APA/HELMUT FOHRINGER

Ein Kochtopf brachte angebliche Dschihadisten in Erklärungsnot

Männer sollen es auf Christkindlmarkt abgesehen haben. Doch Gericht sieht "keinen dringenden Tatverdacht", Verdächtige wurden enthaftet
Elisabeth Holzer-Ottawa Elisabeth Holzer-Ottawa Michaela Reibenwein Michaela Reibenwein

Geplante Anschläge auf Christkindlmärkte – in Wien, Salzburg und international: Was der verurteilte Dschihadist Sergo P. mit zwei tschetschenischen Bekannten geplant haben soll, klang abenteuerlich. Zwei Monate später sind die beiden angeblichen Komplizen Alik B. und Ahmed A. wieder auf freiem Fuß.

Das Oberlandesgericht Graz beschloss, sie noch am Montag zu enthaften. Denn von den Indizien blieb nicht viel übrig.

Was die Ermittler unter anderem als verdächtig einstuften, klingt kurios: Bei einer Hausdurchsuchung fanden sie einen Kochtopf. Der, so die Befürchtung, könnte zum Bau von Nagelbomben verwendet werden. Das sah das Oberlandesgericht anders. Es handelt sich um ein Behältnis für eine kaukasische Speise.

Ebenfalls verdächtig: Ahmed A. kaufte Ende November Frostschutzmittel. Ein halbe Flasche davon lag noch in seinem Auto. Das konnte der Richter erst gar nicht nachvollziehen. Es sei daraus kein belastender Hinweis zu entnehmen.
Und auch, dass im Staubsaugerbeutel eine geringe Menge Nitroglycerin enthalten war, lässt keinen Tatverdacht zu – das kann nämlich von Medikamenten stammen.

„Das kommt teuer“

Die Rechtsanwälte Florian Kreiner und Wolfgang Blaschitz betonten von Anfang an, dass es keine Hinweise auf einen Anschlag oder IS-Sympathien gebe. „Trotzdem musste mein Mandant zwei Monate lang in Untersuchungshaft bleiben“, ärgert sich Kreiner. Er verpasste dadurch unter  anderem die Geburt seines vierten Kindes. Anwalt Blaschitz bereitet bereits entsprechende rechtliche Schritte vor: „Das wird die Republik teuer kommen.“


Ins Rollen brachte den Fall ein Mithäftling von Sergo P. in der Justizanstalt Hirtenberg. Der erzählte den Ermittlern, dass der verurteilte Dschihadist entsprechende Pläne wälze. Mit der Hilfe von zwei Landsleuten wolle er aus dem Gefängnis flüchten und entsprechende Anschläge durchführen.
Was stimmte: Sergo P. war tatsächlich mit Landsleuten in Kontakt. Darunter auch mit dem 31-jährigen Alik B. und dem 25-jährigen Ahmed A. Sie standen in telefonischem Kontakt – wie Sergo P. in Haft in Besitz eines Handys kam, ist unklar.


Die Männer kannten einander aus der Community. Ahmed A. lernte den verurteilten Dschihadisten bereits als Jugendlicher in einer Unterkunft für Asylwerber kennen.  Er besuchte Sergo P. auch in Strafhaft. Doch die Sympathien für den Islamischen Staat teilte er nicht mit seinem Jugendfreund. Zumindest fand sich kein Hinweis dazu.


Allerdings fand sich bei einer Hausdurchsuchung ein gefälschter rumänischer Führerschein, lautend auf den Namen von Sergo P. Doch das reicht nicht als Hinweis auf die gemeinsame Planung von Sprengstoffanschlägen, urteilte das Oberlandesgericht.  Eher deute die Datenauswertung darauf hin, dass Sergo P. aus dem Gefängnis heraus mit gefälschten Urkunden gehandelt haben könnte.


Allerdings könnte der Zweck des gefälschten Dokuments auch ein ganz anderer sein: Sergo P. hatte bereits bei seiner zweiten Gerichtsverhandlung angekündigt, Österreich verlassen zu wollen und in ein muslimisches Land reisen zu wollen.

Sergo P. wurde bereits zwei Mal verurteilt

Kurier/Franz Gruber

Sergo P. hatte zwei Mal versucht, nach Syrien zu reisen und sich dem IS anzuschließen. Doch beide Male scheiterte er – und wurde in Österreich verurteilt. Seine Frau ist eine der wenigen Vollverschleierten in Österreich, seinem Sohn gab er den Namen Osama. Er sprach  sich für die Einführung der Scharia in Österreich aus – und missionierte in Haft.  „Hier habe ich den Stempel, dass ich ein Terrorist bin“, beklagte er in einem Prozess.