Feiert Heroin-Chic ein Comeback?

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Heroin-Chic: Weshalb wir das toxische Körperbild nicht mehr brauchen

Toxische Körperbilder scheinen schwerer abzuschütteln als uns lieb ist. Ist Heroin-Chic wieder trendy und weshalb ist das so problematisch?

Anfang der 90er-Jahre dominierte vor allem ein Trend die internationalen Laufstege: Models waren vor allem androgyn, knochig, mit fahler Haut und auffallend dünn. Genannt wurde dies Heroin-Chic.

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Heroin-Problem der 90er-Jahre

Aber weshalb wurde diese Ästhetik mit dem Konsum von Opiaten verbunden? Laut einer Untersuchung der britischen Regierung erreichte die sogenannte "Heroin Pandemic" in den 80er- und 90er-Jahren ihren Höhepunkt. Vermehrt wurde Heroin als Straßendroge zum Problem – vor allem junge Menschen waren betroffen.

Das deutsche Pendant war dazu wohl die Geschichte rund um Christiane F. und "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo". Heroin-Chic fand laut "Vogue" auch in der Modewelt eine Bühne und wurde unter DesignerInnen wie Raf Simons und dem Mega-Model der Zeit Kate Moss berühmt. Eine Glorifizierung von Drogensucht unter dem Deckmantel einer Art verruchten Glamours!

Ist dünn gleich trendy?

Der Trend zu wenigen Kilos endete nicht etwa mit Ablaufen des Jahrtausends, in den 2000er-Jahren wurde dieser durch It-Girls wie Paris Hilton, Alexa Chung oder die Olsen Twins noch auf die nächste Stufe gehoben. Ultra-tiefsitzende Jeans ließen Hüftknochen herausblitzen und die Juicy-Couture-Trainingsanzüge sollten so lose wie möglich sitzen. Bis sich in den 2010ern endlich Veränderung im Körperbild von Frauen einstellte und "Plus-Size", beziehungsweise Konzepte wie "Body Positivity" oder "Body Neutrality" auf dem Vormarsch waren.

Dabei geht es – wie berichtet – darum, dass individuellen Körperformen weniger Aufmerksamkeit zukommt und keine Einteilung mehr in erstrebenswert sowie nicht erstrebenswert vorgenommen wird. Aber diese Entwicklung soll sich nun laut aktuellen Berichtern wieder ins Gegenteil verkehren?

Bye-Bye Booty: Der Heroin-Chic ist zurück

Unter der reißerischen Headline "Bye-Bye Booty: der Heroin-Chic ist zurück" veröffentlichte die "New York Post" einen Artikel in dem verschiedene popkulturelle Entwicklungen beleuchtet wurden, die wohl darauf hinweisen sollen, dass sich Körperbild-technisch etwas ändert. Dem Po werde lebwohl gesagt, Kim Kardashian ist so schlank wie niemals zuvor, die Töchter von Cindy Crawford und Kate Moss erobern den Laufsteg in bekannter Modelfigur und Bella Hadid ist das Schönheitsideal unserer Zeit: ohne ein Gramm Fett auf den Rippen.

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"Körper sind keine Trends"

Nachdem Persönlichkeiten wie Lizzo oder das Model Paloma Elsesser dafür gekämpft haben, dass sich die "ideale Körperform" in den Köpfen der Menschen endlich verändert, wäre es schade, wenn dieser Kampf umsonst gewesen wäre. In Reaktion auf den polarisierenden Artikel der "New York Post" äußerte sich die Influencerin Jameela Jamil darüber, wie schädlich solcher Content doch wäre.

In einem viralen TikTok Video prangerte sie dies an: "Nein, wir haben das bereits in den 90ern ausprobiert und Millionen von Menschen haben dadurch Esstörungen entwickelt. Ich hatte selbst auch eine für circa 20 Jahre. Wir machen das jetzt nicht mehr und wir gehen nicht zurück. Unsere Körper sind keine Trends. Körperformen sind keine Trends. Fuck off!"

