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Portugal: Tropfsteinhöhlen, Dino-Spuren und glückliche Kühe

Von einem Hochplateau fällt unser Blick über das größte Kalksteinreservoir Portugals. Die zerklüftete, fast karge Landschaft der Serras de Aire e Candeeiros ist von Labyrinthen aus aufgetürmten Natursteinen durchzogen. "Wahrscheinlich stehen einige dieser Mauern schon, seitdem die Menschen hier ansässig wurden", sagt Touristenführerin Adelina Ferreira. Damals wurden die umherliegenden Steine genutzt, um Weideland für die Tiere und Platz für Gemüsebeete zu schaffen.

Auch heute begegnen uns viele Freilandkühe, die sich in ihren großzügigen, steinigen Gehegen die Bäuche mit frischen Kräutern vollschlagen. Der Boden im Naturpark ist sehr fruchtbar. Obwohl es auf den 400 Quadratkilometern, die sich über die Distrikte Santarém und Leiria erstrecken, keinen oberirdischen See oder Fluss gibt.

"Dabei ist der Park eigentlich ein riesiges Wasserreservoir. Es befindet sich allerdings 400 Meter in der Tiefe", erklärt Antonio Fael, Adelinas Ehemann. Er führt die Touren oft gemeinsam mit seiner Frau und arbeitet als Höhlenforscher für den Park.

Alle Flüsse in der näheren Umgebung würden aus dem bisher unentdeckten unterirdischen See des Parkes entspringen, sagt Antonio. "Immer wenn wir Forscher eine neue Höhle entdecken, versuchen wir dem Lauf des Wassers zu folgen, bisher leider ohne Erfolg."

Wir steigen in den Jeep des Ehepaares und fahren über Buckelpisten, durchqueren verschlafenen Dörfer. Eine Bäuerin treibt ihre Ziegen über die Straße. Adelina kennt die Frau. Wir steigen aus und sie zeigt uns den Stall mit jungen Ziegen. Wir kaufen der Frau ein paar Beutel voller Ziegenkäsetaler ab und setzen die Fahrt fort. "Eine bessere Qualität kannst du gar nicht bekommen", sagt Adelina.

"Mein Herz hängt an diesem Park, seit ich als Teenager mit der Höhlenkletterei begonnen habe", erzählt Antonio. Wir erreichen die Höhle Algar do Pena, die 1983 von Arbeitern eines Steinbruches entdeckt wurde. Antonio teilt Sicherheitshelme und Kopflampen aus. Ein Lift bringt uns 33 Meter hinab in die Kalksteinfelsen. Über eine Treppe geht es bis zu einer Art Aussichtsplattform.

Meterlange Stalaktiten hängen von der Decke hinab. Stalagmiten wachsen aus dem Boden empor. Wie in einer riesigen Kathedrale. "Aber noch beeindruckender, denn die Natur hat sie geformt und nicht der Mensch", sagt Adelina. Die Höhle misst fast 100 Meter von der Decke bis zu ihrem tiefsten bisher erreichten Punkt. Antonio hat sich auf der Suche nach dem Lauf des Wassers bereits bis dorthin abgeseilt.

In dem Ökosystem unter der Erde leben unter anderem Käfer ohne Augen, die sich nur anhand von Antennen orientierten. Der Mensch ist hier in der Unterzahl: Maximal 12 Personen am Tag ist der Zugang erlaubt, damit Temperatur, CO2-Gehalt und Luftfeuchtigkeit im Gleichgewicht bleiben. Ein Besuch ist nur mit vorheriger Buchung und etwas Glück möglich. Die Höhle ist sonst Forschern vorbehalten.

Wir treffen Adelina und Antonio am nächsten Tag ganz im Norden des Naturparks wieder. Gegen Mittag erreichen wir eines der Ziele des Tages: den Steinbruch Pedreira do Galinha. Der wurde stillgelegt, als Arbeiter hier 1994 beim Schürfen Spuren aus einer längst vergangenen Zeit freilegten. Von einer Anhöhe kann man die längste bekannte und zusammenhängende Sauropodenspur der Welt bewundern. Über fast 150 Meter erstrecken sich die Fußabdrücke der riesigen Echsen, die vor ungefähr 175 Millionen Jahren lebten.

Wie haben diese Spuren all die Jahre überdauert? "Dinosaurier wiegen Tonnen und die Fußabdrücke, die sie in diesem ehemaligen Sumpfgebiet hinterließen, waren sehr, sehr tief", erklärt Antonio. "Irgendwas muss an dem Tag passiert sein, was dazu führte, dass die Spuren bedeckt und konserviert wurden, möglicherweise ein Vulkanausbruch."

Wir verabschieden uns von unseren Guides. Es geht nun an einen ebenfalls historisch bedeutenden Ort - auch wenn seine Geschichte nur schlappe 844 Jahre zurückreicht: Am südlichsten Zipfel des Parks befinden sich die Salinas da Fonte de Bica. Sie gehören zu den wenigen Salinen auf der iberischen Halbinsel, in denen Salz aus einer Solequelle und nicht aus Meerwasser gewonnen wird.

Die ersten Aufzeichnungen über die Förderung von Salz gehen hier auf das Jahr 1177 zurück. Einer Legende zufolge trank eine junge Hirtin aus einer Quelle und erzählte vom unangenehmen Geschmack des Wassers. Die Dorfbewohner vertieften die Stelle zu einem Brunnen, so nahm die Geschichte der Salzgewinnung ihren Anfang. Heute ist die Mine die einzige in Portugal, die noch auf diese Weise betrieben wird.

Alte Holzhütten umsäumen die Freiluftsalinen. Sie dienen heute überwiegend als Restaurants, Souvenirshops und vor allem als Verkaufsfläche für allerlei Salzprodukte. Die Mine wird von einer Kooperative geführt, die insgesamt 20 "Salmineros" beschäftigt. Touristen dürfen den Arbeitern über die Schulter schauen.

Einer von ihnen ist Fernando Machado Lopes, 60. "Die Arbeit ist zwar hart, aber macht Spaß und es ist auch nicht mehr ganz so anstrengend wie früher", erzählt er. Fast alle Mitglieder aus Machado Lopes Familie haben in der Mine gearbeitet. Einen anderen Job, sagt er, könne er sich gar nicht vorstellen.

Das Salz wird aus einer Solequelle gewonnen
--- - PORTUGAL: ARCHIV - Zum Themendienst-Bericht von Anika Reker vom 4. Oktober 2021: Salinas da Fonte de Bica: Hier wird das Salz nicht aus Meerwasser, sondern einer Solequelle gewonnen. Foto: Anika Reker/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++. - FOTO: APA/APA/dpa/Anika Reker

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Wandern durch ein Labyrinth aus Natursteinmauern
--- - PORTUGAL: ARCHIV - Zum Themendienst-Bericht von Anika Reker vom 4. Oktober 2021: Adelina Ferreira wandelt durch das Labyrinth aus Natursteinmauern, die einmal Weideland abgesteckt haben. Foto: Anika Reker/dpa-tmn - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit dem genannten Text - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++. - FOTO: APA/APA/dpa/Anika Reker

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Der Naturpark bietet an einigen Stelen weitreichende Ausblicke
--- - PORTUGAL: ARCHIV - Zum Themendienst-Bericht von Anika Reker vom 4. Oktober 2021: Die von Kalkstein geprägte Landschaft des Naturparks bietet an einigen Stellen weitreichende Ausblicke. Foto: Anika Reker/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++. - FOTO: APA/APA/dpa/Anika Reker

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