APA - Austria Presse Agentur

Cypress Hill beglückten Wien

Es war, als hätte es nie ein Rauchverbot im Gasometer gegeben: In der Wiener Konzertlocation machte sich Dienstagabend ein süßlicher Geruch breit, Rauchschwaden zogen immer wieder an die Decke. Der Grund dafür lag im Gastspiel der US-Hip-Hopper Cypress Hill, seit gut 30 Jahren Protagonisten des Marihuana befürwortenden Sprechgesangs. Und das Quartett lieferte wahrlich eine Machtdemonstration ab.

Was sicherlich keine Selbstverständlichkeit ist für eine Band, deren größte Hits nun doch ein paar Jährchen zurückliegen. Allerdings haben die Rapper Sen Dog und B-Real, live begleitet von Percussionist Eric Bobo und Plattenzauberer Mix Master Mike, allen voran mit ihren Liveshows die Fans bei der Stange gehalten - von erfolgreichen Crossover-Projekten wie Prophets of Rage oder Powerflo mal ganz abgesehen. Dennoch wurde auch beim diesmaligen Aufeinandertreffen zwischen Wortkünstler und Fanbase klar: Es sind die "Hits from the Bong", nach denen das Publikum lechzt.

Dabei gab es zunächst neues Material vom kürzlich erschienenen und aus den Händen von Stamm-DJ Muggs stammenden Album "Elephants on Acid" zu vernehmen. Tracks wie "Band of Gypsies" oder " Put Em in the Ground" können dank verspielter Beats und knackiger Refrains durchaus an die Glanzzeiten anschließen. "Du musst einfach konkurrenzfähig bleiben, deshalb legen wir uns so sehr ins Zeug", ließ Sen Dog vor dem Auftritt im APA-Interview wissen. Der Antrieb sei nach wie vor ungebrochen. "Es macht verdammt viel Spaß, nach all den Jahren noch immer hier zu sein - viele hätten uns das wohl nicht zugetraut. Überraschung, ihr Arschlöcher!", lachte der Rapper.

Weniger überraschend war die knackige Abfolge des Sets vor ausverkauftem Haus: "When Shit Goes Down" vom Erfolgsalbum "Black Sunday" war wie eine Zeitreise in die 90er, verband den schleppenden Groove mit lateinamerikanischen Sounds, während das spät gesetzte "How I Could Just Kill a Man" mit viel Druck dargeboten wurde. Man mag Cypress Hill zwar eher im verrauchten Segment des gereimten Wortes einordnen, dennoch sind gar nicht so wenige Songs mit Gangster-Breitseite ausgestattet. Klassischer Westcoast-Rap eben.

Aber es waren dann doch die Nummern, die im besten Sinne bewusstseinserweiternd wirkten, bei denen die Halle kochte: Im Schlussdrittel gab es bei "Dr. Greenthumb", "Crazy" und "Insane in the Brain" einen kollektiven Freudentaumel, gemindert höchstens durch die immense Smartphone-Dichte. Aber auch für die Party war dann doch noch Zeit, sprang und tanzte das Publikum nach Herzenslust. "Wenn du auf der Bühne stehst, ist das ganz schön überwältigend", freute sich Sen Dog schon zuvor auf den Ausnahmezustand. "Manchmal musst du dich kneifen, es ist schwer zu beschreiben."

Es scheint egal, ob wie zuletzt acht Jahre zwischen zwei Alben liegen, ob Cypress Hill gerade mit einer Single in den Charts vertreten ist - was zuletzt ohnehin seltener der Fall war. Seit Großtaten wie "(Rock) Superstar" hat sich ja die Musikwelt generell ziemlich verändert. "Keine Band will so viel Zeit zwischen zwei Platten liegen haben", meinte Sen Dog. "Zum Glück haben unsere Fans uns aber nie den Rücken zugekehrt. Sie sind verdammt loyal!" Stimmt, und das noch dazu über Generationen hinweg, versammelten sich gestern doch jene, die wahrscheinlich wie die Rapper um die 50 sind, sowie ganz neue Publikumsschichten.

Und sie wurden nicht enttäuscht, ließen Cypress Hill in den fast zwei Stunden doch wenig aus, gaben die amüsant-angriffigen Animateure und erfüllten beinahe jeden Wunsch. Immerhin weiß die Band, was sie an ihren Anhängern hat. "Es ist ja oft so: Hast du einen Hit, dann wollen die Leute den auch hören", nickte dementsprechend Sen Dog. "Da kannst du in deiner Unterwäsche und nur in Socken auf der Bühne stehen, es wäre ihnen egal - so lange der Hit kommt." Und Cypress Hill hat gleich mehrere davon - weshalb am Ende viele glückliche Besucher aus einer verrauchten Halle in die kühle Nacht entlassen werden konnten.