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Dieter Bohlen ist der Influencer, den wir verdienen

Ein Jahr nach seinem Instagram-Debüt rekapitulieren wir Dieter Bohlens Aufstieg zum ultimativen Jux-Vlogger.
Franz Lichtenegger

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"Es gibt auf dem ganzen Planeten kein Klo, in das schon so viele Leute reingepieschert haben", berichtet Dieter Bohlen voller Stolz über seine Tonstudio-Toilette. Sie wäre nahezu museumsreif, so viele bekannte Gesichter hätten sich bereits auf ihr erleichtert.

Das stille Örtchen mit der angeblich höchsten Promi-Besucherfrequenz der Erde stellt die Kulisse für eine weitere Folge "Dieters Tagesschau", dem fortlaufenden Video-Format auf Dieter Bohlens Instagram-Account, der ein Jahr nach Inbetriebnahme über eine Million Follower zählt. Wie konnte das nur passieren?

Wir erinnern uns: Am 26. Februar 2018 strandet DSDS-Juror Dieter Bohlen als einer der letzten Menschen überhaupt auf dem sozialen Netzwerk des Teufels, Instagram. Sein Debüt-Posting zeigt ihn auf einem hölzernen Sessel thronend, stilecht mit Pilotenbrille und Sommerschlapfen. "Hallo Instagram #dieterbohlen" betitelt er die Momentaufnahme richtigerweise.

Über ein Jahr später ist Dieter Bohlen quasi die deutsche Antwort auf Britney Spears. Letztere sorgt mit ihrer wunderbar verschrobenen Instagram-Präsenz, die hauptsächlich aus Minions und pointenloser Sketch-Comedy besteht, regelmäßig für Thinkpiece-Wellen, was ihr einiges an (wohlgemerkt: verdienter) Sympathie seitens der Öffentlichkeit einbrachte.

Auch im Fall von Dieter Bohlen scheint sein Social-Media-Auftritt ein Umdenken in den Köpfen der Menschen losgetreten zu haben: Kannte man ihn bislang in erster Linie wegen seiner unbarmherzigen TV-Persona, präsentiert sich auf Instagram plötzlich ein quietschfideler Kindskopf, der wirklich nichts außer Unsinn im Kopf hat. Das heißt, Unsinn, generell Mallorca und vielleicht Joghurt. Oder wie Dieter Bohlen selbst sagen würde: Jughurt.

Ob der "Cheri Cheri Lady"-Hitmaker sein geliebtes "Jughurt" unwissentlich falsch ausspricht, oder ob es sich dabei um eine Bohlen'sche Wortschöpfung handelt, die womöglich auf selbstoptimierende Effekte von Joghurt – daher "You-ghurt" – hinweisen soll, darüber kann man nur mutmaßen.

So oder so: Glaubt man seinem Instagram, löffelt Dieter Bohlen jeden Tag zehn Eimer Joghurt zum Frühstück, sagt dabei Dinge wie "Milch macht müde Männer munter" und wenn er mal zu viel Topfen im Haus hat, klatscht er sich den freudig ins Gesicht. Ihr merkt: Der Mann schwört auf Molkereiprodukte.

Schnell wird einem klar, dass dieser Account vor Life Hacks nur so überschäumt. Neben der Sache mit dem Jughurt wäre da zum Beispiel ein echter Pro-Tipp zum Thema Lebensführung: Man solle sich ein Inhaltsverzeichnis anlegen, in dem man aufschreibt, wo man in zehn Jahren sein möchte. "Macht es, wie ich sage, und ihr werdet Erfolg haben", versichert er dabei und begibt sich damit fast in Yotta-ähnliche Coaching-Gefilde. Stolpern würde einen übrigens nur aufhalten, weiß Dieter Bescheid.

Auch die Hürden des wöchentlichen Lebensmitteleinkaufs werden in Dieters Tagesschau akribisch dokumentiert. "Der größte Scheiß ist schon mal am Anfang: Wer hat einen Euro?", fragt er in völliger Ratlosigkeit darüber, wer heutzutage noch schwergewichtiges Hartgeld mit sich führt. Die Antwort: Dieters langjährige Lebensgefährtin Carina, die hat so was. Carina wurde irgendwann zum Stammgast in Dieters Tagesschau befördert, wird inzwischen sogar namentlich in der Account-Bio erwähnt. "Dieter Bohlen und Carina", liest man da jetzt.

Wenn man dann mit den Worten "Hier wieder euer Torpedo-Dieter" begrüßt wird, oder wenn ein gesichtsmaskierter Dieter Bohlen behauptet, er habe gerade die "Kacke von irgendeinem Orang-Utan" in der Visage, dann dürfte auch der/die Letzte verstanden haben, warum dieser Mann erst kürzlich mit einem echten Award als "Goldener Blogger" ausgezeichnet wurde.

Von all den Schlauheiten, die man sich auf Dieter Bohlens Instagram aneignen kann, ist die wertvollste allerdings die vorherrschende Grundstimmung, nämlich Glückseligkeit in Reinform. "Kuckt euch das mal an, es regnet, aber trotzdem, die Welt ist doch schön, die Welt ist sensationell", beweihräuchert ein maximal ehrfürchtiger Torpedo-Dieter das Sauwetter.

In einer Welt, in der Social Media nur noch ein brennender Müllhaufen ist, übt ein einzelner Mann den Widerstand, indem er sich Schlagobers auf die Augenbrauen spritzt und so tut, als wäre das ein echter Schenkelklopfer. Es sind Bilder wie diese, die einen fragen lassen: Ist Dieter Bohlen des Wahnsinns? Und man kann eigentlich nicht anders, als diese Frage zu bejahen.

Auch wenn er Daniel Küblböcks Verschwinden von einem Kreuzfahrtschiff in einem Pulli mit der Aufschrift "Be One With the Ocean" kommentiert, auch wenn er mit einem problematischen Supertalent-Ausschnitt viral geht, in dem er ein fünfjähriges Mädchen aus Herne mehrmals fragt, woher sie denn nun wirklich komme: Dahinter steckt – sofern diesem Kanal zu vertrauen ist – ein herziger Sport-Opa, der einem nichts Böses will und komplett auszuckt, wenn er einen Sonnenuntergang sieht. Und dafür könnte man Dieter Bohlen fast mögen.