Wieso gibt es in Österreich kaum Plus-Size-Models?

Jade Destiny / Unsplash

Warum gibt es in Österreich eigentlich kaum Plus-Size-Models?

Man könnte meinen, Plus-Size-Models sind mittlerweile Teil der Gesellschaft. Doch wieso gibt es sie in Österreich kaum? Wir haben Plus-Size-Expertin Bobby Herrmann-Thurner gefragt.
Monika Kässer

Bekannte US-amerikanische Übergrößenmodels wie Ashley Graham, Tess Holliday oder deutsche Curvy Models wie Angelina Kirsch und Sarina Nowak haben Plus Size salonfähig gemacht und gezeigt, dass Kurven sexy, attraktiv und vor allem alltäglich sind. Die Body-Positivity-, sowie die Body-Neutrality-Bewegung weist darauf hin, dass Diversität nicht nur ein Trend, sondern eine dringende Notwendigkeit ist, um unrealistische und diskriminierende Schönheitsstandards in Frage zu stellen und den Diskurs voranzutreiben.

So weit, so gut. Doch Moment! Wieso ist diese Message in Österreichs Modelbranche noch nicht so ganz angekommen? Über die Unterrepräsentierung von Curvy Models in der Alpenrepublik. 

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Österreichs InfluencerInnen und AktivistInnen

Eine der bekanntesten österreichischen Plus Size-InfluencerInnen ist Bobby Herrmann-Thurner. Sie fand es oft mühsam und frustrierend, ansprechende Kleidung in ihrer Größe zu finden: "Wenn man in die Kategorie Plus Size fällt, stellt man rasch fest, dass sich die Modeindustrie nur für Konfektionen bis Größe 44 zuständig fühlt", so Herrmann-Thurner gegenüber "port41". Wann Plus Size anfängt und wo es aufhört, weiß offenbar nicht mal in der Modeindustrie keiner so richtig.

Mit dem magazinähnlichen Blog "Curvect", dessen Name sich aus den Worten „curvy“ und „perfect“ zusammensetzt, hat sich die Plus-Size-Expertin, wie sie sich selbst auf ihrem Instagram-Account @bobby_curvect nennt, dem Thema angenommen und bietet Menschen eine Plattform. Plus Size in der Mode, Kunst, Kultur, Literatur, Gesundheit und Politik wird von der Gründerin sowie von zahlreichen GastautorInnen beleuchtet. Zudem ist die Intention des Blogs, dass sich die Plus-Size-Community besser vernetzen kann. Denn nur gemeinsam können Menschen gegen die Diskriminierung Mehrgewichtiger vorgehen, wie einem Beitrag auf "Curvect" zu entnehmen ist.

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Gegenüber k.at erklärt Herrmann-Thurner, dass der Mangel an AuftraggeberInnen Grund sei, warum in Österreich kaum Bedarf an Plus-Size-Models vorhanden ist. Zudem gebe es nur wenige Plus-Size-DesignerInnen und auch allgemein würden Labels den Markt noch nicht für sich entdeckt haben. Sie fügt hinzu: "So kommt es, dass auch Plus-Size-Models aus Österreich teilweise in Deutschland arbeiten. Einem weit größeren Markt für Plus-Size-Mode, allerdings ist dort die Konkurrenz auch größer."

"Plus Size ist Mainstream"

Die Bloggerin weist darauf hin, dass Plus Size hierzulande immer noch als Nischenmarkt verstanden wird. "Tatsächlich ist das weit gefehlt. Denn Plus Size, das in Designkreisen schon bei einer Kleidergröße 38 (Deutsche Konfektion) und auf der High Street bei Kleidergröße 44 beginnt, ist Mainstream. Dies auch bei Fotoshootings und in Magazinen zu zeigen wäre hoch an der Zeit", so Herrmann-Thurner. Sie betont: "Darüber hinaus wäre es dringend notwendig, dass sich die Modewelt mit körperlicher Diversität (mit Diversität ganz allgemein) weit mehr auseinandersetzt. Denn bei einer Kleidergröße 44 endet die Körpervielfalt noch lange nicht."

