APA - Austria Presse Agentur

Webers EVP-Treffen mit Orban ohne Annäherung

Gut zwei Monate vor der Europawahl droht weiter eine Spaltung der konservativen Europäischen Volkspartei. Im Streit um einen möglichen Ausschluss der ungarischen Fidesz-Partei gab es bei einem Gespräch zwischen dem EVP-Spitzenkandidaten, Manfred Weber, und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am Dienstag keine nennenswerte Annäherung.

"Wir bleiben weiter im Gespräch", sagte Weber (CSU) nach dem Treffen in Budapest mit dem rechtsnationalen Regierungschef. Es sei ein konstruktiver Austausch gewesen, der viele Fragen berührt habe.

Kritiker werfen Orban vor, in Ungarn seit Jahren Demokratie und Rechtsstaat auszuhöhlen, kritische Medien zum Schweigen zu bringen und die Opposition durch Repressalien wie willkürliche Geldstrafen zu schwächen. Zuletzt erregte eine Plakataktion gegen den von der EVP gestellten EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker Unmut in der Parteienfamilie. Würde die Fidesz aus der EVP herausbrechen, erlitten Webers Ambitionen, nach der Europawahl Ende Mai EU-Kommissionschef zu werden, jedoch einen herben Rückschlag.

Während der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, und andere in CDU und CSU auf ein Zeichen Orbans hofften, trotz aller Differenzen in der EVP bleiben zu wollen, forderten die Grünen Weber zu Härte gegenüber Orban auf. "Manfred Weber muss Viktor Orban unmissverständlich klarmachen, dass die europäischen Werte für alle Mitgliedsländer gleichermaßen gelten", sagte der Spitzenkandidat der deutschen Grünen für die Wahl, Sven Giegold, der Deutschen Presse-Agentur.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ erkennen, dass auch sie beim EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel das Gespräch mit Orban suchen wolle. Sie sagte am Dienstag in Berlin, das Problem sei aber zunächst eine Parteiangelegenheit. Aber natürlich sei sie mit allen Regierungschefs im Gespräch, voraussichtlich auch beim nächsten EU-Gipfel.

Der EVP-Vorstand wird nächste Woche Mittwoch über den weiteren Umgang mit Orbans Partei entscheiden. Bisher haben 13 Parteien offiziell den Ausschluss oder die zeitweise Suspendierung gefordert. Am Ende könnte ein Ausschluss stehen.

Weber selbst betonte nach dem Gespräch am Dienstag erneut, er habe Orban klargemacht, dass die Grundwerte in der EVP nicht verhandelbar seien. Konkret wurde er allerdings nicht: "Wir stehen in einem Dialog. Ich werde das nicht kommentieren, so lange wir diesen nicht abgeschlossen haben." Orban habe aber zugesagt, die jüngste Anti-EU-Plakatkampagne zu beenden.

"Das ist ein erstes, kleines Signal." Aber: "Eine Menge Fragen liegen auf dem Tisch." Es gehe da auch um das größere Bild: Das Europaparlament leite bereits ein Sanktionsverfahren wegen der Gefährdung von EU-Grundwertengegen Ungarn ein, die EU-Kommission verklagte das Land wegen der Verletzung von EU-Recht vor dem Europäischen Gerichtshof.

Dobrindt rief alle Beteiligten auf, "verantwortungsvoll" mit der Situation umzugehen. Orban müsse deutlich machen, dass Fidesz Teil der Parteienfamilie sein wolle. "Die Europäische Volkspartei ist ein hohes Gut", sagte Dobrindt. Allerdings lasse die EVP auch "nicht alles an Sonderwegen" zu. Grundsätzlich gelte es, auf beiden Seiten die Gesprächskanäle offenzuhalten. Es gebe Fragen, die zwischen Brüssel und Ungarn zu klären seien, sagte der CSU-Politiker.

Der Grünen-Europaabgeordnete Giegold sagte: "Es darf keinen Grundrechte-Rabatt aufgrund von Parteimitgliedschaft geben." Als EVP-Spitzenkandidat müsse Weber sich unabhängig machen von seiner CSU, die Orban immer wieder hofiert habe, forderte Giegold. "Von einem möglichen Kommissionspräsidenten muss man erwarten können, dass er europäische Grundwerte hart durchsetzt, egal von welcher Partei."