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Kann man als Erwachsener noch reiten lernen?

Erwachsene Reitanfänger müssen mit einigen Hürden rechnen: Bis sie halbwegs reiten können, dauert es Jahre. Dafür kann der Sport aber auch bis ins hohe Alter ausgeführt werden.

Mit einem Pferd über Wiesen galoppieren, im Schritt gemütlich durch den Wald bummeln, über Hindernisse springen oder scheinbar spielerisch leicht übers Dressurviereck schweben: Jeder sechste Deutsche könnte sich einer Studie des Deutschen Reiterverbandes zufolge vorstellen, mit dem Reiten anzufangen.

Der durchschnittliche Interessent ist demnach 45 Jahre alt und damit dem typischen Anfängeralter weit entwachsen. Wichtige Fragen von potenziellen Reitanfängern und die Antworten darauf im Überblick.

Kann ich in jedem Alter mit dem Reiten anfangen?

"Das hängt eher vom Gesundheitszustand als vom Alter ab", sagt die Pferdewirtschaftsmeisterin Christine Hlauscheck. Wer körperlich und mental fit ist, kann sogar im höheren Alter mit dem Reiten beginnen. Es gibt nur wenige Vorerkrankungen, bei denen es nicht ratsam ist, aufs Pferd zu steigen. Dazu zählen eine ausgeprägte Arthrose, ein Bandscheibenvorfall und Probleme mit dem Gleichgewicht.

"Mein ältester Reitanfänger war ein 68-jähriger Mann, der bis dahin noch nie auf einem Pferd gesessen hatte", sagt die Reitlehrerin Sabine Nägler. Ihrer Erfahrung nach sind erwachsene Reitanfänger mit sehr viel Begeisterung und Wissbegierde bei der Sache - sie müssten sich nur darüber im Klaren sein, dass es bei ihnen länger dauere als bei Kindern oder Jugendlichen, bis sie geschmeidig im Sattel sitzen.

Ist Reiten schwer?

Der Mensch sitzt dabei nicht gemütlich wie auf der Couch, sondern auf einem sich bewegenden Lebewesen. Koordination und Gleichgewicht sind enorm gefragt. "Es ist ein sehr feiner, komplexer Sport", sagt Hlauscheck.

Der Reiter muss geschickt auf die Bewegungen des Pferdes eingehen und sehr auf seinen eigenen Körper achten. Schon mit einer unfreiwilligen Gewichtsverlagerung, einer unabsichtlichen Beinbewegung oder einem versehentlichen Zucken in den Händen kann er das Pferd zumindest irritieren - oder gar eine Reaktion auslösen, die er nicht wollte. All das erfordert viel Konzentration. Zudem ist Reiten kein Sport, der autodidaktisch gelernt werden könne. Daher ist für Sabine Nägler wichtig, guten Unterricht zu erhalten und sich Fachwissen anzueignen.

Wie finde ich eine gute Reitschule?

Sabine Nägler schlägt vor, Reiter zu fragen. Beim Besuch eines Stalls sollte darauf geachtet werden, dass die Pferde einen gepflegten, zufriedenen und gut genährten Eindruck machen. Sie sollten möglichst artgerecht gehalten werden, also Kontakt zu Artgenossen haben, auf die Weide dürfen und in einer sauberen Unterkunft leben.

Der Reitlehrer sollte einen kompetenten und freundlichen Eindruck machen. Empfehlenswert sind zumindest für den Anfang Einzelstunden, die Preise liegen meist zwischen 30 und 60 Euro.

Meine erste Reitstunde: Was ziehe ich an?

Zum einen eine bequeme Hose - ideal ist eine Lederhose. Auch Leggins und Jeans sind in Ordnung. Sie sollten ebenso wie die Oberbekleidung eng anliegen. So kann der Lehrer die Haltung des Reiters auf dem Pferd gut sehen. Außerdem erschrecken sich Pferde leicht, wenn etwas auf ihnen flattert. Daher ist auch eine Kapuze nicht empfehlenswert.

"An den Füßen sollte man eine Stiefelette mit etwas Absatz sowie einer dünnen Sohle mit etwas Grip tragen", empfiehlt Hlauscheck. In manchen Reitschulen werden Anfängern Reithelme zur Verfügung gestellt. Für den Anfang genügt auch ein guter Fahrradhelm.

Woher weiß das Pferd, was der Reiter von ihm will?

"Beim Anfänger weiß es gar nichts, es tappt völlig im Dunkeln. Deswegen ist der schwerste Job für ein Pferd der Unterricht mit Reitanfängern", erklärt Nägler. Im Laufe der Zeit lernt der Reiter, dem Pferd mit Gewichtsverlagerungen sowie Beinen und Händen seinen Willen mitzuteilen.

Wie lange dauert es, bis man Reiten kann?

Reiten lernt man nie, sagen Fachleute. Denn der Sport ist komplex, hinzu kommen die unterschiedlichen Reaktionsmöglichkeiten der Pferde. Wer sich damit zufrieden gibt, ein Pferd in allen Gangarten alleine reiten zu können, braucht trotzdem einen langen Atem. "Zwei bis fünf Jahre, alles andere ist utopisch", sagt Nägler. Sie rät zum Reitunterricht mindestens einmal und besser zweimal in der Woche.

Reiten ist kein Sport, der autodidaktisch erlernt werden kann
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