screenshot YouTube/Netflix

Warum uns die feministische Animationsserie "Tuca & Bertie" gefehlt hat

In der Animationsserie "Tuca & Bertie“ gehen zwei Millennials durch dick und dünn. Seit 3. Mai läuft die Show auf Netflix.

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Zwei dreißigjährige animorphe Vogelfrauen sind die Stars der animierten Netflix-Serie "Tuca & Bertie". Das Tukanweibchen Tuca (gesprochen von der Komikerin Tiffany Haddish) und die Singvogel-Dame Bertie (gesprochen von Ali Wong, ebenso Komikerin) leben gemeinsam in einer Wohnung in Bird Town, einer (nona) fiktiven Stadt, die aus einem Paralleluniversum entstammen könnte. Die Schöpferin der Serie, Lisa Hanawalt, könnte man als jenes kreative Genie kennen, das die Figuren in der von Raphael Bob-Waksberg entwickelten Netfix-Serie "BoJack Horseman" Gestalt gegeben hat. Nun aber hat Hanawalt eine eigene Serie bekommen, in der sie zwei Frauen in den Mittelpunkt stellt. Die unterhaltsame Animationsserie für Erwachsene besticht nicht nur durch die bunte Farbpalette, sondern auch durch den popfeministischen Zeitgeist und die ernsten Themen, die sie anspricht – wie zum Beispiel die #MeToo-Bewegung.

Birds of a feather

Die beiden Frauen versuchen gemeinsam, den Alltag als Erwachsene zu meistern, bis Bertie ihren Freund mit nach Hause bringt. Tuca muss Platz machen, weil ihre Freundin mit einem Rotkehlchen namens Speckle (gesprochen von Steven Yeun, Schauspieler), zusammenziehen will. Dadurch ändert sich ihre Lebenssituation und beide müssen sich erstmals alleine zurechtfinden. Während Tuca auf Jobsuche ist, kämpft Bertie um eine Beförderung, um ihren Traum von einer eigenen Konditorei zu verwirklichen. Gleich zu Beginn wird klar, dass die Charaktere der beiden Hauptdarstellerinnen sehr unterschiedlich sind. Tuca ist das weibliche Pendant zu BoJack Horseman, beide sind gemein, haben Alkoholprobleme und kämpfen gegen die Einsamkeit. Bertie hingegen ist schüchtern, klug und von Ängsten geplagt. Ihr Job beim Zeitschriftenverlag Condé Nest langweilt sie. Bertie versucht mit Hilfe von "Nests of Netherfield", einer Vogelpornoversion von "Downton Abbey", Schwung in ihre Beziehung zu bringen.

Singende Sexwanzen

Trotz ihrer verschiedenen Persönlichkeiten und getrenntem Wohnraum schaffen es die beiden Freundinnen, ihre gegenseitigen Fehler auszugleichen und einander zu trösten, was ihre symbiotische Beziehung erklärt. Ihre absurde Welt, in der verschiedene Vogelarten und sprechende Pflanzen leben, ist die perfekte Kulisse für surrealen Humor. In der Folge "Die Sexwanzen" legen die besagten Tierchen eine Gesangseinlage hin und verbreiten sich, als Tuca zu viele STI-Medikamente einnimmt. Bertie wird in dieser Episode von einem Arbeitskollegen sexuell belästigt, woraufhin ihre Brust ein Eigenleben entwickelt und schreit: "Ich bin fertig mit heute".

Kein verstimmter Pferdemann

Die Show punktet auch mit Humor. Oft versteht man die Witze erst beim zweiten oder dritten Mal. Einige Lacher bleiben einem jedoch im Hals stecken, da die Show auch die dunklen Seiten des Lebens aufzeigt. Die Serie hat womöglich nicht den düsteren Tiefgang von "BoJack Horseman", dennoch werden ernste Themen wie Suchtprobleme, Body Positvity (Bertie erinnert Tuca daran, dass viele Frauen für so einen kurvigen Schnabel töten würden) und psychische Gesundheit aufgegriffen. Zwar gibt es Ähnlichkeiten zu "BoJack Horseman", dennoch kann die neue Netflix-Show von Hanawalt nicht als Nachfolgeserie verstanden werden. "Tuca & Bertie" wird von Frauen gemacht, die auch die Probleme von Frauen in den Fokus stellen. Es ist zwar nicht die erste (Animations-)Serie, die das macht (man denke nur an Daria, die von 1997 bis 2002 auf MTV lief), deswegen muss man aber nicht befürchten, dass alte Klischees oder mehrfach durchgekaute Plots eingebaut werden. Die Serie überzeugt mit Überraschungseffekten und dem Spiel mit Geschlechterklischees.