorf-Imam hatte die einfache Landarbeiterin Bibi 2009 beschuldigt, den Propheten Mohammed im Streit mit muslimischen Kolleginnen um ein Glas Wasser beleidigt zu haben. Bibi wies den Vorwurf stets zurück. Das Todesurteil gegen sie sorgte international für Empörung. Menschenrechtsgruppen und auch der damalige Papst Benedikt XVI. hatten sich für Bibis Freilassung eingesetzt.

Blasphemie ist im streng konservativ-islamischen Pakistan ein folgenschwerer Vorwurf. Rund 40 Menschen verbüßen dort nach Schätzungen eines US-Ausschusses zur Religionsfreiheit wegen entsprechender Anschuldigungen derzeit lebenslängliche Gefängnisstrafen oder warten auf ihre Hinrichtung. Immer wieder kommt es deswegen auch zu Lynchmorden.