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Impfstoffkrieg: EU-Kommission droht Großbritannien und AstraZeneca

Während in Europa Lieferungen fehlen, will Russland sein Vakzin Sputnik V auch in Europa produzieren: Den Anfang macht Italien
Andreas Schwarz Andreas Schwarz

Jetzt droht zwischen der EU und Großbritannien ein Impfstoffkrieg: Wegen des Mangels an Corona-Impfstoff in der Europäischen Union brachte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Wochenende weitere Exportbeschränkungen vor allem gegen den Produzenten Astra Zeneca sowie gegen Großbritannien ins Spiel. Eine Entscheidung soll beim EU-Gipfel Ende der Woche fallen. Auch die Möglichkeit für direkte Impfstoff-Spenden der EU an ärmere Länder sieht von der Leyen derzeit nicht.

Ursula von der Leyen droht Großbritannien und AstraZeneca

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Laut Kommission wurden seit Februar mindestens 41 Millionen Dosen Impfstoff aus der EU exportiert, obwohl hier Impfstoff fehlt und Impfungen nur langsam vorankommen. Zehn Millionen Impfdosen gingen allein nach Großbritannien. „Ich kann europäischen Bürgern nicht erklären, warum wir Millionen Impfstoffdosen in Länder exportieren, die selbst Impfstoff produzieren – und von denen nichts zurück kommt“, sagte von der Leyen der Funke-Mediengruppe.

Der britisch-schwedische Hersteller Astra Zeneca habe im ersten Quartal nur 30 Prozent der vereinbarten Menge geliefert. „Wir haben die Möglichkeit, einen geplanten Export zu verbieten. Das ist die Botschaft an Astra Zeneca: Du erfüllst erst deinen Vertrag gegenüber Europa, bevor du beginnst, in andere Länder zu liefern.“

In London löste die Drohung Empörung aus. Laut Financial Times habe Premier Boris Johnson von der Leyen im vertraulichen Gespräch vor einem Impfstoffkrieg gewarnt. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller wandte sich in der Ärztezeitung gegen einen EU-Exportstopp, weil dies „die ganze Logistikkette ins Straucheln“ bringen könnte. Zuvor hatte der britische Telegraph gemeldet, Pfizer/Biontech beziehe wichtige Zutaten für die Produktion in der EU aus Großbritannien ...

Test in Rom

Unterdessen ist in Italien bereits der Bau der ersten europäischen Produktionsstätte für den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V geplant – und zwar noch vor der Zulassung des Vakzins durch die Europäische Arzneimittel Agentur (EMA). Der russische Staatsfonds RDIF und der Schweizer Pharmakonzern Adienne wollen die Produktion im Juni in der Lombardei starten. Im römischen Krankenhaus „Lazzaro Spallanzani“ sollen in einigen Tagen Tests mit dem russischen Impfstoff beginnen.

"Sein" Sputnik-Impfstoff wird in Europa als Alternative angeboten - derweil urlaubt Wladimir Putin in der sibirischen Taiga

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Für die Zulassung bei der EMA hat es aber noch gar keinen Antrag gegeben, wie EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Freitag skeptisch sagte. „Bisher ist Sputnik in der ,rollenden Überprüfung’ seiner Daten ... Ein guter Impfstoff hat keine Nationalität, aber er muss wirksam und sicher sein.“ Wissenschafter bescheinigen dem Impfstoff allerdings eine Wirksamkeit von 92 Prozent.

Auch der RDIF rechnet mit einer Zulassung erst nach Juni. Dann könne man innerhalb von drei, vier Monaten etwa 100 Millionen Dosen in der EU liefern. Russland erwarte, dass nach Ungarn weitere EU-Staaten Sputnik V direkt zulassen könnten, unabhängig von der EMA-Entscheidung. „Diesen Ländern könnten wir Impfstoffe noch im April senden.“

Russland plant noch weitere Produktionsstätten in Europa, etwa in Frankreich und Deutschland. Auch Österreich wurde vor Wochen über Möglichkeiten zur Sputnik-Herstellung „informiert“.

- Andreas Schwarz

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