APA - Austria Presse Agentur

Marvin Krens "Freud": "Eine düstere Reise ins Unbewusste"

Der österreichische Regisseur Marvin Kren dreht derzeit die ORF/Netflix-Serie "Freud". "Es ist kein Biopic, es ist eine filmische, düstere Reise ins Unbewusste", beschreibt Kren, der gemeinsam mit Stefan Brunner und Benjamin Hessler auch die Drehbücher verfasste, die Produktion rund um den berühmten Psychoanalytiker im Gespräch mit Journalisten.

Ihm sei viel Freiheit bei der Entwicklung der Serie gewährt worden, sagte der 39-jährige Filmemacher, der zuletzt für die Serie "4 Blocks" mehrere Preise erhielt: "Es ist natürlich spannend, was das jetzt bedeutet, diese absolute Freiheit. Für mich bedeutet das, dass wir hoch pokern und alles daran setzen, eine extrem mutige und aufregende Serie zu machen, von der wir hoffen, dass sie den Zuschauer begeistert."

Die Beschäftigung mit Sigmund Freud sei insofern "sehr generisch", weil er sich als Regisseur schon bisher viel mit abgründigen Figuren beschäftigt habe. "Mit Freud haben wir einen doppelten Blick auf diese Welt. Die Analyse dieser Figuren ist hier noch interessanter, weil sie durch seine Augen passiert." So gut wie jeder komme im Lauf seines Lebens mit Freud in Berührung, auch als Filmemacher begegne man ihm immer wieder. "Deswegen ist es eine unfassbare Herausforderung, man hat großen Respekt vor diesem Mann. Aber diesen Respekt muss man auch irgendwann einmal verlieren, sonst erstarrt man vor der Legende."

Für die Serie wurde eine Zeitspanne gewählt, über die es wenig Dokumentiertes von Freud selbst gebe. "Genau diese Zeit nehmen wir: Der junge Mann, der noch nicht ganz fertig ist. Der all diese Ideen schon hatte, sich aber noch nicht getraut hat, sie auszuformulieren." Freud habe viele seiner Aufzeichnungen bewusst zerstört. "Er wollte ganz klar seine eigene Biografie lenken und seine eigene Legende bilden", sagte Kren.

Zur Vorbereitung auf die Dreharbeiten besuchte der Filmemacher unter anderem einen Hypnotiseur. Obwohl er mit großer Skepsis hingegangen sei, habe dieser es innerhalb kürzester Zeit geschafft, ihn zu hypnotisieren: "Ich konnte mich nicht bewegen. Ich war ausgeliefert und das war beängstigend, die Kontrolle so zu verlieren. Ich wollte sofort da raus. Insofern war das ein ganzer wichtiger Startschuss für diese Show: zu verstehen, was für ein mächtiges Instrument Freud damals in den Händen gehabt hat. Das ist in gewisser Form wie Magie."

Zusätzlichen Druck durch die Tatsache, dass die Serie über Netflix so eine weite Verbreitung finden wird, verspüre er nicht: "Lustigerweise ist das ein extremer Ansporn, es macht mir keine Angst, sondern es kickt mich." Wichtig sei es ihm gewesen, der damaligen Zeit, dem ausgehenden 19. Jahrhundert, gerecht zu werden. "Diese Zeit hatte einen Riss. Die Gesellschaft krankt, deswegen kranken auch die Menschen."

In die Rolle des 30-jährigen Freud schlüpft der österreichische Schauspieler Robert Finster. Die Arbeit am Set sei sehr intensiv, aber auch bereichernd, betonte er. "Ich habe in diesem Projekt so viele Drehtage, wie in meinem restlichen Leben davor zusammen. Also ich lerne gerade wahnsinnig viel."

Auch wenn Kren eine genau Vorstellung von dem habe, was er möchte, hätten die Schauspieler die Möglichkeit, sich einzubringen. "So, dass es eine kreative Symbiose wird und ich nicht zum Erfüllungsgehilfen degradiert werde. Er ist kein Regisseur, der sich Marionetten wünscht - im Gegenteil, er war für alles, was an Inspiration von mir gekommen ist, sehr offen und hat das sehr wertgeschätzt", lobte der 35-jährige Finster.

Unter den Schauspielern machte sich am 73. von 86 Drehtagen Wehmut breit. "Die Stimmung am Set ist seit Tag eins unglaublich gut", erzählte Ella Rumpf (Fleur Salome). "Es wird wirklich traurig aufzuhören." Die 24-Jährige spielt das Medium Fleur Salome - "eine sehr komplexe Rolle, die zu spielen sehr viel Freude bereitet". Auch Georg Friedrich, der den Kriegsveteranen und Polizisten Alfred Kiss gibt, lobte Kren: "Es macht wahnsinnig Spaß. Er macht alles gut."

Teil des Casts ist auch Brigitte Kren, die die ruppige, aber fürsorgliche Hausangestellte Freuds spielt. "Vorbereiten musste ich mich nicht, weil putzen und kochen kann man", scherzte sie. Die Zusammenarbeit mit ihrem Sohn sei "sehr angenehm, gar nicht Mutter-Sohn-artig", erzählte sie. "Ich schätze ihn als Regisseur und er schätzt mich als Schauspielerin."

"Typisch österreichisch" ist an der Serie nicht nur die Sprache, sondern auch das Duo Georg Friedrich und Christoph Krutzler: "Die beiden sind ein kultverdächtiges Kieberer-Gespann", meinte Kren. Krutzler und seine Mutter seien zwei der "markanten, hellen, fröhlichen Figuren. Es darf auch richtig gelacht werden. Der Wiener Schmäh kommt nicht zu kurz."