APA - Austria Presse Agentur

Film: Cold War

Der Oscar-prämierte polnische Regisseur Pawel Pawlikowski erzählt in "Cold War" die wunderschön komponierte Geschichte einer Liebe, die im Kalten Krieg Europas dem Untergang geweiht ist. Nach seiner Österreichpremiere bei der Viennale kommt das Drama, das in Cannes den Preis für Beste Regie gewann, nun ins Kino. Man wird in diesem Jahr wohl keinen schöneren Film sehen.

Vier Jahre nachdem er für sein vielschichtiges Porträt der polnischen Nachkriegsgeschichte "Ida" einen Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film gewonnen hat, kehrt der polnische Autor und Regisseur Pawel Pawlikowski mit "Cold War- Der Breitengrad der Liebe" ("Zimna Wojna") zurück in ein zerrissenes Europa. Joanna Kulig und Tomasz Kot spielen Zula und Wiktor, eine Sängerin und einen Pianisten, die sich 1949 in Polen begegnen, als die leuchtende Zula, bei einer Art "Poland's Got Talent", für einen Folklore-Chor vorsingt, für den Wiktor eine Tournee zusammenstellt.

Die junge Frau verbüßt gerade noch eine Strafe auf Bewährung, weil sie ihren Vater umbringen wollte. "Er hat mich mit meiner Mutter verwechselt, also habe ich ihm den Unterschied mit einem Messer gezeigt", erklärt sie sachlich. Dessen ungeachtet, verliebt sich Wiktor in die schöne Blonde, die bald zum Star des Ensembles wird.

Der kommunistische Verwaltungsbeamte Kaczmarek (Borys Szyc) verspricht, eine Tour durch die Länder des Ostblocks zu fördern, um eine Vision von bäuerlicher Authentizität und den damit verbundenen sowjetischen Werten zu exportieren, aber nur unter einer Bedingung: Könnten sie nicht mehr Lieder über das Wunder der Agrarreform singen? Es dauert nicht lange und die Truppe wird zu einer Propagandamaschine, die glorreiche Oden an Stalin singt. Angewidert will Wiktor bei der ersten Gelegenheit in den Westen auswandern, aber Zula sieht keinen Sinn darin. Sie ist ein Star in Polen. Wiktor flieht, während Zula polnische Volkslieder für den Diktator singt.

Aber die Sehnsucht verschwindet nie, und so werden sich ihre Wege im Laufe des nächsten Jahrzehnts an verschiedenen Orten kreuzen, von Ost nach West, von Warschau nach Paris und darüber hinaus. Sie sind beide, sowohl ihrem Verlangen, als auch ihrer Geschichte ausgeliefert, aber letztendlich ist es weniger der Eiserne Vorhang, der ihrem Glück im Weg steht, sondern der Kalte Krieg zwischen ihren Temperamenten. Der emigrierte Wiktor, inzwischen ein Pariser Jazzpianist, ist für die wilde Zula nur ein langweiliger Schatten des Mannes, der er einst in Polen war. In einer Szene tanzt Zula betrunken zu Bill Haleys "Rock Around the Clock", aber es missfällt ihm.

Eine Amour fou in schwierigen Zeiten, das kennt man aus anderen Geschichten. Aber mit der Zeit und der fluiden Identität Europas ändert sich auch die Musik im Film, von Folklore über Blues bis zum frühen Rock'n'Roll und etwas dubiosem Pop. Pawlikowski schafft eine besondere Dynamik zwischen dem Liebespaar und der aufkeimenden Moderne, die sie umgibt: Im Laufe der Geschichte erscheinen die Volkslieder in einigen Fällen wieder als französischer Jazz, eine Entwicklung, die jener der Figuren entspricht.

Wie schon seinen letzten Film "Ida", hat Pawlikowski seine Liebesgeschichte in schillerndem Schwarz-Weiß und im Seitenverhältnis 4:3 gedreht, was viel näher an einem Quadrat liegt als das für die meisten Filme verwendete Widescreen-Verhältnis. Und es betont ein Gefühl des Verlorenseins.

Beide Schauspieler sind fesselnd in ihren Rollen. Kot ist der kühle Kopf des Dramas und Kulig sein widerspenstiges Herz. Die polnische Bühnen- und Fernsehschauspielerin, die in Pawlikowskis Psychothriller "Die geheimnisvolle Fremde" (2011) an der Seite von Ethan Hawke spielte, ist außergewöhnlich. Der in Warschau geborene Pawlikowski hat sich lose von der turbulenten Ehe seiner verstorbenen Eltern, einem Militärarzt und einer Ballerina, inspirieren lassen und hat gemeinsam mit seinem Kameramann Lukasz Zal etwas geschaffen, das atemberaubend, leidenschaftlich und wehmütig ist.