Ars electronica Festival /Indiara Di Benedetto

Ars Electronica: Gärtnerei und Multitasking im digitalen Raum

Noch bis Sonntag lädt das Linzer Medienkunstfestival in "Keplers Gärten" ein - vorrangig online.
Michael Huber Michael Huber

Das Ars Electronica-Festival ist im Covid-Jahr 2020 ganz anders - wegen des eingeschränkten Live-Programms in Linz ist die Veranstaltung kleiner, wegen der Online-Einbindung von 120 Partnern aus aller Welt aber zugleich größer als gewohnt geworden. Internationale Besucherinnen und Besucher hat das Festival heuer offiziell gebeten, auf das Programm zahlreicher Streams und Videokonferenzen zurückzugreifen; Interessierte, die nach Linz kommen, müssen vorab Tickets kaufen, um Menschenansammlungen vor Ort zu vermeiden. Das Kernprogramm in Linz findet am Campus der Johannes Kepler Universität statt, weitere Linzer Institutionen wie die Kunstuni oder das Ars Electronica Center sind ebenso eingebunden.

Bei einem  "Rundgang" durch den größeren Rahmen des Festivals - die Events und Angebote im Internet - stellt sich bald ein Gefühl ein, das Ars-Electronica-Besuchern vergangener Jahre wohl vertraut ist: Die sensorische und intellektuelle Überforderung, aus der sich nach und nach interessante Denkanstöße und Kunstprojekte herauskristallisieren, gehört zur Ars-Experience irgendwie dazu.

Die Website des Festivals lässt während der Laufzeit des Events die Live-Teilnahme an vier Programmsträngen zu. Ein "Selection Channel" bietet einen Überblick, ein "New World"-Channel widmet sich täglich Schwerpunktthemen von Aktivismus bis zum Kunstmarkt in Corona-Zeiten, ein "Garden Channel" stellt Beiträge von Kunstschaffenden und Partner-Institutionen aus aller Welt vor, ein "Voyages Channel" führt zu Vorträgen und Kunstprojekten in Linz und anderswo. Bei einem Medientermin rechnete der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) vor, dass man bis Weihnachten täglich acht Stunden schauen könnte, würde man das gesamte Online-Programm konsumieren wollen.

Kanäle und Pfade

Orientierung bietet da etwa das "Highlights"-Programm, das nach Art eines Reiseführers auf Beiträge aus spezifischen Partner-Orten verweist. Aus Slowenien kommt da etwa ein Video, in dem mithilfe von Artificial-Intelligence-Mechanismen eine Art virtuelles Gesicht generiert wird. Durch teils absurde Begriffe als "Ausgangsmaterialien" wollen die Künstlerinnen und Künstler veranschaulichen, dass das menschliche Gesicht und seine Erkennung zu einem Ort geworden ist, auf dem digitale Machtkämpfe ausgefochten werden.

Die Metapher des "Gartens" scheint im Programm allgegenwärtig, sie steht für die zunehmende Annäherung von technologischen und organischen Prozessen, aber auch für die Möglichkeit des Individuums, zu gestalten. Die fehlende Möglichkeit, solche Prozesse auch im realen Raum erfahrbar zu machen, wird im Rausch der Zoom-Gespräche und Telepräsenzen freilich auch schmerzhaft spürbar. Auf dem Weg, den Begriff des "Festivals" ohne Verdichtung von Menschen und Dingen an einem Ort neu zu definieren, gelingt der Ars Electronica aber immerhin die inhaltliche Verdichtung.