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Regierung geht heute in Klausur: Die ersten Details

ÖVP und Grüne gehen am Montag und Dienstag in Klausur und planen Hilfspakete. SPÖ und FPÖ kritisieren die Einmalzahlung.

Die türkis-grüne Regierung wird bei ihrer Klausur kommende Woche weitere Maßnahmen zur Bewältigung der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise auf den Weg bringen.

Die Vorbereitungen dafür laufen seit Tagen, Türkis und Grün arbeiten in Teams und schnüren ihre Pakete. Am Montag startet die Klausur, am Dienstag werden die Ergebnisse präsentiert.

Am Samstag wurden neue Details bekannt:

  • Einmalzahlung für Arbeitslose von 450 Euro
    200 Millionen Euro sind für diese Maßnahme eingeplant
     
  • Familienbonus von 360 Euro pro Kind
    Das gilt für alle Kinder, für die Familienbeihilfe bezogen wird
     
  • Eingangssteuerstatz wird von 25 auf 20 Prozent gesenkt
    Damit wird ein kleiner Teil der geplanten Steuerreform bereits heuer wirksam
     
  • Negativsteuer für geringe Einkommen
    100 Euro pro Jahr für jene, die keine Lohnsteuer zahlen
     
  • Steuerliche Entlastungen für die Land- und Forstwirtschaft
    Details sind noch offen

Ziel sei, das Paket möglichst rasch umzusetzen, um eine Auszahlung im September zu ermöglichen, heißt es aus der Regierung.

Aus dem Kanzleramt wurde am Samstag folgendes Rechenbeispiel kolportiert: Ein Ehepaar mit zwei Kindern (ein Partner in Voll-, einer in Teilzeit) profitiert zunächst einmal mit 720 Euro durch den Kinderbonus (360 Euro mal 2). Zusätzlich beträgt die Entlastung beim Vollzeitgehalt (Annahme: 2000 Euro brutto) 350 Euro, und jener Partner, der in Teilzeit arbeitet, wird mit 100 Euro durch die Negativsteuer entlastet. Macht in Summe 1170 Euro als Einmalzahlung.

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"Nach der Bewältigung der gesundheitlichen Folgen und den Soforthilfen starten wir nun in eine neue Phase. Wir haben immer gesagt, dass wir auch noch mehr Geld in die Hand nehmen werden. Dabei wollen wir all jenen helfen, die aufgrund des Coronavirus vor besondere wirtschaftliche Herausforderungen gestellt wurden", betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Allein die Entlastung durch die vorgezogene Steuerreform bezifferte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) mit 1,6 Milliarden Euro. Ferner sollen die Rahmenbedingungen für Betriebe verbessert werden, indem Eigenkapital attraktiver und Investitionen erleichtert werden, so Blümel.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hob das "Sozial- und Entlastungspaket" hervor, mit dem vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen und Geringstverdiener, Kinder sowie Menschen, die keine Arbeit finden, unterstützt werden sollen.

Zudem förderten die Maßnahmen den Konsum, womit auch den Unternehmen geholfen werde, argumentierte Kogler: "Wir lösen damit Schritt für Schritt die Versprechen ein: Alles was es braucht und niemanden zurücklassen."

SPÖ: "Blanker Hohn"

Von SPÖ und FPÖ ist die angekündigte Einmalzahlung für Arbeitslose in Höhe von 450 Euro mit Kritik bedacht worden. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bezeichnete diese als "blanken Hohn", FPÖ-Sozialsprecherin im Nationalrat, Dagmar Belakowitsch, als "Pflanzerei".

"Mehr als 100.000 Menschen haben aufgrund des Missmanagements der Regierung OHNE Not ihren Job verloren", twitterte Rendi-Wagner: "Jetzt kündigen ÖVP und Grüne eine Einmalzahlung an und reden von 'Nothilfe'." Dies sei "der blanke Hohn" und "erbärmlich", so die SPÖ-Vorsitzende.

Die angekündigte Einmalzahlung für Arbeitslose in Höhe von 450 Euro sei eine "Pflanzerei" und mache rückwirkend 150 Euro pro Monat aus, erklärte Belakowitsch in einer Aussendung: "Damit können die meisten Arbeitslosen nicht einmal ihr Konto abdecken."

Das "misslungene Krisenmanagement" der Regierung habe eine "Rekordzahl an Arbeitslosen" produziert, daher sei es an Türkis-Grün, "nun echte Lösungen für die Arbeitslosen zu präsentieren und keine Almosenpolitik zu betreiben".

Abermals forderten SPÖ und FPÖ die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Letztgehaltes. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch erinnerte daran, dass die SPÖ schon Anfang April einen Antrag auf Erhöhung des Arbeitslosengelds auf 70 Prozent der Nettoersatzrate gestellt habe. Dieser sei aber in der Folge viermal abgelehnt worden. Auch Belakowitsch betonte, dass die Freiheitlichen die Erhöhung - "jedenfalls bis zum Ende dieses Jahres" - mehrmals gefordert hätten.

