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Digitale Grundbildung: Was denken Schüler- und LehrerInnen darüber?

Mit dem neuen Schuljahr kommt auch ein neues Fach in die Schulklassen: Digitale Grundbildung. Was sagen LehrerInnen und SchülerInnen dazu?
Julia Deutsch

Alles neu macht diesmal der Herbst – zumindest im Schulbetrieb gibt es eine grobe Änderung. Ab diesem Schuljahr wird nämlich ein neues Pflichtfach in die Unterstufen der Gymnasien und Mittelschulen eingeführt: "Digitale Grundbildung" begann laut "oebv" 2019 als verbindliche Übung und wurde jetzt mit einer Wochenstunde im Lehrplan verankert. Dies wird in Folge auch benotet. Aber was ist das Ziel dieses Fachs und welche Inhalte sollen vermittelt werden?

Inhaltliches Gegenstück zu kostenloser Ausstattung der SchülerInnen

Die "Digitale Grundbildung" soll das inhaltliche Gegenstück, zur im Herbst 2021 begonnenen, Ausstattung der SchülerInnen mit günstigen Endgeräten sein. So wurde eine EU-weite Ausschreibung nach dem Billigstbieterprinzip durchgeführt und sich auf verschiedene Gerätetypen geeinigt. Die Schulen konnten wiederum auswählen, welches Endgerät an die SchülerInnen der ersten bis dritten Sekundarstufe ausgeliefert werden. Die vierten Sekundarklassen werden erst im Schuljahr 2023/2024 nachgerüstet. Nach "OEAD" wurden so ein Android Tablet der Marke Samsung, ein Chrome-Book von Acer, ein Apple iPad oder ein Windows Notebook von Lenovo angeboten. 

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Historischer Moment für Schulen?

Bildungsminister Martin Polaschek sprach in einer Aussendung von einem "historischen Moment in den österreichischen Schulen". Von einem Paradigmenwechsel spricht aber auch Peter F., EDV-Lehrer eines oberösterreichischen Gymnasiums, gegenüber k.at. F. wird in Zukunft mit dem Fach "Digitale Grundbildung" betraut. Der Pädagoge erklärt, dass die Ausstattung und der begleitende Unterricht mit dem Endgerät, eine der wichtigsten Neuerungen im Schulbetrieb der letzten Jahrzehnte sein wird. Alle Zeichen stehen also auf Digitalisierung. Oder wie Polaschek es ausdrückt, das Fach sei "die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben mit der Digitalisierung im privaten und beruflichen Bereich."

Lehrplan und Inhalte

Aufbauend auf der technischen Einrichtung der Geräte und der Auseinandersetzung mit der Hardware werden sich die SchülerInnen mit breitgefächerten Software-Themen auseinandersetzen. Diese sind laut "oebv" in drei Kompetenzbereiche gegliedert:

  • Digitale Kompetenz: Umgang mit Hard- und Software
  • Medienkompetenz: Nutzung kritische Bewertung und Produktion von digitalen Medien
  • Politische Kompetenzen: Kritische Betrachtung von Digitalisierung, Befähigung zu aktiver Teilhabe an netzwerkbasierter, medial vermittelter Kommunikation. 

In der ersten Schulstufe soll es neben Hardware um Google, Bing und co. gehen. In der zweiten Klasse um das Erfassen, Filtern, Sortieren, Interpretieren und Darstellen von Daten sowie die Erklärung des Begriffs "Social Media". Zudem soll über das Verständnis, welche Interessen Unternehmen in diesem Raum verfolgen könnten, aufgeklärt werden. In der dritten Schulstufe geht es dann zum Beispiel um den Schutz von Geräten und Inhalten vor Viren beziehungsweise Schadsoftware/Malware.

