Verhärtete Fronten im Budgetstreit zwischen Italien und EU

"Wir sind vernünftig", sagte Italiens Ministerpräsident Conte
Im Budgetstreit zwischen Italien und der EU sind die Fronten weiter verhärtet. EU-Kommission und Italiens Regierung haben sich am Donnerstag gesprächsbereit erklärt, aber ihre gegensätzlichen Positionen bekräftigt. "An der 2,4-Prozent-Defizitschwelle wird nicht gerüttelt", betonte Vizepremier Luigi Di Maio. "Für jedes Familienmitglied gelten die selben Regeln", sagte EU-Kommisar Jyrki Katainen.

"Wir sind vernünftig, es stimmt nicht, dass wir gegen die EU revoltieren", sagte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte. Man wirft uns Rebellion, Ungehorsam gegen Brüssel vor. Das stimmt nicht. Mit unserem Budgetplan wollen wir zu Italiens Wirtschaftswachstum beitragen. Sobald dies auch Brüssel einsehen wird, werden auch die Risikoaufschläge sinken. Wir müssen alle für ein besseres Klima arbeiten."

Ähnlich äußerten sich auch Di Maio und der zweite Vizepremier Matteo Salvini. Der Chef der rechtspopulistischen Lega betonte, dass Italien keinem Druck nachgeben werde. Insbesondere werde man keine Forderungen nach einem Verzicht auf die Pensionsreform akzeptieren.

Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung äußerte die Hoffnung, dass es nach der Europawahl im Mai 2019 zu einem Stimmungsumschwung in Europa kommen wird. "In vielen Ländern wird es zum Bedürfnis werden, nach den EU-Wahlen die Spielregeln in Europa zu ändern. Wir müssen auf eine expansive Wirtschaftspolitik setzen", erklärte Di Maio. "Aus den EU-Wahlen wird ein EU-Parlament hervorgehen, das nicht die Banken, sondern die Jugendlichen, die Pensionisten und Menschen in Schwierigkeiten unterstützt. Dieses Thema betrifft nicht nur Italien, sondern auch andere Länder."

Katainen warnte vor negativen Konsequenzen des italienischen Budgetstreits auf die Eurozone. "Wir wollen negative Konsequenzen von einem Land auf andere Staaten vermeiden", sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission. "Wir sind alle eine Familie. Und für jedes Familienmitglied gelten die selben Regeln", sagte er mit Blick auf das von der EU-Kommission empfohlene Defizitverfahren. Der Finne wies zugleich darauf hin, dass das Verfahren noch von den anderen Eurostaaten bestätigt werden müsse.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici trat Vorwürfen entgegen, dass die Brüsseler Behörde Italien wegen seiner umstrittenen Regierung aufs Korn nehme. Die EU-Kommission sei neutral und objektiv und nicht gegen Italien eingestellt. "Die EU-Kommission hält sich an die Regeln. Sie handelt, weder zu schnell noch zu langsam. Das, was die Finanzmärkte in Aufregung bringt, sind die Sorgen wegen Italiens Wirtschaftspolitik", sagte Moscovici. Auch wies er den Vorwurf zurück, ein nicht gewählter Bürokrat zu sein. "Wir sind Politiker, die vor dem EU-Parlament verantwortlich sind, so wie die Minister eines Landes vor ihrem Parlament verantwortlich sind", sagte er.

Unterstützung für Italien kam indes von der Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie sprach gegenüber der Turiner Tageszeitung "La Stampa" von einem politisch motivierten Verfahren und argumentierte, dass Frankreich jahrelang die Drei-Prozent-Defizitschwelle überschritten habe. "Trotzdem behandelt die EU-Kommission (Frankreichs Präsidenten Emmanuel) Macron mit Samthandschuhen und garantiert ihm große Flexibilität. Sie zeigt dagegen eine übertriebene Strenge mit Italien, weil die Populisten in Rom an der Macht sind. Wenn die italienische Regierung beweist, dass man mit dem Ende der Sparpolitik die Wirtschaft in Bewegung bringt und die Arbeitslosigkeit drückt, wird in Brüssel die Welt untergehen. Dies bedeutet, dass sie in Brüssel verloren haben."

Le Pen zeigte diesbezüglich auch Verständnis für die harte Haltung der Rechtsregierungen von Ungarn und Österreich gegenüber Italien. Beide Länder seien nämlich wirtschaftlich von Deutschland abhängig und würden dem "D-Mark-Raum" angehören. "Ich kritisiere nicht Viktor Orban und Sebastian Kurz, weil sie die Interessen ihrer Nationen vertreten. Doch am Schluss werden sie begreifen müssen, dass der Euro mehr eine politische als eine wirtschaftliche Schöpfung ist. Wir müssen die Regeln ändern."

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