Rheumatologen warnen vor Kortison-Osteoporose

Schmerzende Gelenke sind ein typisches Symptom von Rheuma
Vor allem wegen chronisch entzündlicher Erkrankungen - zum Beispiel bei Rheuma - nehmen weltweit Millionen Menschen regelmäßig Kortison ein. Doch bei längerer Verwendung steigt das Risiko für krankhaften Knochenabbau (sekundäre Osteoporose) rasant. Deshalb sollten möglichst schnell nach Start einer solchen Therapie Gegenmaßnahmen getroffen werden, forderte jetzt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) anlässlich der Publikation neuer Empfehlungen.

"Schätzungen zufolge wird bis zu ein Prozent der Bevölkerung westlicher Länder langfristig mit Glukokortikoiden, umgangssprachlich bekannt unter dem Namen Kortison, behandelt. Die Substanzen werden vielfach bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen verschiedener Organe, wie beispielsweise rheumatischen Krankheiten, eingesetzt. Eine mögliche Folge der Langzeit-Einnahme ist eine Abnahme der Knochendichte bis hin zur Osteoporose. Daher sollten Rheumapatientinnen und -patienten, die wiederholt oder langfristig Glukokortikoide einnehmen, vorbeugende Maßnahmen ergreifen und vorsorglich auf eine sich entwickelnde Osteoporose untersucht und behandelt werden", stellten die deutschen Experten fest.

Bei allen Fortschritten in der modernen Rheumatherapie mit monoklonalen Antikörpern oder zielgerichteten Enzymhemmern, welche die Entzündungsreaktionen langfristig reduzieren und den Krankheitsverlauf dämpfen sollen, ist Kortison eine wichtige Basis der Behandlung. Speziell bei akuten Krankheitsschüben verschafft das Medikament zuverlässig und rasch Linderung.

"Kortison-Angst" ist besonders bei einem zeitlich limitierten Einsatz solcher Arzneimittel nicht angebracht. Die deutschen Experten: "Im Gegensatz zum meist gut verträglichen kurzzeitigen Einsatz von Kortison auch in höheren Dosierungen, bleibt die Langzeitbehandlung - definiert als Behandlung über mindestens drei Monate, die in der Realität häufig über Jahre andauert - oft nicht ohne Nebenwirkungen. Eine der häufigsten ist die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP), eine durch Kortison-Präparate verursachte sekundäre Osteoporose. Bei rund 30 bis 40 Prozent der Patienten, die über einen Zeitraum von rund 4,5 Jahren mit Kortison behandelt wurden, lassen sich aktuelle oder alte (Knochen-)Frakturen nachweisen."

Laut Jan Leipe, Abteilungschef für Rheumatologie der Universitätsklinik in Mannheim, kommt gerade in solchen Fällen noch ein zweiter negativer Faktor zum Tragen: Aufgrund der medikamentösen Behandlung, zu der auch oft Schmerzmittel gehören, spüren viele der Betroffenen gerade bei kleinen Knochenbrüchen kaum oder keine Schmerzen. Dadurch werden solche Probleme übersehen, es erfolgt keine Therapie.

Dabei verändert sich die Qualität der Knochen im Rahmen einer längeren Kortison-Einnahme relativ schnell. Leipe: "Bereits in den ersten drei bis sechs Monaten der Glukokortikoid-Therapie sinkt die Knochendichte um bis zu zwölf Prozent." Das erhöht die Gefahr von Knochenbrüchen massiv.

Die deutschen Experten haben in ihrem Statement die wissenschaftlichen Daten zusammengetragen: Mit Beginn einer längerfristigen Kortison-Therapie beträgt die jährliche Häufigkeit von Knochenfrakturen - Wirbelbrüche und Brüche anderer Knochen 5,1 Prozent bzw. 2,5 Prozent. Im Vergleich dazu kommt es in der Gesamtbevölkerung binnen einen Jahres bei 1,1 Prozent der Frauen und 0,6 Prozent der Männer zu solchen Ereignissen. Am häufigsten sind Kortison-bedingte Knochenfrakturen im ersten Jahr einer solchen Behandlung. Der stärkste Knochenabbau findet innerhalb von drei bis sechs Monaten statt.

Aufgrund der Häufigkeit einer solchen sekundären Osteoporose sollte eine langfristige Kortison-Behandlung jedenfalls durch eine Kalzium-reiche Ernährung und die Gabe von Vitamin D von Beginn an begleitet werden. Die Knochendichte sollte regelmäßig geprüft und die zusätzliche Gabe von Medikamenten, die den Knochenabbau hemmen oder sogar den Aufbau fördern, erwogen werden. Eine länger als drei Monate dauernde Kortison-Einnahme und das Vorliegen eines weiteren Risikofaktors (z.B. Rauchen etc.) sollte jedenfalls zu einer Bestimmung der Gefährdung durch den behandelnden Arzt inklusive einer Knochendichtemessung führen.

Bei Erwachsenen unter geplanter Glukokortikoid-Langzeittherapie ist laut den deutschen Rheumatologen eine tägliche Zufuhr von 1.000 Milligramm Kalzium plus 800 Internationale Einheiten Vitamin D notwendig. Im Falle eines erhöhten Frakturrisikos kann auch eine zusätzliche Behandlung mit einem Bisphosphonat zur Hemmung des Knochenabbaus oder mit dem monoklonalen Antikörper Denosumab zum Knochenaufbau notwendig sein.

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