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Rückmeldung der LehrerInnen

Aber wie sehen Lehrkräfte diese Neuerung und welche Herausforderungen wird es bei der digitalen Grundbildung geben? Auf Anfrage berichtet die Österreichische Lehrer*innen Initiative, dass viele Lehrkräfte dem Projekt positiv entgegenblicken, da sie dem Unterricht mit elektronischen Schulbüchern viel abgewinnen können. Doch es sei bei der Bewertung Differenzierung angebracht, wie das Team der ÖLI-UG verdeutlicht: "Die Informatik-KollegInnen sind mäßig begeistert – zum einen befürchten sie, dass das Pflichtfach 'Informatik" in der neunten Schulstufe langfristig gestrichen werden könnte."

Weiters sei laut "ÖLI-UG" der Unterricht mit mindestens 25 SchülerInnen bereits jetzt eine Belastung. "Manche Standorte haben aber genügend Ressourcen, um diese eine Wochenstunde Digitale Grundbildung doppelt zu besetzen, wobei der/die ZweitlehrerIn kein/e InformatikerIn sein muss." Im Ernstfall führe das zu einem Szenario bei dem nur eine Lehrperson, gleichzeitig GerätemanagerIn und Unterrichtende ist – wenn also Endgeräte technisch nicht funktionieren, liegt die Fehlerbehebung sowie gleichzeitig der Unterricht bei einem Individuum.

Generation-Z und digitale Grundbildung

Dass ausgerechnet die Generation-Z, die laut "Unicum" sogar als "Digital Natives 2.0" bezeichnet wird, von Lehrkräften unterrichtet werden soll, die selbst nicht dieser Gruppe angehören, führte im Voraus zu Kritik. Auf TikTok zum Beispiel äußerten sich SchülerInnen negativ darüber, dass die meisten in der Klasse bereits mehr über die behandelten Themen wüssten als die LehrerInnen selbst.

Die elfjährige Gymnasialschülerin Josefine meint gegenüber k.at dazu: "Ich kann mir noch nicht vorstellen, was ich dort lernen soll. Wir Jungen kennen uns ja besser mit Social Media aus als viele LehrerInnen. Ich hoffe, dass es gut wird, damit wir die Stunden nicht verschwenden." Aber es gibt auch positive Rückmeldungen, wie von Konstantin (12), der erklärt: "Meine Schule hat uns allen ein Windows-Tablet bestellt. Momentan warten wir aber noch darauf, weil es da Lieferschwierigkeiten gab. Ich freue mich aber! Anscheinend gibt es auch viele Lernvideos und so verbrauchen wir auch weniger Papier."

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Weiterbildung des Lehrkörpers

Wie auf TikTok besprochen, macht vor allem die Befähigung und Ausbildung der Lehrkräfte den SchülerInnen Sorgen. Damit sie optimal auf die Herausforderungen der Digitalen Grundbildung vorbereitet sind, wurden die LehrerInnen seit Mai in sogenannten Massive Open Online Course (MOOC) fortgebildet.

  • Ab Herbst gibt es außerdem einen Hochschullehrgang im Ausmaß von 30 ECTS für bereits im Dienst stehende LehrerInnen.
  • Ab dem Studienjahr 2023/24 ist ein eigenes Lehramtsstudium geplant.

In Folge sollen die Informatik-Lehrpläne der Oberstufen überarbeitet werden, um die Inhalte der Digitalen Grundbildung darauf abzustimmen und die Übergangsphase zu beenden.

Inwiefern die SchülerInnen von der Digitalen Grundbildung profitieren, zeigt sich spätestens mit dem neuen Schuljahr. Ein Schritt Richtung Digitalisierung ist aber nicht nur in Zeiten der Pandemie eine logische Konsequenz. Bildungsminister Polaschek fasst in seiner Aussendung zusammen: "Digitale Grundbildung bedeutet in diesem Fach, nicht einfach einen Computer zu bedienen. Schülerinnen und Schüler sollen damit schon früh lernen, sich in der digitalen Welt zu bewegen, sie zu gestalten und Informationen daraus zu verarbeiten."