APA - Austria Presse Agentur

Darum geht es in der neuen Sky-Serie "8 Tage"

Auf der Berlinale ist die Welt schon untergegangen, nun war es auch in Wien soweit: Stefan Ruzowitzkys neue Serie feierte Premiere.

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Das insgesamt achtteilige Format erzählt von den letzten Tagen vor einem drohenden Asteroideneinschlag in Europa. Da heißt es für viele nur noch: "Ich muss die eigene Haut retten", wie Regisseur Stefan Ruzowitzky sagte.

Der Oscar-Preisträger (Die Fälscher) hat sein erstes Fernsehprojekt gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Michael Krummenacher inszeniert. Der Reiz an der Geschichte sei für ihn gewesen, dass er etwas ähnliches noch nicht gesehen hat. "Von einer Welt in dieser Extremsituation zu erzählen, in der sich ja jede Figur bis zum kleinsten Komparsen im Hintergrund befindet, ist ein irre tragfähiges Konzept", betonte er vor dem Screening im Interview mit Journalisten. "Da kommen die Wahrheiten ans Licht."

Konkret bedeutet das: Die vierköpfige Berliner Familie Steiner versucht sich über die eigentlich schon geschlossene Grenze nach Russland zu retten. Ein junges Paar hofft auf in Aussicht gestellte Flugtickets in die USA. Ein Mädchen wird von ihrem Vater im selbst gebauten Bunker eingesperrt, sei doch nur hier Sicherheit garantiert. Und ein an die Ordnung glaubender Polizist muss erkennen, dass ihm genau diese entgleitet. Die Drehbuchautoren Rafael Parente, Peter Kocyla und Benjamin Seiler bringen ein gutes Dutzend Figuren, die von so namhaften Darstellern wie Nora Waldstätten, Devid Striesow oder Henry Hübchen verkörpert werden, an den Rand ihrer Existenz, lassen sie vor- und zurücktaumeln und schaffen etliche Querverbindungen.

"Wir erzählen von einer Welt ohne Konsequenzen", griff Ruzowitzky diese Grundthese nochmals auf. "Morgen ist alles weg! Da blättert ganz schnell der zivilisatorische Lack der Gesellschaft ab. Auch fürs Individuum zeigt sich, ob man einen moralischen Kompass hat, oder ob man nur ein guter Bürger ist, weil man Angst vor der Polizei hat." Diese überhöhte Situation umgelegt auf die Realität, glaubt er nicht unbedingt an die Belastbarkeit seiner Mitmenschen. Da stünde dann das eigene Überleben im Vordergrund. "Das haben wir wohl ganz tief in uns drinnen."

Als Situation des "massivsten Drucks" beschrieb auch Mark Waschke die Herausforderung, der er sich als Familienvater Uli Steiner stellen muss. "Das ist ja kein Trauerfall oder Ehedrama. Nein. Wenn, dann ist es für alle vorbei, und zwar in acht Tagen. Das hat natürlich auch etwas von der mythischen Kraft eines modernen Märchens." Für den deutschen Schauspieler war der Dreh dann auch eine "Tour de Force über mehrere Monate, von einem Gipfel ins nächste Tal und dann wieder hoch".

Wie bei ihm, so gilt auch für Christiane Paul, die seine Ehefrau Susanne spielt: Es geht um bedeutend mehr, als "nur" das Überleben. Sukzessive drängt sich das Zwischenmenschliche in den Fokus - und zwar auf höchst unterschiedliche Weise. Außerdem wurden an das Ensemble etliche körperliche Anforderungen gestellt. Insgesamt sei das eine "Ausnahmesituation" gewesen, so Paul. Sie selbst habe sich etwa mit einem langen Fußmarsch durch Berlin auf die Rolle vorbereitet. "Wie fühle ich mich, wenn ich mal einen halben Tag gehe?"

Ab einem gewissen Punkt beginnen jedenfalls viele Figuren in 8 Tage zu kippen. Ein Umstand, der manche vielleicht an das Zombiedrama The Walking Dead erinnert, in dem letztlich weniger die Untoten als die Überlebenden zum Problem füreinander werden. "Dadurch, dass wir eine äußere Bedrohung haben, gibt es einen Freiraum von moralischer Bewertung", erklärte Paul. "Es stellt sich ja nicht so die Frage, welche Figur moralisch intakt ist. Es geht etwa bei mir darum, dass ich einfach das Leben meiner Kinder retten will." Und die Mittel dafür werden im Laufe der acht Episoden klarerweise verzweifelter.

Etwas relativierend gab sich Waschke wiederum hinsichtlich des realistischen Anspruchs, der in 8 Tage zwischen Apokalypse, korrupten Politiker und sensationsgeilen Medien aufgespannt wird. "Wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen: Wenn wir über Realismus reden, dann dürfen wir auch beim 'Tatort' nicht fragen, warum die nie mit Handschuhen und Ganzkörpervermummung kommen. Es ist einfach ein archaisches Märchen. Wie es genau sein würde, das wissen wir natürlich nicht. Vielleicht bricht die Ordnung schon am ersten Tag zusammen. Oder man macht aus Gewohnheit einfach weiter."

In dieser Hinsicht sei die Serie "eine Setzung", so Waschke. "Genauso wie: Wölfe fressen Großmütter. Es ist einfach besonders zugespitzt." Andererseits genüge ein Blick auf die Nachrichten um zu sehen, wie schnell Dinge eskalieren, betonte Paul. Regisseur Ruzowitzky hat jedenfalls eine ziemlich genaue Vorstellung, was er angesichts des drohenden Weltuntergangs tun würde. "Am gescheitesten wäre es wohl, du setzt dich mit Familie und Freunden in den Garten zum Grillen", antwortete er auf diese Frage lachend. "Einfach noch ein bisschen Normalität genießen."