APA - Austria Presse Agentur

Wien Energie: Krise, Preiserhöhung, Milliardenhilfe – Was ist da los?

Die Krise um Wien Energie ist gerade in aller Munde. Dabei geht es um viel Geld. Wie konnte es dazu kommen?
Maike Karr Maike Karr

Wien Energie ist mit zwei Millionen KundInnen das größte Energie-Unternehmen des Landes. Es ist zusammen mit den Wiener Linien, Wiener Netze und den Friedhöfen Wien Teil der Wiener Stadtwerke, die zur österreichischen Hauptstadt gehören. Wien Energie versorgt Millionen Haushalte mit Strom, Gas und Fernwärme. 

Am Sonntag, dem 28. August, wurde nun überraschend bekannt, dass dem stadteigenen Unternehmen mehrere Milliarden Euro fehlen. Ohne finanzielle Hilfen könnte Wien Energie keinen Strom für seine KundInnen kaufen.

Wie konnte es dazu kommen? Wie ist die aktuelle Lage? Und inwiefern sollte sich die Kundschaft Sorgen machen?  

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Warum braucht die Wien Energie finanzielle Unterstützung?

Die Geldnot der Wien Energie setzt sich aus zwei finanziellen Problemen zusammen, die nun zusammentreffen, wie "Der Standard" aufklärt. Zum einen fand in den letzten Monaten aufgrund der Ukraine-Krise ein starker Anstieg der Strom- und Gaspreise statt, von dem nun auch Wien Energie betroffen ist. Zuletzt ist der Börsenpreis am 26. August so rasant gestiegen, dass er sich im Vergleich zur Vorwoche verdoppelte, was das Energie-Unternehmen in eine starke finanzielle Notlage brachte. 

Zum anderen hat das stadteigene Unternehmen bereits zukünftige Stromverkäufe getätigt, für die Wien Energie eine Sicherheit hinterlegen muss – eine sogenannte Margin. Auch für diese Garantie sind die Kosten gestiegen. Bei diesen zukünftigen Stromverkäufen wird zu einem bestimmten Preis ein späterer Lieferzeitpunkt vereinbart. Weil sich KäuferInnen und VerkäuferInnen meist nicht kennen, müssen zudem Sicherheiten hinterlegt werden. 

Wie viel Geld benötigt Wien Energie? 

Es gibt verschiedene Angaben zu der finanziellen Not von Wien Energie. Während einige Quellen von sechs Milliarden sprechen, behaupten andere wiederum, dass das Unternehmen zehn Milliarden braucht, um wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.

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Wie viel Unterstützung hat Wien Energie erhalten? 

Der Wien Energie wird von der Bundesregierung ein Darlehen in Höhe von 2 Milliarden Euro gewährt. Die Kreditlinie wird bis April 2023 gewährt. Diese wird über die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) abgewickelt.

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Warum Debatte um Darlehen für Wien Energie? 

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVO) wirft Wien Energie vor, "spekulative Geschäfte" an der Strombörse geführt zu haben, die so überhaupt erst zu den Liquiditätsengpässen geführt und dabei Milliardenbeträge in den Sand gesetzt haben sollen.

Aus diesem Grund hat der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am 30. August 2022 eine Sonderprüfung der Organe von Wien Energie und den Stadtwerken durch den Stadtrechnungshof und externe Gutachter angekündigt. "Ich möchte damit zeigen, dass es nichts zu verbergen gibt", so Ludwig.

Stadtwerke-Vizechef Peter Weinelt betonte neuerlich, dass die Wien Energie nicht an den Strombörsen spekuliert habe.

Ein weiterer Punkt: Wien Energie hat offenbar mehr Strom verkauft, als sie selbst im Jahr produziert hat. Peter Weinelt erklärte das dadurch, dass zwar die dreifache Handelsmenge in der Bilanz angegeben wird, das würde aber an einer Mehrfachzählung liegen. "Die Wien Energie beschafft das und gibt diese Energie, meistens Strom und Gas an die Vertriebstochter Energie Allianz mit der EVN und der Energie Burgenland weiter." Diese Menge tauche in der Bilanz mehrfach auf. "Physikalisch gibt es die dreifache Menge nicht." Weiter führt er aus: "Es gibt keinen Leerverkauf."

Wie erhält man Klarheit über die Geldgeschäfte von Wien Energie? 

Laut ExpertInnen kann man sich erst dann sicher sein, dass das Energie-Unternehmen nicht an der Börse spekuliert hat, wenn es ihre Börsenstrategie offengelegt hat. Das hat das Tochter-Unternehmen der Wiener Stadtwerke aber bisher nicht getan. Die Ermittlungen des Rechnungshofes könnte da aber Abhilfe verschaffen. 

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Was bedeutet die Krise von Wien Energie für ihre KundInnen? 

Um die finanzielle Lage des Unternehmens müssen sich KundInnen keine Sorgen machen. Für Privathaushalte und Firmen haben die Geldnöte zunächst keine Auswirkung. Ein finanzieller Schaden droht wohl erst, wenn tatsächlich Geld verloren worden sei. 

Nichtsdestotrotz sind die KundInnen nicht ganz unbeschadet aus der Energiekrise hervorgegangen. Laut "Vienna" wurden KundInnen von Wien Energie vor zwei Wochen vor eine Wahl gestellt, bei der einer schlechter, in dem Fall teurer, ist als der andere.  

Und zwar hat das Energie-Unternehmen einen automatischen Wechsel in einen neuen, durchschnittlich um ein Viertel teureren Ökostrom-Tarif angekündigt. Wer sich aktiv dagegen ausspricht, bleibt im aktuellen Tarif. 

Dieser aktuelle Tarif wird jedoch zum 01. September auch massiv teurer – sogar noch teurer als der neue Ökostrom-Tarif. 

Das Vergleichsportal "Durchblicker" empfiehlt, den betroffenen KundInnen der Wien Energie daher vorerst, den Tarifwechsel nicht zu beeinspruchen und die zusätzlich angebotenen Gratis-Monate bei zwölfmonatiger Bindung an den neuen Tarif zu nutzen.