Film: Aquaman
Wobei man vorweg festhalten muss: Die von Paul Norris and Mort Weisinger erdachte Comicfigur, die 1941 das Licht der Welt erblickte, ist ohnehin nicht gerade das, was man sich unter einem coolen Superhelden vorstellt. Selbst jüngere Versuche, Aquaman eine Spur ernsthafter zu inszenieren, scheiterten oft an vorgefestigten Meinungen über den - nun ja - etwas peinlichen Weltenretter aus der Tiefe des Ozeans. Überdimensionale Seepferdchen als Reittiere sind da auch nicht gerade eine Hilfe.
Zum Glück für Regisseur James Wan (u.a. Schöpfer der "Conjuring"-Horrorreihe) gibt es aber Jason Momoa: Der aus "Game of Thrones" bekannte Hüne darf Aquaman ein völlig neues Auftreten geben. Lange Haare, lässiger Bart und reichlich Tattoos auf dem muskelbepackten Körper - so funktioniert es mit dem ernsten Blick schon besser. Also wird flugs seine Entstehungsgeschichte - die Königin von Atlantis verliebt sich in einen Leuchtturmwärter - erzählt, und schon geht es in Richtung Weltuntergang.
Denn wie es sich für eine anständige Comic-Verfilmung dieser Tage gehört, wird in "Aquaman" mit optischen Reizen und katastrophalen Aussichten nicht gegeizt. Arthur Curry, so der Name des Helden wider Willen, muss schließlich seinen Anspruch auf den Thron von Atlantis geltend machen, um seinen Halbbruder Orm (Patrick Wilson) vom Krieg gegen die Menschen abzuhalten. Nur hat der bärbeißige Riese so gar keine Lust darauf, schließlich hat die Unterwasserbevölkerung seine Mutter (Nicole Kidman) auf dem Gewissen.
Aber es kommt, wie es kommen muss: Gemeinsam mit der Kriegerprinzessin Mera (Amber Heard) macht sich Curry auf die Suche nach dem legendären Dreizack des ersten Königs von Atlantis, der ihn als rechtmäßigen Thronfolger identifizieren und beim Kampf gegen Orm auf die Gewinnerseite bringen soll. Auf diesem Weg wird nicht nur die Sahara unterwandert oder ein sizilianisches Dorf in Schutt und Asche gelegt, sondern gefühlt alle fünf Minuten eine neue Welt betreten: Der Grund des Ozeans glänzt in schillernden Neonfarben, das versunkene Atlantis erinnert an eine Mischung aus "Star Wars" und "Blade Runner" und die mythische Komponente lässt an die "Herr der Ringe"-Trilogie denken.
Genau hier liegt auch der Knackpunkt des mit zweieinhalb Stunden eindeutig zu lang geratenen Films: So viel Spaß es macht, in die verschiedenen Orte dieser Abenteuerreise einzutauchen, so wenig nimmt einen die sprunghafte Handlung selbst in Anspruch. Ein Bruderkampf um die Vorherrschaft, der völlig unmotiviert wirkt; eine Liebesbeziehung, die sich nicht anbahnt, sondern mit dem Vorschlaghammer durch die Tür knallt; und eine nicht endenwollende Serie an dumpfen Dialogen, bei der man aus dem Augenrollen nicht mehr herauskommt.
Die Vorschusslorbeeren nach den ersten Screenings von "Aquaman" ließen an einen Erfolg auf ganzer Linie glauben. Das Endresultat zeigt aber wohl eine andere Tatsache: Erneut versucht es DC mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor - mehrmals und allen voran Momoa zum Dank geht das sogar auf. Aber letztlich schießt man wieder übers Ziel hinaus. Hier werden Kreaturen und Szenarien fast im Sekundentakt verschenkt, anstatt dass man sie ihre Wirkung entfalten lässt. Immerhin bekommt man den 80er-Jahre Actionheld Dolph Lundgren mit rosafarbenen Haaren zu Gesicht.
Die Leichtigkeit von "Wonder Woman" erreicht Wans Film leider nicht. Aber er kann mit Momoa auf einen Titelcharakter setzen, der die Fans wohl viel verzeihen lässt. Zudem sind etliche Szenen einfach eine Augenweide und gehören sicherlich zum Spektakulärsten, mit dem das Blockbusterkino aktuell aufwarten kann. Vielleicht fühlt sich in einer möglichen Fortsetzung dann nicht nur Aquaman wie ein Fisch im Wasser, sondern auch das diesmal geradezu hanebüchene Drehbuch.
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