APA - Austria Presse Agentur

Betriebssystem Linux: Wer hat Angst vor dem Pinguin?

Bei den Betriebssystemen für Computer ist Windows der Platzhirsch. Linux dagegen hat es schwer - dabei ist es meist gratis, quelloffen und funktional. Zwei Versionen machen den Umstieg leicht.

Pinguin Tux hat einen schweren Stand. Gegen die bunten Fenster von Microsoft kommt das Maskottchen von Linux kaum an. Der Markt der Betriebssysteme auf Desktop-PCs und Laptops wird immer noch von Windows dominiert.

Knapp 80 Prozent der deutschen Rechner nutzen das Microsoft-Betriebssystem, während Linux seit Jahren zwischen 3 und 4 Prozent dümpelt, wie Zahlen der Webanalyse-Plattform Statcounter zeigt. Ein Grund: Windows ist oft schon auf den Geräten vorinstalliert und viele Nutzer kennen dieses System.

Mit Linux dagegen lässt sich Geld beim PC-Kauf sparen. Die Programmierer des Open-Source-Projektes haben zudem verschiedene Linux-Distributionen veröffentlicht, die ähnlich nutzerfreundlich sind wie Marktführer Windows.

Linux steckt in vielen Systemen

In anderen Bereichen als dem Privatkundensektor dominieren auf dem sogenannten Linux-Kernel - dem Kern des Systems - basierende Systeme, wie Thorsten Leemhuis von der Fachzeitschrift "c't" erklärt: "Server von Google, Facebook, Amazon und unzähligen anderen Unternehmen arbeiten damit."

Hinzu kämen Router, Systeme in modernen Autos, das mobile Betriebssystem Android in Smartphones und Anwendungen im Smart Home: "Womöglich steckt auch in der Waschmaschine ein Linux?", so Leemhuis.

Längst gebe es auch konkurrenzfähige Rechner mit einer Linux-Distribution, hat Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Branchenverband Bitkom, beobachtet: "Viele kleine, schicke Netbooks werden ab Werk mit Linux geliefert, sehr performant und unschlagbar günstig durch die schlichte Abwesenheit jeglicher Lizenzkosten."

Große Auswahl an Distributionen

Beide Experten betonen, es gebe nicht "das Linux", sondern eine Vielzahl von Varianten, von denen sich einige gut für Einsteiger eigneten - und andere weniger. "c't"-Mann Thorsten Leemhuis empfiehlt zu Anfang entweder Ubuntu Desktop oder Linux Mint. Beide seien weit verbreitet, sodass Hilfesuchende im Netz schnell Rat fänden. Beide Distributionen gibt es als Live-Version, die man von einem Datenträger aus starten kann. Eine kurze Übersicht:

Ubuntu Desktop (aktuelle Version: 18.04 LTS):

Die Linux-Distribution Ubuntu gilt als beispielhaft in Sachen Bedienbarkeit und Flexibilität - zum Beispiel beim Einbinden von Medieninhalten wie Musik oder Videos. Umsteiger von Windows dürften sich schnell heimisch fühlen, vermutet Leemhuis.

Ein Software-Center versorgt den Rechner mit passenden kostenlosen Programmen für den täglichen Betrieb. Die professionelle Darbietung von Ubuntu kommt nicht von ungefähr: Dahinter steht mit Canonical ein Software-Konzern, der Ubuntu federführend weiter entwickelt. Für Linux-Enthusiasten ist das ein Graus, Einsteigern dagegen gibt das Sicherheit.

Das Kürzel LTS am Ende der Versionsnummer steht für Long Term Support. Bedeutet: Es gibt fünf Jahre Sicherheits- und Softwareupdates.

Linux Mint (aktuelle Version: 19.2):

Linux Mint ist ebenfalls für Einsteiger leicht zu bedienen. Es basiert auf Ubuntu, allerdings werkelt hier eine Gemeinschaft von Usern an der Distribution, und keine Software-Firma. Multimedia aller Art ist für die aktuelle Version kein Problem.

Für Leemhuis erinnert Mint an ältere Versionen von Windows, zudem lobt er die vielen Einstellmöglichkeiten. Mint nimmt dem Nutzer auf Wunsch auch viele Grundeinstellungen ab und hat bereits zahlreiche Programme an Bord, etwa einen Multimedia-Player.

Zeit für die Umstellung einplanen

Es gibt eine Vielzahl weiterer Linux-Distributionen, die für Einsteiger geeignet sind. Da diese Programme kostenlos verfügbar sind, müssen interessierte Nutzer vor allem eines mitbringen, rät Leemhuis: Zeit, um sich auf das neue System umzustellen.

Er führt ein Beispiel an: Die meisten Treiber seien bei Linux-Distributionen Bestandteil des Betriebssystems. Dadurch müsse man sich zwar oft nicht mit deren Installation herumärgern - zugleich sei es aber schwieriger, aktuelle Versionen dieser Treiber einzuspielen, wenn man solche denn mal brauche.

Gut zu wissen: Erfahrene Linuxer informierten sich vor dem Kauf von Hardware über die Linux-Kompatibilität. Das gilt auch für den Rechner an sich, so Leemhuis: Manche seien speziell für Linux-Distributionen konfiguriert. Bei einigen Herstellern mit Direktvertrieb bestehe die Möglichkeit, Linux als Betriebssystem zu wählen.

Kaum Anreize für Kriminelle

Linux-Distributionen bieten neben niedrigen Kosten einen weiteren Vorteil: Kriminelle haben kaum Anreize, Schadsoftware zu schreiben. "Bislang gibt es nicht Relevantes, was auf Linux-Desktop-Anwender zielt", so Linux-Kenner Leemhuis. Ein Grund ist die geringe Verbreitung der Linux-Distributionen gegenüber Windows.

Mit großen Zuwächsen für das Betriebssystem mit dem Pinguin rechnet Bitkom-Experte Frank Termer indes nicht, auch wenn Linux längst nicht mehr bloß für IT-erfahrene Anwender geeignet sei. Nach Jahrzehnten mit Windows seien die Nutzer daran gewöhnt, während für Linux eben nach wie vor "ein gewisser Einarbeitungsaufwand" notwendig sei.

Daher sei es schwer, lieb gewonnenen Betriebssystemen Marktanteile streitig zu machen. Der Kampf von Tux mit den bunten Fenstern, er bleibt ein mühsames Unterfangen für den kleinen Pinguin.