APA - Austria Presse Agentur

Bob Dylan war bei seinem Wien-Konzert genervt von den Smombies im Publikum

Nach wenigen Zeilen brach Dylan "Blowin' In The Wind" ab, entzürnt über Handy-Fotografie aus dem Publikum: "We can either play or pose!", so seine wenigen Worte an diesem Abend.

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Bob Dylan ist eben zum Musizieren mit seiner Band nach Österreich gekommen, nicht zum Posieren. Letztes verdeutlichten Durchsagen vor der Show, wonach das Fotografieren und Filmen mehr als unerwünscht seien, ersteres unterstrich die beseelte Darbietung im würdigen Rahmen. Dass "Things Have Changed" den Anfang macht(e), ist seit 2013 (mit ganz wenigen Ausnahmen) in Stein gemeißelt. Es ändert sich eben doch nicht alles.

Vor allem Stücke von den gefeierten Alterswerken erfahren keine radikalen Arrangementveränderungen, die werden Klassikern zuteil. So vertraut wie das Bühnenbild in den vergangenen Jahren geworden ist (ein Vorhang im Hintergrund, altmodische Film-Scheinwerfer über der Band und Dylan hinter dem Klavier), so klangen gestern auch "Pay In Blood", "Early Roman Kings" und "Scarlet Town". Dennoch war die Aufführung gerade von "Scarlet Town" ein Höhepunkt: Dylan lieferte seine Vocals ausnahmsweise stehend ab, eingebettet in roter Farbe und einen Sound, der an ein Westernepos in Cinemascope erinnerte.

"Love Sick" durfte man auch erwarten (immer wieder ein Genuss, wenn Dylan "I'm sick of loooove" in den Saal bellt), ebenso den hochqualitativen Blues der Gruppe um den Gitarristen Charlie Sexton und den Multiinstrumentalisten Donnie Herron, der seine Pedal Steel oft sehr dick auftrug. So wurde "Highway 61 Revisited" kräftig gerockt und gerollt, mit der R&B-Version von "Thunder On The Mountain" hätte Chuck Berry seine Freude gehabt. "Gotta Serve Somebody" holte man aus dem Gospel zum Americana - und Dylans Zeile "well, it may be the devil or it may be the Lord" klang vielleicht nie Furcht einflößender.

Manche Dinge bzw. Songs ändern sich aber doch. Wenn es auf diesem Abschnitt der "Never Ending Tour" auch keinen einzigen gecoverten Evergreen zu hören gibt, erinnerte jedoch die melancholische Fassung von "It Ain't Me, Babe" an Dylans Ausflüge ins Great American Songbook. "Don't Think Twice, It's All Right" sang der 77-Jährige mit kräftiger Raspelstimme und viel Herzblut, am Klavier den Ton angebend, während sich die Band in diskreter Zurückhaltung übte. So gänzlich fremd klang zunächst "Like A Rolling Stone", stellenweise ruhig statt tobend, und doch so wirkungsvoll, wenn Dylan, kaum hatte Tony Garnier zart mit dem Bogen über seinen Contrabass gestrichen, "how does it feel" in den Raum schmetterte.

"Blowin' In The Wind" als erste Zugabe kam geschmeidig, melodisch, regelrecht konventionell. Dann das Sakrileg: Handyfoto - der krampfhafte Versuch, den Moment festzuhalten, statt ihn zu genießen! Der Nobelpreisträger geht an den Bühnenrand, maßregelt den oder die Fotografen, ist auf gut Wienerisch so angefressen, dass er stolpert und beinahe stürzt. Das folgende "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry" macht nur mehr den Eindruck einer Pflichtübung, schnell ist His Bobness verschwunden. Wer am Mittwoch ins Konzerthaus zum zweiten Gastspiel oder am Freitag in die Olympiahalle in Innsbruck pilgert, merke: Dylan ist zum Musizieren hier.