Welserin 71 Tage in der Türkei inhaftiert

Die Frau wurde vor ihrer Festnahme telefonisch angezeigt
Eine kurdischstämmige Welserin ist im Herbst für 71 Tage in der Türkei in Haft gewesen. Man warf ihr vor, bei der PKK zu sein - angeschwärzt war sie offenbar durch einen Anruf aus OÖ worden, wie Hülya Y. am Mittwoch in einer Pressekonferenz auf Einladung der Welser Grünen schilderte. Als sie freigelassen wurde, sah sie sich plötzlich auch daheim mit Terror-Ermittlungen konfrontiert.

Im August sei sie in die Türkei gereist, um ihre kranke Mutter zu besuchen. Vier Wochen habe sie fast nur bei dieser im Spital verbracht - in der Türkei ist es durchaus üblich, dass Patienten im Krankenhaus von Angehörigen betreut werden. Beim Heimflug wurde sie dann am 8. September in Izmir festgenommen. Ihre Töchter durften ausreisen, sie kam aber in U-Haft, schilderte Hülya Y.

Als sie nach Vorwürfen fragte, habe man ihr unterstellt, sie sei eine bedeutende Terroristin. Sie sei verdächtigt worden die "PKK-Obfrau von ganz Österreich" zu sein, man habe von ihr Namen von PKK-Mitgliedern wissen wollen und sie beschuldigt, in der Türkei Geld für die Terrororganisation gesammelt zu haben - obwohl sie fast die gesamte Zeit im Spital verbracht habe.

Die türkischen Beamten haben ihr gesagt, sie sei drei Tage vor ihrer Festnahme telefonisch angezeigt worden, wobei der Anruf aus Wels gekommen sei. Wer sie angeschwärzt haben könnte, kann sich die Kindergartenhelferin nicht vorstellen. Die Frau, die seit 1993 in Österreich lebt und seit 2003 die Staatsbürgerschaft hat, engagiert sich nach eigenen Angaben stark für Menschenrechte, hat an Demos teilgenommen und sich u.a. beim Mesopotamischen Kulturverein engagiert. Einen Bezug zur PKK gebe es aber nicht.

Nach drei Tagen U-Haft kam sie in ein Rückkehrzentrum, wo sie weitere 68 Tage in Schubhaft bleiben musste. Die Bedingungen seien dort noch schlechter gewesen als in der U-Haft, berichtete Hülya Y. "Dort gibt es keine Hygiene. Ich hatte keine Bettwäsche, nur eine schmutzige Decke", es gebe kein warmes Wasser, keine dringend benötigten Medikamente, keine Milch für Kinder. Als sie sich beschwerte, sei sie zweimal für einige Tage in Einzelhaft gekommen, sie sei auch geschlagen worden. Die türkischen Behörden hätten ihr schließlich sechs Monate Schubhaft aufgebrummt. Ihr Anwalt, den ihre Eltern organisiert hatten, habe aber erreicht, dass sie früher wieder nach Österreich zurückgeschickt wird. Allerdings hat sie derzeit ein Einreiseverbot für ein Jahr.

Enttäuscht ist sie auch von den österreichischen Behörden. Von der Botschaft habe niemand mit ihr Kontakt aufgenommen, während sie in Haft war, schilderte der Extremismus-Experte Thomas Rammerstorfer, der sie in der Pressekonferenz unterstützte. Dafür sei sie nach ihrer Rückkehr nach Österreich vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vorgeladen worden. Verdacht: Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Es sei "widerwärtig", dass Österreich "jemanden, gegen den nicht einmal die türkischen Behörden etwas gefunden haben, zu kriminalisieren versucht", ist Rammerstorfer empört.

Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Wels bestätigte man ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Es gebe auch bereits einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft, zum Inhalt könne man aber noch nichts sagen bis diese entschieden hat.

Laut Rammerstorfer sind derzeit fünf Österreicher in der Türkei in Haft: Neben dem Journalisten Max Zirngast noch eine Mutter mit zwei Töchtern im Alter von 18 und 22 Jahren aus Wien sowie ein Linzer Unternehmer.

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