APA - Austria Presse Agentur

Beim Umgang mit Diabetes in Österreich "viel Luft nach oben"

Bis zu 2,9 Milliarden Euro gibt Österreich jährlich für die Behandlung von Diabetikern aus. Vor dem Weltdiabetestag am 14. November beschäftigte sich der Wiener Wirtschaftskreis - ein Think Tank der Wirtschaftskammer Wien - deshalb mit der Zuckerstoffwechselstörung. Vorsitzender Rudolf Taschner sieht bei einer Pressekonferenz "sehr viel Luft nach oben", mehr als doppelt so viele Amputationen wie im OECD-Schnitt werden in Österreich an Diabetikern durchgeführt.

641.500 Diabetiker und Diabetikerinnen oder 6,6 Prozent der Bevölkerung zwischen 20 und 79 Jahren leben laut Daten der International Diabetes Federation in Österreich, rund 36 Prozent von ihnen sind nicht diagnostiziert. Andere Schätzungen gehen - so die Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft Susanne Kaser - von 800.000 Diabetikern in Österreich aus, dazu kommen 350.000 mit einer Vorstufe des Diabetes. Auf rund 556 Millionen Euro pro Jahr belaufen sich etwa die Kosten, die allein in Wien für Diabetes benötigt werden. "Unglaublich viel Geld", könne man laut dem Mathematiker Taschner durch Prävention der Krankheit sparen.

Risikofaktoren für Typ 2 Diabetes sind laut dem stellvertretenden Direktor der Wirtschaftskammer Wien Alexander Biach mangelnde Bewegung, schlechte Ernährung und psychische Belastung. In England, wo die Prävalenz der Diabetiker nur bei 3,9 Prozent liegt, gebe es vergleichsweise wenige Menschen, die nicht täglich Obst oder Gemüse essen, ebenso wie niedrige Werte bei der psychischen Belastung.

Kaser fordert sowohl einen in ELGA integrierten elektronischen Diabetes-Pass als auch ein Diabetesregister, das unter anderem Infos zu Folgeerkrankungen der Patienten beinhalten soll - diese können, so Kaser, "fast alle Organe betreffen" und beinhalten etwa onkologische Erkrankungen, irreversible Nervenschäden und Fettlebererkrankungen. Im niedergelassenen Bereich gebe es wenige Spezialisten. Diabetiker haben auch in der Covid-19-Pandemie ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Jeder vierte Diabetiker, der in Österreich stationär wegen Corona behandelt wurde, verstarb, klärte Kaser auf.

In Wien-Favoriten ist ein Diabetes-Zentrum im Entstehen, das Spitalsambulanzen entlasten soll. Ein solches Zentrum brauche es, laut ÖGK-Verwaltungsrat Martin Schaffenrath, in jedem Bundesland. Die Bewegung ist für Sportunion-Präsident Peter McDonald das Präventionsmittel der Wahl. Er fordert deshalb etwa die verpflichtende Öffnung der Schulsportstätten für Sportvereine und eine Nachwuchssportgarantie in Pandemiezeiten. Biach denkt eine Informationskampagne in öffentlichen Telefonzellen, die stillgelegt werden sollen, an Weltdiabetestagen an.