Film: Widows - Tödliche Witwen
Zu Beginn begegnen wir dem kriminellen Mastermind Harry (Liam Neeson) und seiner Bande von Dieben (Jon Bernthal, Manuel Garcia-Rulfo und Coburn Goss) wie sie gerade einen Raubüberfall verpatzen. Aber die Männer sind nur da, um die Handlung aufzustellen, den Film schnell zu verlassen und Raum für die Frauen zu machen. Nachdem der Überfall mit einer tödlichen Explosion endet, sind die titelgebenden Witwen nicht nur in Trauer, sondern ohne finanzielle Unterstützung oder Sicherheit.
Linda (Michelle Rodriguez) verliert ihr Geschäft, weil ihr Mann sie auf einem Berg voller Schulden hat sitzen lassen. Alice (Elizabeth Debicki), die regelmäßig von ihrem Ehemann geschlagen wurde, flüchtet sich in die High-End-Prostitution. Und Veronica ( Viola Davis), eine pensionierte Lehrerin, wird das Ziel des Chicagoer Politikers, den ihr Mann bestohlen hat, Jamal Manning (Brian Tyree Henry). Sie hat einen Monat Zeit, um ihm zwei Millionen Dollar zurückzuzahlen, oder er wird seinen bösartigen Geldeintreiber (Daniel Kaluuya) auf sie hetzen. Also verbündet sich Veronica mit den anderen Witwen, um einen Raubüberfall zu begehen, der ihre Schulden klären und ihnen einen Neubeginn ermöglichen könnte. Die vierte Witwe (Carrie Coon) hat ein Neugeborenes und hält sich aus der Sache raus, weshalb die Friseurin Belle (Cynthia Erivo) als Fluchtfahrerin rekrutiert wird.
Der britische Regisseur und Oscarpreisträger McQueen, ein visueller Künstler, dessen Filme sich mit Hungerstreik ("Hunger"), Sexsucht ("Shame") und Sklaverei ("12 Years a Slave") befasst haben, nutzt hier die Gelegenheit, auf actiongeladene Weise, Ungleichheiten in Bezug auf Hautfarbe, Klasse und Geschlecht zu untersuchen, die nur wenige amerikanische Filme, geschweige denn Genrefilme, je angehen wollen oder geschickt angehen. Mit anderen Worten: dies ist nicht "Ocean's 8" mit all seinen reibungslosen Oberflächlichkeiten.
Für diese vier sehr unterschiedlichen Frauen, die mit alltäglichen Problemen wie Kinderbetreuung und Arbeit kämpfen, steht alles auf dem Spiel: Freiheit, Überleben und Rache - an den Männern, die sie in ihre Notlage versetzt haben, und an dem verfaulten System, das sie überhaupt erst geschaffen hat. Der Blick des Kameramanns Sean Bobbitt und die Musik von Hans Zimmer heben die zerbrochene Natur dieser Welt hervor.
Inmitten der Spannung und Wendungen gibt es auch eine Geschichte von tiefem Schmerz. Viola Davis ist hervorragend als vermeintlich schuldlose Frau, die nie gelernt hat, ihren Mann so zu sehen, wie er wirklich war. Sie schluckt ihren Kummer hinunter, wo ihn niemand sehen kann - es sei denn, man schaut sehr genau in ihre wutentbrannten Augen, die man von ihrer Oscar-prämierten Figur in "Fences" kennt.
Es gibt auch eine politische Nebenhandlung, in der der afroamerikanische Jamal Manning gegen den irisch-amerikanischen Jack Mulligan (Colin Farrell), den Sohn eines älteren und rassistischen, aber mächtigen Politikers in Chicago (Robert Duvall), für ein politisches Amt kandidiert. Niemand ist völlig unschuldig in diesem Universum, und alles passiert in einem legalisierten, korrupten System.
"Widows" basiert auf einer von Lynda La Plante geschaffenen, britischen Fernsehserie aus den 80er-Jahren, und man kann sehen, wie das amerikanisierte Makeover zu einer sechsteiligen Mini-Serie hätte werden können und auch verstehen, warum gerade jetzt. Wütende Frauen haben momentan einen hohen Stellenwert in Hollywood. Im Zuge der Gleichberechtigung heißt das, dass Geschichten über gaunerhafte Gemahlinnen genauso wichtig sind wie Geschichten über ihre diebischen Männer.
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