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Dezent, smart und teuer: Die TV-Trends der CES

Spektakulär beschreibt es gut. Auf Knopfdruck fährt aus dem Sideboard ein ausgewachsenes Fernseh-Display heraus. Dabei ist im Sockel von LGs Signature OLED TV R gar nicht genug Platz für den 65-Zoll-Schirm, sollte man meinen. Damit alles passt, wird der Fernseher einfach in dem kniehohen Gehäuse aufgerollt.

Aufgerollt? Ein Fernseher? Kein Scherz. Was LG 2018 noch als Idee präsentierte, ist mittlerweile so weit gediehen, dass die Koreaner es guten Gewissens auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas zeigen: Ein Fernseher, der nur ein Fernseher ist, wenn es sein muss, und ansonsten ein unauffälliges, aber elegantes Möbelstück in skandinavischem Design.

Den Trend zum dezenten Fernsehdesign, den LG unauffälliges Display nennt, verfolgt auch Samsung. Seit zwei Jahren haben die Koreaner mit The Frame bereits einen Fernseher, der wie ein Bilderrahmen aussieht und dekorativ Gemälde anzeigen kann. Mit dem in Las Vegas vorgestellten Micro LED 75 geht es nun einen Schritt weiter. Der aus Modulen zusammengesetzte Fernseher bringt Samsungs Micro-LED-Technik in den Heimbereich. Die Technik mit selbstleuchtenden Dioden bietet hohe Kontraste und tiefe Schwarzwerte bei sehr hoher Gesamthelligkeit. Mit den randlosen Displaybausteinen sind zahlreiche Formen möglich, die sich unauffällig in Räume einfügen.

Was beiden Geräten gemein ist: Genaue Angaben zu Preisen und Verfügbarkeit im Handel gibt es noch nicht. Wirklich bezahlbar für die Massen dürften aber sowohl LGs TV-Rolle als auch Samsungs Micro-LED-Schirm in nächster Zeit nicht sein. Vergleichbar ausgestattete Geräte mit aktueller Technik liegen schnell jenseits der 5.000-Euro-Marke. Und bis derartige Spitzentechnik zur Alltagsware wird, dürfte es noch ein wenig dauern.

Eher im oberen Preissegment angesiedelt sind auch die 8K-Fernseher (7680 zu 3840 Pixel), die LG, Samsung, Sony oder TCL in Las Vegas zeigen. Da Filme in so hoher Auflösung immer noch rar sind, setzen die Hersteller auf viel künstliche Intelligenz für bessere Bilder. Ausgefeilte Technik rechnet Bilder in die höhere Auflösung um. Sie analysiert, was sich auf dem Bildschirm befindet, passt Farbdarstellung und Helligkeit an, glättet Kanten oder erschafft Zwischenbilder für eine rundere Darstellung. Auch beim Ton wird viel Hand angelegt. Sonys neue 8K-Modelle der AG9- und ZG9-Reihen platzieren Ton auf dem Bildschirm da, wo er entsteht, und können etwa Schauspielern ihre Worte förmlich in den Mund legen.

Solche Spitzenhardware macht allerdings nur einen Teil der Entwicklungen aus. Schließlich geht ein Großteil der verkauften TV-Geräte für unter 1.000 Euro zum neuen Eigentümer. Bei Samsung liegt der Anteil dieser Geräte laut Leif-Erik Lindner, Geschäftsführer der deutschen TV-Sparte, bei rund 60 Prozent. Hier kaufen Kunden ihm zufolge immer häufiger die großen Fernseher jenseits der 55 Zoll. Und obwohl günstiger, profitierten auch diese Geräte mit etwas Zeitabstand von immer besserer Bilddarstellung. Im Vergleich zu den Spitzenmodellen müssen Käufer allerdings Abstriche bei Schnelligkeit, Farbdarstellung oder Spitzenhelligkeit machen.

Blickt man auf Software und Bedienung, wird bei den Modellen über alle Preisklassen deutlich: Fernseher sind längst keine reinen Abspielgeräte für das lineare TV-Programm mehr, sondern zentraler Zugangspunkt für alle digitalen Medieninhalte. Die Hersteller bemühen sich - auch als ein Verkaufsargument - darum, möglichst viele Anbieter von TV-Sendern und ihren Mediatheken bis hin zu den gängigen Streamingdiensten gleich ab Werk zu integrieren.

Samsungs neue Smart TVs arbeiten jetzt etwa auch mit iTunes Movies und TV-Serien zusammen, Netflix, Mediatheken und Co. sind längst an Bord. Auch Hisense will 2019 seine überarbeitete Vidaa-Plattform auf Geräte im deutschen Markt bringen. Ebenfalls neu: Apples drahtlose Bild- und Tonübertragung AirPlay 2 erhält Einzug auf neueren Smart-TVs von LG und Samsung, damit auch Videos oder Musik vom iOS-Smartphone auf dem Fernseher landen kann - bisher war dafür ein Apple TV nötig.

Zusammen mit den auf immer mehr aktuellen Geräten integrierten Sprachassistenten Google Assistant oder Amazons Alexa lässt sich dieses Plus an Inhalten gemeinsam mit den vernetzten Geräten im Haushalt auch noch per Sprache steuern. Die ständig weiterentwickelte künstliche Intelligenz im Hintergrund erkennt zum Beispiel, was Nutzer wann auf welchem Kanal sehen, welche Genres sie mögen und was sie nicht gern sehen. Mit solchen Informationen sind bessere Vorschläge für neue Sendungen zum Anschauen möglich.

Das meiste von dem, was die Hersteller als künstliche Intelligenz verkaufen, ist dabei allerdings ein neuer Name für bereits bestehende Funktionen, sagt Klaus Böhm, Leiter Media and Entertainment beim Unternehmensberater Deloitte. Für ihn liegt die Innovation im Bereich der natürlichen Sprachverarbeitung, also dass die Geräte auf normale Sprache hören, statt wie bisher auf relativ starre Kommandos. Erste Schritte dahin sind bereits Realität. Durch Auswertung von Nutzungsdaten verstehen LGs 2019er-Modelle Kommandos wie "Setz die Sendung fort, die ich gestern um diese Zeit geschaut habe".

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