Bradley Cooper

APA/AFP/ANGELA WEISS

"Daddy"-Phänomen: Wieso ist das Internet verrückt nach heißen Vätern?

Der Begriff "Daddy" ist omnipräsent in Internet-Memes und Jugendsprache. Aber was und wer ist eigentlich "Daddy"?

Wer aufmerksam Society News liest oder regelmäßig Meme-Content genießt, der hat bestimmt schon vom "Daddy"-Phänomen gehört. Aber welcher "Daddy" (zu Deutsch: Vater, Papa) ist dabei gemeint? Etwa der eigene? Man fragt sich vielleicht: wird mittlerweile jeder attraktive Mann mittleren Alters als "Daddy" bezeichnet?

Wir erklären euch, was es genau bedeutet, als "Daddy" durchzugehen, wo der Begriff herkommt und welches psychologische Phänomen dahinter steckt.

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Erotische Konnotierung

Wie "KnowYourMeme" beschreibt, findet die "Daddy-fication" schon sehr lange statt. Der Begriff findet mehrere Herleitungen  zwei stechen dabei heraus. Bereits in den 1920er Jahren, gab es Erwähnungen in amerikanischen Publikationen, die das Phänomen des "Sugar Daddy" beschreiben. Dabei geht es darum, dass ein meist älterer Mann eine Beziehung mit einer jungen Frau oder einem jungen Mann eingeht.

Das Wort "Sugar" weist auf die finanzielle Komponente dieser Beziehungsdynamik hin, in dem der/die jüngere PartnerIn die Mittel des "Sugar Daddy" zur Verfügung hat, oder teure Geschenke von ihm erhält.

Weiters gibt es noch die Herleitung des Begriffs aus der LGBTQI- und BDSM-Szene (Bondage und Submission sowie Sado-Maso) bei der "Leather Daddy" laut "TheCut" für einen sexuell attraktiven, dominanten, älteren Mann steht, der außerdem eine Autoritätsfigur darstellt und sich oftmals in Leder kleidet.

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Überschwappen in die Jugendkultur

Bevor der Begriff noch im Mainstream ankam, wurde dieser vor allem in der Jugendkultur gebraucht. TeenagerInnen, die Personen des öffentlichen Lebens als sexuell attraktiv empfanden, bezeichneten diese als "Daddy". Dabei war die sexuelle Gesinnung sowie das genaue Alter nebensächlich – genauso wie der Fakt, ob diese Person tatsächlich ein Vater von Kindern ist.

Wie "Washington Post" berichtet, wurde der Begriff Mitte der 2010er Jahre oftmals im Zusammenhang mit den Mitgliedern von Boybands wie "One Direction" und "5 Seconds of Summer" gebraucht. Diese waren zu diesem Zeitpunkt in ihren 20ern – wohl aber fast zehn Jahre älter als ihre Fans. Auf Twitter häuften sich Kommentare wie: "Zayn ist mein Daddy." oder "122 Tage noch, bis ich meinen Daddy Zayn sehe." (Anmerkung: Gemeint war der Musiker Zayn Malik, ehemals Mitglied der Band "One Direction", der zu diesem Zeitpunkt noch kein Vater war).

Auch die Sängerin Lorde nahm an der Unterhaltung teil, als sie 2014 auf ihrem Tumblr-Kanal postete, dass Kim Kardashian eine "Mom" sei. In Antwort auf die Verwendung des Begriffs "Daddy" kürte sie den Reality-TV-Star zur heißen Mutter und drehte den Spieß um.

Ankommen im Mainstream

Seit ein paar Jahren ist der Begriff aber fest im Mainstream verankert und wird, abgesehen von der ursprünglichen Beschreibung eines Vaters, laut "Urban Dictionary" auch für sexuelle Partner oder im Beziehungs-Kontext verwendet. Fast schon selbstverständlich wird auf Twitter gepostet, dass Männer wie Tom Hardy, Daniel Craig oder Bradley Cooper "Daddys" seien. Dabei wird eigentlich nur darauf hingewiesen, dass diese ob ihres höheren Alters noch immer höchst attraktiv sind und eine gewisse Autoritätsfigur darstellen.

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Ödipuskonflikt rund um "Daddy"

Auffallend ist, dass die Konnotation von "Daddy" in aktuellen Posts oftmals als "Guilty Pleasure" deklariert wird, also den PosterInnen dabei bewusst ist, dass ein gewisses psychologisches Tabu mitschwingt. So verweisen manche Memes auf den Freudschen Vaterkomplex, zu Englisch "Daddy Issues".

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Dies beschreibt laut "Gesundheit.de" das Trauma, das bei manchen durch einen dominanten und strengen Vater ausgelöst wurde, sowie eine potenziell inzestuöse tiefenpsychologische Neigung. Streng nach der Schule von Freud trage jeder Mensch ödipale Wünsche in sich, die Scham und in Folge Seelenleid im heranwachsenden Menschen auslösen. Was in der Psychoanalyse als Ödipuskonflikt oder Ödipuskomplex beschrieben wird, ist ein Erklärungsmodell der psychosexuellen Entwicklung im frühen Kindesalter.

Wird dies mittlerweile auf Social Media durch eine satirische Umkehrung der Wortbedeutung "Daddys" aktualisiert? Dass Scherze über die Autoritätsfigur sowie deren sexuelle Anziehung unterstrichen werden, könnte doch vielleicht kollektiv heilend sein.

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Wie kann ich "Daddy" erwähnen?

Da "Daddy" mittlerweile eher humoristisch eingesetzt wird, kannst du dies auf verschiedene Arten und Weisen im Gespräch oder auf Social Media verwenden. Eine gewisse Selbstironie schadet dabei aber bestimmt nicht  man gesteht sich in der Erwähnung ja eigentlich ein, dass man sich sexuell zu jemandem hingezogen fühlt, der nach rigiden gesellschaftlichen Regeln wohl eher kein adäquate/r PartnerIn ist.

Anzumerken ist außerdem die Kritik, dass durch die inflationäre Verwendung des Worts "Daddy" eine gewisse Romantisierung von toxischer Macht-Dynamik in Beziehungen stattfindet. Ein Ungleichgewicht könnte durch einen großen Altersunterschied entstehen. Da Alter und in Folge der gesellschaftliche Status, beziehungsweise ökonomische Gegebenheiten, sich oft gegenseitig bedingen. Es ist doch vor allem die dominante Ausstrahlung von älteren Männern, die diese laut Internet-Memes zu einem "Daddy" macht.

Abschließend bleibt aber definitiv noch eine Frage offen: Wer ist eigentlich dein "Daddy"?