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Warum die Serie 'Ramy' wichtig ist

Der Comedian Ramy Youssef zeigt in seiner neuen Serie auf eine einfühlsame und witzige Weise, wie es ist, zwischen zwei verschiedenen Kulturen zu leben. Hulu hat bereits eine zweite Staffel angekündigt.
Adisa Beganovic Adisa Beganovic

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Zugegeben, die Serie Ramy ist nicht die erste, die versucht, den Alltag von MuslimInnen einzufangen. Da gäbe es beispielsweise die Sitcom Unfair and Ugly, die Einblicke in die Lebenswelten von amerikanischen MuslimInnen gewähren. Doch Ramy Youssef, der Autor, Produzent und Schöpfer der Serie ist, möchte nicht nur die Comedy-Schiene bedienen. Auf eine einfühlsame und witzige Art zeigt Ramy, dass MuslimInnen Menschen mit Fehlern, Wünschen und Bedürfnissen sind.

Ramy Hassan, das Alter Ego des 28-jährigen Comedians Ramy Youssef, gehört zur Generation der Millennials, lebt mit seiner Familie in der amerikanischen Stadt New Jersey und führt ein ganz normales Leben. Lediglich sein Background unterscheidet ihn vom Durchschnittsbürger. Er ist ägyptischer Amerikaner, der in einer muslimischen Gemeinde aufwächst und mit Identitätsproblemen und Dating-Herausforderungen zu kämpfen hat. Doch die Serie stellt ihre DarstellerInnen nicht in passive Rollen, sondern bricht mit den Klischees.

Beispielsweise trifft der Protagonist Ramy eine Frau, die er sofort als keusche Muslimin abstempelt und sie auf den "Thron" der Mutter seiner künftigen Kinder stellt. Allerdings ist diese beim ersten Date auf dreckigen Sex aus. Damit schwindet das Bild der unmündigen und unterwürfigen muslimischen Frau gleich in der ersten Folge.

"Ich weiß nicht, was ich da tue, Mann", sagt Ramy Hassan, zu einem älteren Kebab-Ladenbesitzer, den er aus der Moschee kennt. Seit kurzem ist Hassan arbeitslos und hin- und hergerissen zwischen der Religion seiner Eltern, die Einwanderer aus Ägypten und Palästina sind, und weltlichen Versuchungen. Er hat Sex vor der Ehe, begeht Ehebruch, nimmt Drogen und trinkt ab und an. "Ich glaube auch an Gott. Ich tue das wirklich, Mann – es gibt zu viele Zeichen", erzählt er im Monolog mit dem Ladenbesitzer. "Ich meine, einmal hat mir dieses Mädchen, zwei Minuten nachdem ich ihr Facebook-Bild zum Mastubieren benutzt habe, geschrieben." Ohne auf Ramys prekäre Situation einzugehen, antwortet der Ladenbesitzer nur teilnahmslos "Du masturbierst zu viel. Nicht gut." In den ersten Folgen wirft Ramy spirituelle Fragen auf und setzt sich mit dem Denkprozess eines Anfang Zwanzigjährigen auseinander. Auch die Probleme innerhalb der muslimischen Community werden aufgegriffen. "Ich versuche einfach, gut zu sein. Glaubst du wirklich, dass Gott sich darum sorgt, ob ich beim Füße waschen zwischen meinen Zehen gereinigt habe?", fragt er einen älteren Mann in der Moschee, der ihn aufmerksam machte, dass er die rituelle Waschung vor dem Gebet falsch vorgenommen habe.

Ab der vierten Folge kickt die Serie in die Magengrube mit einer Rückblende zu den Terroranschlägen am 11. September. Als Ramy Hassan im Teenageralter nach den Attacken auf das World Trade Center von seinen Mitschülerinnen gefragt wird, ob er Terrorist sei. Als Beweis, dass er ein Amerikaner sei, zwingen ihn seine Freunde im Wald zu masturbieren. Er wird zum Außenseiter und sein einziger Freund ist Steve, der an Muskeldystrophie leidet und auch in Wirklichkeit Youssefs bester Freund ist. Die Folge brennt sich ein, da sich MuslimInnen, ob praktizierend oder nicht, beispielsweise für Anschläge rechtfertigen müssen. Bisher wurde die muslimische Seite kaum in Serien oder Filmen aufgegriffen.

Als junger Erwachsener entscheidet sich Ramy Ägypten aufzusuchen, um dort seine Identitätskrise zu heilen. Dort findet er jedoch keine Antworten und auch keine Spiritualität, die er gesucht hat. Während seine Eltern ihre alte Heimat idealisierten, entwickelten sich beispielsweise Ägypten durch den arabischen Frühling in eine neue Richtung. Statt Sicherheit und Geborgenheit findet er Verwandte vor, die von Konsum, Alkohol und Partys geblendet sind. Die erste Staffel endet auch in Ägypten und lässt die ZuschauerInnen im Ungewissen, wie es mit Ramy weitergehen wird. Möglicherweise verlängerte Hulu deshalb die Serie, weil die Charaktere nicht den gängigen Klischees entsprechen, sondern mit sich kämpfen, nach Identitäten und ihrer Rolle in der Gesellschaft suchen.