REUTERS/ALEXANDER NATRUSKIN

Chinas Ex-Staatschef gestorben: Von Xi mit aller Härte entmachtet

Chinas ehemaliger Staatschef Jiang Zemin ist mit 96 gestorben. Xi Jinping zerstörte das Netzwerk seines Vorgängers
Konrad Kramar Konrad Kramar

Jiang Zemin ist tot. Er hatte lange Mühe, als großer Führer in die Geschichte eingehen zu können. Er war 13 Jahre Chinas Staatsoberhaupt und Vorsitzender der Kommunistischen Partei. Doch war er nie für seine Visionen bekannt, sondern wirkte eher als Sachverwalter und Kompromissfigur verschiedener Strömungen in der Partei.

Späte Macht

Erst nach dem Wechsel 2002 zur Führungsgeneration mit Hu Jintao an der Spitze schien Jiang Zemin den Höhepunkt seiner Macht erreicht zu haben: Lange zog er als „starker Mann“ im Hintergrund die Fäden. Jetzt ist er im Alter von 96 Jahren gestorben, wie staatliche Medien am Mittwoch berichteten.

Neigte zur Eitelkeit

REUTERS/STRINGER

Im Gegensatz zu anderen chinesischen Spitzenpolitikern, die sich nach ihrem Abtritt aus der Öffentlichkeit zurückzogen, genoss der zur Eitelkeit neigende Jiang Zemin weiter das Rampenlicht. Er sei „auf eine Weise der erste moderne Präsident Chinas“ gewesen, schrieb Willy Lam, Autor einer Biografie über den Politiker: Wegen seiner Fähigkeit, „die Medien zu seinem Vorteil zu manipulieren“

Posierte mit jungen Mädchen

Nach seinem Rückzug aus dem Amt 2002 ließ sich Jiang Zemin mit jungen Mädchen an der Uferpromenade Shanghais ablichten, setzte seine Inspektionsbesuche im Lande wie früher fort und nahm zum Verdruss seines Nachfolgers Hu Jintao weiter Einfluss auf wichtige Personalentscheidungen. Doch nach dem nächsten Generationswechsel 2012 zum heutigen Staats- und Parteichef Xi Jinping brachte ihm diese Strippenzieher-Rolle Ärger ein.

Anti-Korruptions-Kampagne


Die Anti-Korruptions-Kampagne des neuen Präsidenten, der sich gegen Widerstand in der Partei wehren musste, zielte auch auf das bis hoch in die Militärspitze reichende Netzwerk von Jiang Zemin. 2015 kritisierte das Parteiorgan „Volkszeitung“ nicht näher genannte „pensionierte Führer“, die sich an die Macht klammerten und weiter einmischten, was als Botschaft an Jiang Zemin verstanden wurde.

Gerüchte über Tod


In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Gerüchte über seinen Tod. Umso mehr Bewunderung weckte Jiang Zemin, wenn er trotz seines hohen Alters wieder quicklebendig auftrat. Beim Parteitag 2017 verfolgte er auf dem Podium mit einer großen Lupe die dreistündige Rede von Staats- und Parteichef Xi Jinping über den „Sozialismus für eine neue Ära“. Er schien aber Langeweile oder gar Respektlosigkeit zu zeigen, indem er mit weit geöffnetem Mund gähnte oder wiederholt auf die Uhr schaute, was noch zu seiner Popularität beitrug.

 

Für dich ausgesucht