Das Internet applaudierte Jamil und stellte sich entschlossen gegen Heroin-Chic und die Verherrlichung von unerreichbaren Schönheitsidealen. In diesem Zusammenhang ist es aber auch wichtig zu erwähnen, dass es viele Menschen gibt, die eine natürlich schlanke Körperform haben. Es geht in dieser Diskussion eher darum, dass gewisse Trends und "erstrebenswerte" Bilder aufgelöst und in Folge jede/r so sein kann, wie er/sie dies für richtig hält  beziehungsweise, vielleicht seiner/ihrer natürlichen Körperform folgt.

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Sobald das Gewicht, egal ob ins Plus oder ins Minus, zu viel Raum im Alltag einnimmt und man sich exzessiv damit befasst, sollte vielleicht eine Handbremse gezogen werden. So etwas wie altbackene "Schlankheitstrends" aus seiner Wahrnehmung zu verbannen, ist vielleicht der erste Schritt zu einem guten Verhältnis mit dem eigenen Körper.

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Heroin-Chic versus Orthorexie

Dass Heroin wohl nicht förderlich für die körperliche Gesundheit eines Menschen ist, liegt auf der Hand. Jedoch kann man es tatsächlich auch mit dem Gesundheitsgedanken übertreiben. Dies nennt man laut "Gesundheit.gv.at" im Fachjargon dann Orthorexie: "Betroffene zwingen sich regelrecht zu gesunder Ernährung und haben zum Teil Angst, durch ungesunde Lebensmittel zu erkranken." So schwappt dies manchmal in eine wiederum sehr rigide Esskultur über, in der sich die betroffene Person keine Nahrungsmittel mehr erlaubt, die potenziell ungesund für den Körper sein könnten. 

Wie immer ist der goldene Mittelweg vielleicht die Lösung des Problems. Oder wie es Gigi Hadid laut "Time" formuliert: "Esse gesund, um fit zu bleiben. Gönn dir einen Burger, um zurechnungsfähig zu bleiben."

Intuitives Essen

Wie man vielleicht den Diät-Dschungel endgültig hinter sich lässt, könnte das Ausprobieren von "Intuitivem Essen" sein. Bei diesem Konzept, das in den 90er-Jahren von den DiätologInnen Tribole & Resch begründet wurde, geht es darum, darauf zu hören, was der Körper braucht und welche Bedürfnisse dieser kommuniziert. Wie oft isst man nämlich nur aus Frust oder vergisst darauf zu essen, wenn man gestresst ist? Mit folgenden Leitlinien findest du vielleicht zu einem intuitiven Ess-Gefühl zurück:

 

  • Diätmentalität, bye-bye: Sich vom Diät-Denken befreien und einen anderen Lifestyle anzunehmen, ist vielleicht der erste Schritt zu einem neuen Körpergefühl.
  • Spüre deinen Hunger: Ignoriere nicht dein Hungergefühl und höre auf deinen Körper.
  • Frieden schließen mit dem Essen: Negative Gedanken und vielleicht sogar Angstgefühle rund um Essen sollten der Vergangenheit angehören. Essen ist etwas Positives, das den Körper nährt. 

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  • Sättigung zelebrieren: Ja, du sollst satt sein, wenn du isst. Wie sich das anfühlt und wie gut es deinem Körper tut, sollst du auch regelmäßig fühlen.
  • Genieße dein Essen: Gönn dir gerne die Dinge, nach denen dein Körper verlangt. Auch wenn das Süßigkeiten sind.
  • Emotionale Regulierung: Laut dem Konzept wird man schnell verstehen, dass man viel zu oft nur aus emotionalen Gründen wie Stress, Traurigkeit oder Langeweile isst. Diese Emotionen könnte man aber auch durch Hobbies oder andere Aktivitäten regulieren.

Verstaubten Heroin-Chic belassen wir lieber in der Vergangenheit. Drogen waren schließlich noch nie cool! 

Hier findest du Beratungsstellen bei Drogen- und Alkoholabhängigkeit.

Betreuung und Beratung findest du auch beim Verein Dialog oder bei der Suchthilfe

Bei den Angeboten von "Check it" können die Inhaltsstoffe von Drogen übrigens anonym getestet werden. "Check it" ist eine Info- und Beratungsstelle zum Thema Freizeitdrogen, deren Wirkungen, Nebenwirkungen und Risiken. Auf der Website findet ihr außerdem Links und Telefonnummern mit Hilfestellungen.