APA - Austria Presse Agentur

80 Prozent der Martini-Gansln kommen aus dem Ausland

Etwa eine Viertel Million Gänse werden rund um Martini in Österreich verspeist. Bei bis zu 80 Prozent sind Stopfmast und Lebendrupf trotz nationalem Verbot wahrscheinlich: Sie stammen aus dem Ausland, meist aus Ungarn. Selbst auf Nachfrage werde der Konsument nicht über die Herkunft informiert, kritisierte Sebastian Bohrn Mena beim Pressegespräch des Tierschutzvolksbegehrens am Freitag in Wien.

"Wir rufen Handel, Gastronomie, öffentliche Küchen und Konsumenten zu Martini zum Boykott der ausländischen Qual-Gans-Produkte auf" so Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens. Kontinuierliche Misshandlungen wie Stopfmast und Lebendrupf sind im Ausland oft noch erlaubt, aber auch die sonstigen Lebensbedingungen sind oft nicht zu vergleichen. Vielen Konsumenten sei nicht bewusst, dass mehr als drei Viertel der Gansln auf heimischen Tellern importiert sind. Die Initiative spricht sich grundsätzlich für einen Boykott von Gänsen aus Stopfmast und Lebendrupf aus und will im Rahmen der Aktionstage "Woher stammt die Gans?" zwischen 8. und 12. November Bewusstsein schaffen und den Umstieg auf heimische Tiere fördern. Die Bevölkerung eingeladen, sich aktiv zu beteiligen (Mailvorlage in Kürze unter https://tierschutzvolksbegehren.at/martini) und soll bei lokalen Gastronomiebetrieben die Herkunft der traditionellen Spezialität erfragen.

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600.000 Gänse wurden 2017 hierzulande verbraucht, 120.000 werden jährlich produziert. Hauptlieferanten sind Ungarn, Polen und Bulgarien, wo die Bedingungen für die Tiere unverhältnismäßig schlechter sind, was allerdings einen viel niedrigeren Preis ermöglicht. Ab drei Euro pro Kilo ist das Fleisch zu haben, eine heimische Weidegans kommt auf etwa 17 Euro. Viele Konsumenten wären bereit, gerade im Lokal mehr für die Portion zu bezahlen, wenn die Lebensbedingungen der Tiere besser wären. Meist ist der Genuss nur ein Aspekt. Derzeit ist die Marge in der Gastronomie oft erstaunlich hoch und der Gast werden selbst bei Interesse selten über die Herkunft informiert.

Im Wiener Bio-Gasthaus "Weinhaus Arlt" etwa kostet die Portion fast 30 Euro. Die Konsumenten würden dies durchaus annehmen, versicherte Betreiber Jürgen Kerzendorfer. "Manche kommen heuer schon zum dritten Mal". Gerade bei diesem Gericht gönnen sich Menschen oft ganz bewusst gerne heimisches Fleisch - auch aus ethischen Gründen. Im Arlt stammen die Gänse aus dem Waldviertel. Trotz weit höherem Preis sei das Produkt heiß begehrt. Eine explizite Liste oder fachkundigen Ansprechpartner für einen Überblick über regionalen/österreichischen/Bio-Gansl-Genuss außer Haus gibt es derzeit nicht. "Wir veröffentlichen auf Wunsch gerne jene Betriebe, die bewusst auf heimische Gänse setzen", erklärte Born-Mehna.

Er verwies auf die Schweiz, wo seit 1995 eine Lebensmittel-Deklaration für mehr Transparenz sorgt: Wenn die Herstellungsbedingen sich von jenen in der Eidgenossenschaft im negativen Sinn unterscheiden, muss dies explizit ausgewiesen werden. Geschadet habe dies den Betrieben nicht, zeigte sich der Aktivist überzeugt. Hierzulande werde die Forderung mittlerweile von fast allen Parlamentsparteien, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Bio Austria, Greenpeace u.v.m. unterstützt - nur die Wirtschaftskammer sperre sich nach wie vor.

Unter dem Motto "Wissen, was wir essen" fordern die Aktivisten vor allem Aufklärung, denn gerade beim Gansl würden Qualprodukte oftmals ungewollt konsumiert. "Kein Supermarkt, kein Restaurant und keine Kantine kann sich hier aus der Verantwortung stehlen und sollte gezielt nur die österreichische Gans anbieten. Das würde auch die heimische Produktion steigern und unseren Landwirten helfen." so Bohrn Mena.

INFO: Details unter https://tierschutzvolksbegehren.at/martini