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Moria-Brand: Van der Bellen für Aufnahme von "Menschen in Not"

Der Bundespräsident zeigt sich erschüttert und appelliert an "Größe und Menschlichkeit".
Andreas Puschautz Andreas Puschautz

Die österreichische Bundesregierung, und dabei vor allem deren türkise Vertreter, gibt sich weiterhin hart und verweigert die Aufnahme von Menschen aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

Gänzlich andere Töne schlug hingegen Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Donnerstagnachmittag an. Auf Facebook und Twitter veröffentlichte er eine wortgleiche Nachricht, in der er sich deutlich für die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria aussprach.

"Erschütternd"

Europa sollte "ein Kontinent des Friedens und der Menschenrechte sein", schrieb Van der Bellen. Dass in diesem Europa "tausende Menschen, gestrandet auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Folter, jahrelang in menschenunwürdigen Bedingungen hausen müssen", sei erschütternd.
 

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Österreich habe eine lange Tradition, Menschen in Not zu helfen - und die Geflüchteten in Moria, und speziell die unbegleiteten Kinder, bräuchten jetzt unsere Hilfe, fuhr der Bundespräsident fort.

Er sei zuversichtlich, so Van der Bellen, dass Europa und Österreich "die Größe und die Menschlichkeit" haben würden, jetzt das Richtige zu tun: "Es sind genau jene Momente, die wir jetzt erleben, die uns zeigen in welchem Europa wir leben."

"Geschrei nach Verteilung"

Ob sich Van der Bellen mit seinem Appell durchsetzen wird, ist freilich nicht erst seit dem ZiB2-Interview von Außenminister Alexander Schallenberg am Mittwoch fraglich. "Das Geschrei nach Verteilung kann nicht die Lösung sein", meinte Schallenberg in dem Gespräch zu Moderator Armin Wolf.

Sende man Signale aus, dass es eine Hoffnung gebe, nach Europa zu gelangen, würden bald wieder Tausende Flüchtlinge an den Grenzen stehen, so der Außenminister: "Wenn wir das Lager Moria räumen, ist es gleich wieder gefüllt."

Grüner Spagat

Die Grünen sind mit der Ablehnung des großen Koalitionspartners wohl unglücklich, der Koalitionsfriede scheint aber wichtiger.  "Wir sind mit der ÖVP laufend im Gespräch und werden den Druck weiter aufbauen", sagte die Grüne außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic, die am Donnerstag nach Griechenland geflogen war, um sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen.

Doch, "Fakt ist, wir haben aktuell keine Mehrheit im Parlament", sagte Ernzst-Dziedzic. Selbst wenn die Grünen mit SPÖ und Neos für die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria stimmen und damit einen Koalitionsbruch begehen würden, kämen sie gemeinsam auf nur 81 Stimmen, während ÖVP und FPÖ auf 101 Stimmen im Nationalrat kommen, erklärte die Abgeordnete.

Ewa Ernst-Dziedzic

APA/HERBERT PFARRHOFER

"Ich fände es unverantwortlich zu sagen: 'Gut, wir riskieren das trotzdem' und verbauen uns hier die Möglichkeiten, mit dem Koalitionspartner und anderen Stakeholdern zu schauen, was wir akut tun können in der derzeitigen Situation."

In sozialen Medien finden die Grünen mit dieser Position freilich wenig Anklang. Bereits seit Mittwoch wird die kleinere Regierungspartei scharf dafür kritisiert, dass sie damit ihre Werte verrate.

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