Nancy Pelosi fordert Trump heraus

REUTERS/Kevin Lamarque

Nancy Pelosi: Die Frau, die Donald Trump die Grenzen aufzeigt

Die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses ist die stärkste Gegenspielerin des Präsidenten. Was hat sie so zäh gemacht?
Karoline Krause-Sandner Karoline Krause-Sandner

Donald Trump wird am 29. Jänner nicht, wie geplant, seine traditionelle Rede zur Lage der Nation halten. Nicht im Kongress, wo das sonst üblich ist, und auch an keinem Ausweichort. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte die Einladung an den US-Präsidenten am Mittwoch zurückgezogen.

Am Abend desselben Tages gab der Präsident auf seinem gewohnten Verlautbarungsorgan Twitter bekannt, dass er die Rede zur Lage der Nation halten wird, wenn der Shutdown endlich überstanden ist.

Etappensieg für Trumps Gegenspielerin. Die 78-jährige langjährige Fraktionschefin der Demokraten hat damit dem Präsidenten gezeigt, wer im Kongress das Sagen hat. Seit den Midterm-Elections im November, hat die Demokratische Partei im Abgeordnetenhaus wieder die Mehrheit (im Senat die Republikaner).

Als "Madam Speaker", wie die Sprecherin des Repräsentantenhauses offiziell genannt wird, ist Pelosi die Nummer Drei hinter Präsident und Vize-Präsident - und somit die mächtigste Frau der US-Politik.

 

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Und Pelosi nutzt diese Macht nun offenbar, um Donald Trump in die Schranken zu weisen. Mit der De-facto-Ausladung aus dem Kongress setzte die Demokratin ein Statement. Dafür hat sie allerdings schon ihren Preis gezahlt. Denn als Pelosi Trump vergangene Woche drohte, ihm keine Plattform für seine Rede zu bieten, strich der Präsident ihr eine siebentägige Auslandsreise nach Brüssel, Ägypten und Afghanistan - eine Sparmaßnahme, wie er sagte.

 

Nancy Pelosi wird sich nicht unterkriegen lassen. Dafür ist die 78-Jährige schon zu lange im Geschäft. Sie stand der Kongresskammer bereits von 2007 bis 2011 vor, zu Beginn unter George W. Bush. 2008 nannte Pelosi den damaligen Präsidenten Bush einen "Totalversager". Doch kürzlich gab sie gegenüber "USA Today" zu, dass sie in der heutigen Zeit eine gewisse Nostalgie gegenüber dem früheren republikanischen Staatsoberhaupt überkomme. "Keine Frage", sagte sie, dass es mit Trump jetzt "anders" sei als mit Bush.

Die größten Differenzen mit George W. Bush hatte sie in Sachen Irakkrieg, doch man "ging respektvoll miteinander um". Bei dem Budgetstreit zwischen Demokranten und Donald Trump hingegen scheinen viele Tabus gefallen zu sein. Im Dezember sagte Pelosi etwa nach einem Treffen im Weißen Haus, für Trump sei die Grenzmauer zu Mexiko "ein Ding von Männlichkeit". Dann fiel das Land in einen Shutdown, weil sich Präsident und Kongress auf kein Budget einigen konnten. "Ich versuchte, Mama zu spielen. Wenn du dich auf einen Pinkel-Wettbewerb mit einem Stinktier einlässt, dann bist du am Ende voll mit Pisse."

In diesem Meeting soll Trump mindestens 30 Mal "Mauer" gesagt haben

APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI

An Nancy Pelosi kann man sich die Zähne ausbeißen. Diesen Ruf hat sie sich in mehr als 30 Jahren in der Politik hart erarbeitet. Sie ist für ihr Durchsetzungsvermögen gleichermaßen bekannt, wie für ihren Charme. Die strenge Miene setzt sie ebenso bewusst ein wie ihr charmantes Lächeln. Dem Zufall überlässt Pelosi nichts.

Die langjährige Fraktionsvorsitzende ist bekannt für die strenge Führung ihrer Fraktion. Politisch gilt sie als "extrem liberal", doch was ihre Arbeit als Chefin angeht, wird ihr die "Eiserne Lady" nachgesagt. In ihrer früheren Amtszeit als Vorsitzende des Kongresses waren etwa Leihstimmen für Anliegen der gegnerischen Partei verpönt. Sie kannte alle Abgeordneten so gut, dass sie gleichsam Abstimmungsergebnisse vorhersagen konnte.

Nach dem Teilsieg der Demokraten bei den Midterm-Elections - die den Kongress auch beachtlich weiblicher machten - war Nancy Pelosi die logische neue "Madam Speaker". Dass sich auch in ihrer eigenen Partei viele eine jüngere Spitze gewünscht hätten, ließ die 78-Jährige kalt.

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Erst mit 47, als das jüngste ihrer fünf Kinder die Schule beendete, ging Nancy Pelosi in die Politik. Doch ihre politische Erfahrung begann schon Jahrzehnte vorher. Geboren in Baltimore als Nancy Patricia D'Alesandro in eine italienisch-amerikanische Familie, war sie schon früh mit dem Gedankengut der Demokratischen Partei in Kontakt gekommen. Ihr Vater Thomas D'Alesandro Jr. war Kongressabgeordneter und später Bürgermeister von Baltimore

Nancy Pelosi behauptete sich in den späten 80er-Jahren im männerdominierten Washington. Ihre Wiederwahl schaffte sie regelmäßig überzeugend - mit bis zu 80 Prozent.