Diese Rasierer-Werbung will Toxic Masculinity bekämpfen

"Boys will be boys": Mit einem neuen Werbespot hinterfragt der Rasiererhersteller Gillette unser Bild von Männlichkeit.

Es mag erst mal befremdlich wirken, wenn große Konzerne plötzlich ihr soziales Gewissen entdecken und gesellschaftliche Debatten, wie etwa jene rund um Feminismus oder Rassismus, dazu nutzen, um ihre Produkte zu verkaufen. Shitstorms sind da quasi vorprogrammiert.

Als Nike 2018 etwa mit dem Footballer und Aktivisten Colin Kaepernick warb, verbrannten Twitter-User aus Protest ihre Nike-Turnschuhe. Trotzdem kam die neugefundene politische Haltung der Firma einer Umfrage zufolge bei vielen Menschen gut an – allerdings, und das ist der überraschende Teil, vermuteten lediglich 45 Prozent der positiv gestimmten Befragten auch aufrichtige Intentionen hinter der Kampagne.

Demzufolge müssen Inhalte also nicht immer authentisch rüberkommen, um befürwortet zu werden. Ungefähr so verhält es sich auch mit dem neuen Werbespot des Rasiererherstellers Gillette.

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Der Rasiererhersteller-Werbespot ist tatsächlich ein echter Tränendrüsendrücker und greift neben aktuellen #MeToo-Nachrichtenmeldungen auch vermeintlich männliches Verhalten am Spiel- und Arbeitsplatz, sowie im Alltag und in Medien auf, das bekanntermaßen nur allzu gerne mit einer oft gehörten, faulen Ausrede gerechtfertigt wird: "Boys will be boys", Jungs sind nun mal Jungs.

Genau da setzt der Spot an: Man glaube an "das Beste im Mann" – ein Slogan, der seit seiner Einführung Anfang der 90er in unserer Köpfen verankert ist und nie wirklich näher definiert wurde.

2019 aber scheint man sich endlich einig darüber zu sein, was das "Beste im Mann" tatsächlich ist: Richtiges Verhalten gegenüber Frauen, das Anprangern problematischer Handlungen anderer Männer und nicht zuletzt das Wahrnehmen der eigenen Vorbildfunktion gegenüber Kindern.

Und natürlich gibt es einen Shitstorm: Empörte Männer rufen dazu auf, ihre Rasierer wegzuwerfen, Gillette zu boykottieren. Dass ein Zweiminüter, der im Grunde genommen nur dazu aufruft, kein Arschloch zu sein, solche Reaktionen hervorruft, legitimiert seine Notwendigkeit umso mehr. Und genau deshalb kann man gegenüber dem Woke-Washing, das Gillette da ein bisschen betreibt, vielleicht ein Auge zudrücken.