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Reddit-UserInnen teilen ihre Erfahrungen mit Toxic Femininity

Frauen berichten auf Reddit über ihre Erfahrungen mit toxischer Weiblichkeit und zeigen, dass sie ständiger Teil des Alltags ist.
Monika Kässer

Weiblich gelesen Personen sollten schön, aber nicht zu schön sein, sie sollten weich, empathisch und grazil sein, eine "natürliche" Geburt anstreben, sich um Kind und Haushalt kümmern, aber auch die Karriere nicht vernachlässigen. Dabei aber bitte nicht die Männer auf der Karriereleiter überholen!

Die Erwartungen an Frauen gehen schier ins Unermessliche und will man ihnen gerecht werden, so droht man, daran zu zerbrechen. Wenn Frauen unter einer klischeehaften Definition von Weiblichkeit leiden und sich unter dem Druck des Patriarchats gegenseitig Schaden zufügen, so spricht man von toxischer Weiblichkeit – oder auch toxic Femininity

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Definition von "toxischer Weiblichkeit"

Der Psychologe Ritch C. Savin-Williams ist Professor an der Cornwell University im Bereich der Geschlechterforschung. Seiner Definition nach bedeutet toxische Weiblichkeit, dass Frauen "stereotype, 'weibliche' Eigenschaften ausdrücken, wie etwa Passivität, Empathie, Sinnlichkeit, Geduld, Zärtlichkeit und Empfänglichkeit, die dazu führen, dass Individuen ihre geistigen oder körperlichen Bedürfnisse ignorieren, um ihrem Umfeld nicht zu missfallen."

Würden Frauen solch ein Verhalten an den Tag legen, dann seien dies Taktiken, um die unterdrückende Frauenfeindlichkeit zu überleben, oder sie leiden an verinnerlichter Frauenfeindlichkeit, sogenannter "internalized Misogyny"so Savin-Williams. 

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Werbevideo mit Empowerment-Botschaft

Das Video "Be A Lady They Said" mit "Sex and the City"-Schauspielerin Cynthia Nixon ging vor gut zwei Jahren viral. Darin werden die widersprüchlichen Erwartungen an Frauen thematisiert, die sich unmöglich alle erfüllen lassen. Der feministische Inhalt mit der ermutigenden Botschaft, sich gegen diesen Druck zu wehren, wurde medial gefeiert.

Dass es sich dabei aber um ein Werbevideo des Lifestyle- und Fashionmagazins "Girls.Girls.Girls." handelt, sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben. Immerhin sind solche Magazine mitverantwortlich für das Entstehen und Aufrechterhalten von unrealistischen Schönheitsidealen, welche wiederum Teil von "toxischer Weiblichkeit" sind. 

"Toxic Femininity": Reddit-Userinnen geben Beispiele

Als Frau wird man häufig mit Menschen konfrontiert, die einem ungefragte Ratschläge erteilen, die einem sagen, was man ihrer Meinung nach mit dem eigenen Körper tun sollte, wie man auszusehen und sich zu verhalten hat. 

Um zu belegen, wie oft Frauen "Toxic Femininity" erfahren, hat Reddit-Userin "u/flawedforte" einen Thread mit der Frage "Was sind Beispiele von toxischer Weiblichkeit?" eröffnet und bereits über 5.700 Kommentare erhalten. Einige der Top-Kommentare zeigen erschreckende Beispiele aus dem alltäglichen Leben. 

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1. "Frauen, die andere Frauen nur dann unterstützen, wenn es förderlich für ihr Image ist", nennt Userin "flowerchild_3" als Alltags-Beispiel für toxische Weiblichkeit. 

2. "Mütter, die andere Mütter schikanieren", schreibt Userin "LollipopDreamscape".

Daraufhin erzählt User "filipbergendahl" Folgendes: "Eine Freundin von mir bekam ihre Tochter zehn Wochen zu früh, sehr traumatisch, aber jetzt geht es beiden gut. Letzte Woche fand in dem Krankenhaus, in dem sie ihre Tochter bekommen hat, ein 'Tag des Bewusstseins für Frühgeburten' statt, und sie wurde eingeladen, sich mit anderen Müttern, die eine Frühgeburt erlebt haben, zu treffen, um sich auszutauschen. Bei dem Treffen wurde sie von der Gruppe beschämt, weil ihre Tochter 'nur' zehn Wochen zu früh war ... Ihre Erfahrung wurde ignoriert, denn 'das kann doch nicht so schwer gewesen sein, mein Sohn wurde zwölf Wochen zu früh geboren!', 'meiner war 15!!!'. Die traumatischste Erfahrung ihres Lebens wurde ins Lächerliche gezogen, weil ihre Tochter nicht früh genug geboren wurde ..."

3. Reddit-Userin "joyfall" beschreibt, wie sich ihre Schwester quälte, um ihr Kind stillen zu können: "Meine Schwester quälte sich total beim Versuch, Muttermilch zu produzieren. Sie hatte diese verinnerlichten Schuldgefühle, dass sie keine richtige Mutter wäre, wenn sie nicht stillen könnte, und dass es ihre Schuld wäre, wenn das Baby unterernährt wäre."

4. Eine Userin nennt als Beispiel: "Andere Frauen für ihre Interessen herunter machen."

Woraufhin Userin "_Tauta_" antwortet: "Grundsätzlich Frauen schlecht machen. Punkt."

5. Das Thema Geburt birgt besonders viel Konfliktpotential. Userin "Sufficient-Voice-210" gibt folgendes Beispiel für toxische Weiblichkeit: "Mütter stellen andere Mütter, die einen Kaiserschnitt hatten, an den Pragner und behaupten, sie hätten das Kind nicht geboren, weil das Kind durch einen chirurgischen Eingriff auf die Welt kam."

6. "Mütter, die kinderlosen Frauen sagen, dass ihr Leben bedeutungslos sei und dass sie diese echte Liebe nicht verstehen würden", nennt eine andere Userin als Beispiel. 

7. "Dass alleinstehende Frauen traurig sein sollten", erwähnt "hallelujasuzanne". Klar, das große Glück findet man schließlich nur mit Mann, Kind und Haus ...

8. "Anzunehmen, dass eine Frau ihre Periode hat, wenn sie über etwas verärgert ist", schreibt "Elaine_Benes_Lovr" im Reddit-Forum. 

Verinnerlichte Frauenfeindlichkeit überwinden 

Solche Verhaltensweisen, sprich toxische Weiblichkeit und verinnerlichte Misogynie resultieren daraus, dass Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft weiblich sozialisiert werden. Das Gesellschaftssystem, in dem sie aufwachsen, wird meist vorrangig von Männern geprägt, dominiert und kontrolliert.

Sich von toxischer Weiblichkeit frei zu machen, ist alles andere als ein einfacher Prozess. Immerhin müssen dafür Gedanken- und Verhaltensmuster verändert werden, die wir von klein auf internalisiert haben. 

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Fakt ist, dass uns toxische Weiblichkeit kein Stück nach vorne bringt und lediglich dazu führt, dass patriarchale Strukturen aufrechterhalten werden. Daher liegt es an jedem/jeder Einzelnen, sich dieser Strukturen bewusst zu werden und an einem Miteinander zu arbeiten, das unterstützend statt konkurrierend ist.