APA - Austria Presse Agentur

Culture-Clash "Womit haben wir das verdient?"

Wie peinlich können oftmals heimische Komödien ausfallen, die ihre Gags mit einer Pseudoaktualität aufwürzen, diese jedoch nur als willfährigen Hintergrund für Slapstick nehmen. Und wie charmant kann doch eine intelligente Beschäftigung mit den Fragen der Zeit ausfallen, wie Regisseurin Eva Spreitzhofer bei ihrem Spielfilmdebüt "Womit haben wir das verdient?" zeigt. Ab Freitag im Kino.

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Der Geheimnis ihrer Culture-Clash-Komödie ist, keine Seite zu beziehen, keine Sicht zu bevorzugen, sondern sich bei allem Humor und aller Bereitschaft zum Quatsch durchaus mit ernsthaftem Bemühen ihren Charakteren zu nähern. Im Kern geht es um eine mittlerweile schon klassische Patchworkfamilie, an deren Spitze Wanda (die frischgekürte Nestroy-Preisträgerin Caroline Peters) steht, Chirurgin, Feministin, Atheistin. Entsprechend schockiert reagiert sie, als ihr inmitten der Familientherapie mit Exmann Harald (Simon Schwarz) die pubertierende Tochter Nina (Chantal Zitzenbacher) eröffnet, nun Muslima zu sein, halal zu leben und Kopftuch zu tragen.

Als weltoffene Mutter bemüht sich Wanda, nach anfänglichem Widerstand, Informationen über den Islam zu sammeln und Nina - die sich nun Fatima nennt - zu unterstützen, will diese etwa partout nicht mehr in den Schwimmunterricht ohne Burkini. Ebenso ist Hanife (Alev Irmak), die Mutter von Ninas Freundin Maryam (Duygu Arslan), alles andere als begeistert von der Entscheidung der beiden Mädchen, ist für sie doch das Kopftuch Ausdruck der Unterdrückung der Frau und keineswegs verpflichtender Teil des Islam. Und auch in der restlichen Familie rührt sich angesichts der religiösen Thematiken einiges.

Spreitzhofer - bisher selbst vor allem als Schauspielerin und Drehbuchautorin ("Schnell ermittelt") in Erscheinung getreten - setzt in ihrer Erzählung teils auf bekannte Sujets, wenn sie "Womit haben wir das verdient?" in der für das österreichische Kino derzeit schon beinahe obligatorischen Therapiesituation beginnen lässt, der alsbald eine Geburtstagssituation mit Großtisch und Großfamilie folgt, die Woody Allen zu zitieren scheint. Und doch ist ihr leicht konsumierbarer Film das Werk zur Stunde, das in spielerischer Manier die komplexen Fragen der heutigen Gesellschaft anspricht, ohne simple Lösungen parat zu haben.

Ist das Kopftuch Ausdruck der patriarchalen Sicht des Islam oder Akt der Emanzipation von einem sexualisierten Körperbild? Wie verhält man sich im Krankenhaus, wenn Patienten nicht von einer Frau oder nicht von einem Muslim operiert werden wollen? Und darf man ohne Burkini schwimmen gehen, wenn der Bademeister schwul ist? "Womit haben wir das verdient?" ist eine Komödie, die keine der vielen Seiten ernst nimmt und doch keine lächerlich macht.

Da sei manch schauspielerische Klippe verziehen, bleiben die Figuren doch echte Charaktere, nicht nur Abziehbilder. Und nur selten lässt Spreitzhofer als Drehbuchautorin von der feineren Klinge ab, wenn etwa Harald und Wanda in Vollverschleierung durch die Stadt rasen. Immerhin wirft das die Frage auf, ob man der Empfehlung des Polizisten folgen soll, auf dem Weg zu einem Gschnas zu sein, damit man allen Seiten Arbeit erspart. Es ist eben alles nicht so einfach.