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Body Neutrality

Eine weitere Person in der österreichischen Medienlandschaft, die unter anderem das Thema Body Neutrality immer wieder aufgreift, ist Autorin, Bloggerin sowie Influencerin Christiana Krivan alias Christl Clear. In regelmäßigen Abständen erinnert sie, wie toxisch die Diätkultur ist und wie wichtig es ist, den Fokus weg vom äußeren Erscheinungsbild des Körpers zu lenken und unser Selbstwertgefühl nicht vom Außen abhängig zu machen.

Fat Acceptance

Auch Ina Holub und Anna Stomosis, die sich als UnterstützerInnen der Fat-Acceptance- beziehungsweise der Fat-Liberation-Bewegung verstehen, setzen sich auf Social Media dafür ein, die Öffentlichkeit auf die Hindernisse hinzuweisen, mit denen dicke Menschen zu kämpfen haben, um der sozialen Stigmatisierung entgegenzuwirken. Holub arbeitet unter anderem als Model für den Online-Versandhändler Zalando. 

Diese Beispiele zeigen: Der österreichischen Medienlandschaft fehlt es nicht an InfluencerInnen und AktivistInnen, welche die Body-Acceptance-Thematik vorantreiben und immer wieder Teil von Plus-Size-Modelprojekten sind, der Modelbranche hingegen schon. Zahlreiche national und international anerkannte österreichische Plus-Size-Models? Fehlanzeige!

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Übergrößenmodels in Österreich

Zwar haben sich einige Curvy Models einen Namen gemacht, die Zahl ist jedoch überschaubar. Eine von den wenigen bekannten Plus-Size-Models ist die Linzerin Nadine Mirada. Sie war das erste österreichische Model, das mit dem weltbekannten US-Fashion-Label Guess zusammengearbeitet hat, wie der "Kurier" berichtet. Entdeckt wurde sie damals übrigens durch ihren Auftritt in den sozialen Medien, so die Oberösterreicherin. Der Chef von Guess habe sie auf Instagram gesehen. Mirada erzählt, dass in den USA Kurvenmodels wesentlich gefragter seien als in Österreich. Hierzulande müsse sich der Bereich erst noch entwickeln. 

Warum gibt es so wenig Curvy Models in Österreich?

Die Plus-Size-Thematik ist in den letzten Jahren in der Modebranche angekommen, wie auch die wachsende Diversität in Fashion-Online-Shops zeigt, dennoch gibt es konkret in Österreich Startschwierigkeiten, was Übergrößenmodels anbelangt, denn "Plus Size Models werden nur dann gebucht, wenn genau diese Zielgruppe angesprochen werden soll", so die Linzer Agentur "Visage Models" gegenüber "Heute".

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Im Gegensatz zu "Visage Models" hatte die bekannte Wiener Modelagentur "Wiener Models" 2018 noch keine Kartei für Curvy Models. Head Booker Kosmas Pavlos gab im Interview mit der "Heute" als Grund den Mangel an relevanter Nachfrage von der Kundenseite an. Das hat sich mittlerweile geändert, denn auf der Website ist neben "Non-Binary" auch die die Kategorie "Plus Size" zu finden.

Unter den Top 10 der österreichischen Modelagenturen haben lediglich zwei Agenturen Übergrößenmodels in der Kartei. Das ist immerhin ein Anfang und lässt darauf hoffen, dass Plus-Size-Models in der österreichischen Modebranche mehr Repräsentation finden. 

Begriff "Plus Size" problematisch?

Wobei bereits beim Begriff "Plus Size" der Diskurs anfangen müsste, denn wieso Menschen und Models nach Konfektionsgröße labeln? Das New Yorker Curvy Model Diana Veras erklärte in einem Interview mit der "Vogue": "Warum können uns die Leute nicht einfach nur Models nennen? Kleinere Models zum Beispiel werden ja auch nicht mit einem extra Begriff außerhalb der Branche beschrieben ..."