APA - Austria Presse Agentur

Cher kommt als Musical an den Broadway

Eigentlich müsste das doch ein sicherer Hit sein: Die Karriere von Sängerin, Schauspielerin, Mode-Ikone, Unternehmerin und Popkultur-Superstar Cher kommt als Musical an den New Yorker Broadway. Montagabend ist offizielle Premiere, doch der Verkauf für die vorangegangenen öffentlichen Previews verlief schleppend.

Wer das liest, hat sofort Bilder und Songs im Kopf und eine Vorstellung, wie ein solcher Abend aussehen könnte. Eine über 50 Jahre dauernde Karriere hat schließlich von "I Got You Babe", über den "Shoop Shoop Song" bis hin zu "Strong Enough" jede Menge Melodien geliefert. Und Glitter, krasse Kostüme und eine Spur Trash haben noch in jedes der sogenannten "Jukebox-Musicals" gepasst, die eine Biografie entlang der größten Hits eines Stars nacherzählen.

Tatsächlich geht es auch bei "The Cher Show" gut überdreht los. Zu den Klängen von "If I could turn back time" kommt eine Mitte-der-Achtziger-Cher in voller Montur auf die Bühne, schwarze Lederjacke, Netzstrumpfhose und wallende Locken inklusive. Diese Cher, die im Programmheft nur als "Star" geführt wird, wird punktgenau von Broadway-Arbeitstier Stephanie J. Block gespielt, die sich trotz eigener Starqualität auch schon in den Produktionen "Wicked", "9 to 5" und zuletzt "Falsettos" in den Dienst der Sache gestellt hatte.

Ihr zur Seite stehen zwei weitere Cher-Versionen in verschiedenen Altersstufen: Als Teenager, genannt "Babe", verfällt Micaela Diamond im ersten Akt Sonny Bono. Später gibt Teal Wicks die "Lady", die mit genau dieser Ehe hadert und überlegt, Bono zu verlassen. Die Dreier-Besetzung funktioniert gut, immer wieder diskutieren die Chers der unterschiedlichen Altersstufen mit pointierten Dialogen über Männer- und Karrierefragen.

Nach dem knalligen Auftakt mit tanzenden Matrosen und grell leuchtender LED-Wand im Hintergrund ist dann ein großer Teil des erhofften Spektakels erst einmal über die Bühne gegangen und das Musical nimmt sich klug Zeit, aus dem mehr als 70 Jahre dauernden Leben der Cherilyn Sarkisian zu erzählen. Sie selbst hat diese Parade an Hoch und Tiefs abgesegnet, vom Haarspray-Werbespot im Teleshopping bis zur Oscar-Dankesrede für "Mondsüchtig" in den 80er-Jahren. Die Männer kommen und gehen, sanft wird angedeutet, dass Sonny Bono wohl der wichtigste Mann für Cher war, trotz aller Probleme und obwohl er sie jahrelang um das gemeinsam verdiente Geld prellte.

Nach der Pause zerfasert die Story dann etwas, aber unter dem Strich wird die Quintessenz der Frau unter all den bunten Kostümen (für die Show von Bob Mackie entworfen) gut sichtbar. Seit sechs Jahrzehnten hat sie mindestens einen Nummer-Eins-Hit pro Jahrzehnt in den US-Chart - und trotzdem gibt es in dieser stets auf Neue verteidigten Karriere andauernd Männer, die ihr einreden, dass ohne sie alles ein Ende hätte. Natürlich setzt sich Cher darüber hinweg und am Ende ist diese Frauenpower-Message ein wenig zu redundant untergebracht, aber unter dem Strich ist das schlagende Herz des Stücks immer spürbar.

Das ist schon viel für ein umkämpftes Genre, das in den vergangenen Jahren am New Yorker Broadway immer mehr Musicals hervorbrachte - das aber kommerziell längst nicht immer funktioniert. "On your Feet" über Gloria Estefan hielt sich immerhin eineinhalb Jahre, zieht inzwischen als Tourproduktion durch die USA und kommt 2019 nach London, doch laut Branchenmagazin "Variety" hat es am Broadway nie seine mehreren Millionen Dollar Produktionskosten eingespielt. Ein Verlustgeschäft ist auch "Summer: The Donna Summer Musical", das Ende des Jahres nach gerade einmal neun Monaten schließen wird. Deutlich besser läuft es mit mehr als 2.000 Vorstellungen in fünf Jahren für "Beautiful - The Carole King Musical", wohl auch, weil dort der ewige Kreislauf vom Gebrochenwerden und Wiederauferstehen besonders einfühlsam für das vor allem mittelalte weibliche Publikum nacherzählt wird.

Noch ist völlig offen, ob auch für "The Cher Show" Mundpropaganda dafür sorgen wird, dass auch Nicht-Fans anfangen, Tickets zu kaufen. Vor der offiziellen Premiere am Montagabend liefen die am Broadway stets auf mehrere Wochen angesetzten öffentlichen Previews mit rund 70 Prozent verkauftem Haus ziemlich schleppend. Die echte Cher hat ein ums andere Mal ihren Kampfgeist bewiesen, ob aber "The Cher Show" ein kommerzieller Erfolg wird, können erst die nächsten Monate zeigen.