APA - Austria Presse Agentur

160.000 HIV-Neudiagnosen in WHO-Europaregion im Jahr 2017

Das WHO-Büro Europa (Kopenhagen) und das EU-Zentrum für Krankheitskontrolle (ECDC/Stockholm) schlagen Alarm: Mit fast 160.000 festgestellten HIV-Neuinfektionen wurde in der WHO-Europaregion mit 53 Staaten im vergangenen Jahr ein neuer Höchststand erreicht. Dies ergab sich aus dem Jahresbericht der Organisationen zu HIV/Aids aus Anlass des bevorstehenden Welt-Aids-Tages am 1. Dezember.

Es handelt sich um den 30. Welt-Aids-Tag, mit dem weltweit Bewusstsein für die Pandemie der Immunschwächekrankheit geschaffen werden soll. "159.420 Neudiagnosen von HIV wurden von 50 der 53 Staaten der Region berichtet. Das ergibt eine Rate von 20 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in der gesamten Region", heißt es in dem Report mit den aktuellsten Daten aus 2017. 2007 waren es beispielsweise noch rund 120.000 Neuinfektionen gewesen, 2013 etwa 140.000.

Die Kernaussagen zu den Trends lauten: Mit den knapp 160.000 Neuinfektionen im Jahr 2017 wurde erneut ein Höchststand registriert. Der Anstieg gegenüber den Vorjahren habe sich aber verlangsamt.

Die positive Nachricht kommt aus vor allem aus Westeuropa (inklusive Österreich): "Die Mitgliedsländer der EU und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EU/EEA) haben einen Rückgang bei der Neuinfektionsrate berichtet. Das ist vor allem auf eine Verringerung der Häufigkeit der Ansteckung bei Männern, die mit Männern Sex haben, um 20 Prozent zurückzuführen. Österreich befindet sich im Vergleich zu relativ vielen Staaten in einer recht guten Position. 2017 wurden laut dem neuen Report 270 HIV-Neudiagnosen gestellt. Das entsprach einer Rate von 3,1 je 100.000 Einwohner. 2013 waren es beispielsweise 294 Neudiagnosen gewesen (3,5/100.000).

Frankreich wies zuletzt beispielsweise eine Rate von 7,8 auf, Deutschland (2016) eine Häufigkeit von 4,2 pro 100.000 Menschen. Hoch ist die Rate beispielsweise in Lettland (18,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner im vergangenen Jahr), sehr gering in der Slowakei und in Slowenien (1,3 bzw. 1,9/100.000). In der EU/EEA-Region wurde 2017 eine Neuinfektionsrate von 5,8 pro 100.000 Einwohner registriert. 2013 waren es noch 6,5/100.000.

Die positive Entwicklung in Westeuropa wird durch das Gesamtbild für die WHO-Region konterkariert. "Der gegenwärtige Anstieg bei den HIV-Neuinfektionen bedeutet, dass diese Region nicht auf dem richtigen Weg ist, die gemeinsamen Ziele von WHO und UNAIDS bis 2020 zu erreichen (90 Prozent der HIV-Infektionen bekannt, 90 Prozent der Infizierten in Behandlung, 90 Prozent der Behandelten mit einer HI-Viruslast unter der Labor-Nachweisgrenze; Anm.)", heißt es in dem Report. Das ist Voraussetzung, um bis 2030 die Pandemie Aids zu beenden. In der WHO-Region Europa müssten dafür bis 2020 die Neuinfektionsraten um 78 Prozent verringert werden.

Hingegen ist die Situation im Osten der WHO-Europaregion extrem besorgniserregend. Von den fast 160.000 registrierten HIV-Neuinfektionen entfielen allein rund 104.000 auf Russland. Knapp 16.000 waren es 2017 in der Ukraine. "Die Neudiagnosen aus zwei Ländern allein (Russland und Ukraine) machten 75 Prozent der Fälle in der WHO-Region aus (...)." In Russland gab es 2017 hingegen 71,1 HIV-Neudiagnosen pro 100.000 Einwohner, in der Ukraine 37,0 je 100.000 Einwohner und in Weißrussland 26,1 pro 100.000 Menschen. Die soziale Lage, der Zustand des Gesundheitswesens sowie Diskriminierung und Stigmatisierung bestimmter sozialer Gruppen (z.B. Drogenabhängige, Homosexuelle etc.) sind bestimmende Faktoren rund um die Ausbreitung von HIV/ Aids.

Die WHO-Region Europa besteht aus 53 Staaten. Dazu zählen die Staaten West- und Zentraleuropas, aber auch Süd- und Osteuropa (darunter Russland) sowie zentralasiatische Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR (z.B. Usbekistan, Tadschikistan, Georgien und die baltischen Staaten). Insgesamt leben in der WHO-Region Europa derzeit rund zwei Millionen Menschen mit HIV/Aids. 20 Prozent der Betroffenen kennen ihren HIV-positiven Status nicht.

"Trotz unserer Anstrengungen schädigt HIV noch immer das Leben so vieler Menschen. HIV verursacht Leid und Krankheit sowie Diskriminierung und Stigmatisierung", wurde EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis in einer Aussendung zitiert. WHO-Europa-Generaldirektorin Zsuzsanna Jakab erklärte: "Man kann nur schlecht über gute Nachrichten sprechen, wenn man wieder mit einem Jahr mit unakzeptabel hohen Infektionszahlen durch HIV konfrontiert ist." "Der Rückgang der HIV/Aids Neudiagnosen ist für die europäische Reaktion auf HIV ein wichtiges Signal, fügte ECDC-Direktorin Andrea Ammon hinzu. Doch die Anstrengungen zum Zurückdrängen von HIV/Aids müssten lauten den Experten noch deutlich verstärkt werden.