Arbeiterkammer vermisst Nachhaltigkeit

Ambivalent reagierte die Arbeiterkammer (AK) auf die von der türkis-grünen Regierung vor ihrer Klausur aufs Tapet gebrachten Maßnahmen. Die Einmalzahlung für Arbeitslose sei "gut und schön", meinte AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung am Samstag: "Aber wir brauchen Nachhaltigkeit." Lob fand sie für die angepeilte Lohnsteuersenkung und die Erhöhung der Negativsteuer.

Diese seien die "besten Ansätze, um die Kaufkraft zu erhöhen und damit den Konsum anzukurbeln", so Anderl. Die angekündigte Senkung der Umsatzsteuer auf 5 Prozent für Gastronomie, Kultur und Medien habe hingegen "weniger Effekt" meinte die AK-Präsidentin: "Solche Änderungen führen meist nicht zur entsprechenden nachhaltigen Senkung der Preise und kommen damit bei den KonsumentInnen kaum an." Zudem nütze sie vor allem den großen Unternehmen und weniger den kleinen Lokalbetreibern.

In puncto Einmalzahlung für Arbeitslose merkte Anderl kritisch an: "Die Menschen haben Monat für Monat verpflichtende Zahlungen, die sie erfüllen müssen." Zentrales Ziel müsse die Beschäftigung sein und neben der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit brauche es eine bessere finanzielle Absicherung der Arbeitssuchenden sowie die weitere Sicherung der Kurzarbeit.

Geringverdiener profitieren kaum

Das linke Momentum Institut warnt, dass Geringverdiener von der angekündigten Senkung der untersten Steuerklasse nicht profitieren würden. Sollte die Regierung den Eingangssteuersatz von 25 auf 20 Prozent reduzieren, hätte das unterste Fünftel den Berechnungen zufolge fast nichts davon. Dem Vernehmen nach sind bei der Regierungsklausur kommende Woche aber auch Maßnahmen für diese Gruppe geplant.

Den Berechnungen des Momentum Instituts zufolge würde im untersten Fünftel nur ein geringer Teil (0,5 Prozent) von der Steuersenkung profitieren, im zweiten Fünftel würde ein Drittel leer ausgehen. Darüber liegende Einkommensbezieher könnten dagegen weitgehend voll von der Steuersenkung profitieren. Dies deshalb, weil die volle Entlastung von 350 Euro jährlich erst ab einem Monatseinkommen von 1.808 Euro brutto greifen würde, heißt es in einer Aussendung.

Dem Vernehmen nach plant die Regierung allerdings auch Maßnahmen für Geringverdiener. Details sind aber noch unklar. Im Regierungsprogramm angekündigt haben ÖVP und Grüne jedenfalls den Ausbau des "Kindermehrbetrags" beim Familienbonus. Dieser kommt derzeit nur Alleinverdienern mit geringen Einkommen zu, nicht aber Paaren. Künftig soll er von 250 auf 350 Euro pro Jahr erhöht und an alle Geringverdiener mit Kindern ausgezahlt werden.

Das Momentum Institut schlägt zur Absicherung von Geringverdienern vor, die schon jetzt mögliche Negativsteuer großzügiger zu gestalten und um 100 Euro aufzustocken. Damit würden Geringverdiener bis zu 800 Euro (bzw. 900 Euro mit Pendlerpauschale) jährlich ausgezahlt bekommen. Ebenfalls auf der Wunschliste: Eine höhere Familienbeihilfe und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes.

Hilfe für Gastro und Kultur

Bereits gestern präsentierte die Regierung Details zum ersten Hilfspaket:

  • Mehrwertsteuersenkung auf fünf Prozent
    Befristet bis Jahresende soll die Mehrwertsteuer in den Bereichen Gastronomie, Kultur und Medien: Davon umfasst sind der Verkauf von Speisen und Getränken, sowohl bei alkoholischen als auch bei antialkoholischen Getränken. Daneben sollen auch alle Bereiche der Kunst- und Kulturbetriebe, etwa Theater, Konzerte, Museen und Kinos, profitieren. Ebenfalls inkludiert sollen Zeitungen und periodische Druckschriften sein.

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Die Regierung plant aber nicht nur Entlastung, sondern auch Investitionen mit grüner Handschrift - bekannt ist da aber erst wenig.

  • Mehr für Klimaschutz?
    Dem Vernehmen nach soll zu den angekündigten 300 Millionen Investitionen in den Nahverkehr und den 200 Millionen für den Gewässerschutz noch einiges hinzukommen.

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